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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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diese ganze Blockhausgeschichte gründlich leid. Am Anfang war er ganz besessen davon gewesen. Von dem Machtgefühl, das es ihm gegeben, und natürlich von dem Vergnügen, das es ihm bereitet hatte. Doch wie an die meisten Sachen hatte er sich auch daran irgendwann gewöhnt. Er hatte die Nase voll von Decknamen und geheimen Telefonnummern und den ganzen kleinen Lügen. Es fühlte sich nicht mehr gefährlich oder verboten an, auch wenn es das natürlich nach wie vor war. Wenn die Sache jetzt rauskam, wäre das nicht nur das Ende seiner Karriere, sondern auch das Ende seiner Freiheit.
    «Wann wurden die Kameras zuletzt überprüft?»
    Lange Pause.
    «Aha. Also gar nicht. Scheiße, das war Schofields Job!»
    Die Tür ging auf und Marsha steckte den Kopf herein.
    «Ich ruf dich zurück», sagte Chuck.
    «Was war Schofields Job?» Marshas Stimme klang schrill vor Sorge.
    «In einer der Überwachungskameras im Blockhaus fehlt die Speicherkarte.»
    Sie sah ihn erschöpft an und rieb sich mit der Hand über die Stirn. «Diese Geschichte schon wieder!»
    Es klopfte an der Tür. Es war Don Raynolds, der Besitzer des
Seafood Shack
, der wissen wollte, ob alles in Ordnung gewesen sei. April Montalo folgte ihm dicht auf den Fersen. Chuck wurde zu einer Sitzung des Finanzausschusses im Rathaus erwartet, zu dem er bereits zu spät kam, und Marsha musste zu einem Fototermin beim Fußballspiel einer Highschool-Mädchenmannschaft.

    Die Sitzung zog sich ewig hin. Auf der Rückfahrt zu der Schmuddelkammer in dem anonymen Büroblock, in dem seine Wahlkampfzentrale untergebracht war, rief Chuck vom Auto aus Tommy Schofield auf seinem Privathandy an. Er hatte das Telefongespräch zwischen Schofield und seiner Frau, das er belauscht hatte, nicht vergessen, und ihre gereizte Reaktion vorhin brachte ihn zu der Frage, ob da etwas lief, von dem er nichts wusste. Er würde ihn natürlich nicht direkt darauf ansprechen, doch er hatte vor, ihm bei Gelegenheit ein bisschen auf den Zahn zu fühlen. Der Anruf wurde direkt zur Mailbox weitergeleitet, und Chuck hinterließ keine Nachricht. Als Nächstes probierte er es in seinem Büro.
    Schofields Assistentin Sharon nahm den Anruf entgegen, und als Chuck seinen Namen nannte und darum bat, mit ihrem Chef zu sprechen, sagte sie: «Es tut mir sehr leid, Herr Bürgermeister, aber Mr. Schofield ist außer Haus. Ich glaube, er ist in seiner Hütte, aber dort hat er keinen Empfang.»
    Chuck bedankte sich und legte auf. Ihm wurde klar, dass sich diese Sache nicht von selbst erledigen würde, sondern erst dann, wenn er sich darum kümmerte. Er rief seine Frau an und bat um Rückruf. In zwei Stunden musste er ins Sheraton in die Innenstadt zu einer Spendenveranstaltung. Ihm blieb gerade noch die Zeit, seine Rede für die bevorstehende Tour nach Norden zu skizzieren, die mit dem Ende des Iditarod-Rennens zusammenfiel. Er wollte seine Notizen am nächsten Morgen an Andy übergeben. Er stellte den Wecker an seiner Armbanduhr. Dann schrieb er eine Stunde und fünfundvierzig Minuten lang an seiner Rede, und als der Wecker klingelte, trat er an den Schrank in seinem Büro und zog den Smoking an. Exakt um 18 Uhr 55 rief sein Fahrer an, um ihn daran zu erinnern, dass es Zeit war. Erst, als er auf die Straße trat und seine Frau in ihrem smaragdgrünen Kleid im Wagen sitzen sah, fiel ihm auf, dass sie ihn nicht zurückgerufen hatte. Er öffnete die Tür und rutschte neben sie. Sie sah ihn wachsam an.
    «Ich hatte zu tun», sagte sie und kam ihm damit zuvor. «Ich musste mich um die Bedürftigen kümmern.»

[zur Inhaltsübersicht]
    26
    Edie beschloss, auch heute im Café
Schneeeule
zu frühstücken. Aber diesmal hatte sie es nicht nur auf etwas zu essen abgesehen.
    Als Stacey mit dem gewohnten geschäftigen Lächeln an den Tisch trat, sagte Edie: «Versteh mich bitte nicht falsch, Stacey, ich liebe das Frühstück in der
Schneeeule
, aber ich habe heute furchtbar Lust, mir ein bisschen Fleisch zu jagen, und ich dachte, du könntest mir vielleicht ein Fachgeschäft empfehlen. Ich brauche nicht viel, ich will nur ein paar Enten jagen, nichts Besonderes.»
    Einen Augenblick lang wirkte die Kellnerin verdattert, aber dann kehrte das Lächeln zurück, und sie sagte, natürlich könne sie helfen.
    «Na klar, in Alaska gehen doch alle zur Jagd. Die Lizenz kannst du im Laden gleich mitkaufen.» Sie kritzelte etwas auf ihren Bestellblock und riss die Seite ab. «Mein Onkel Anthony hat zwei Straßen von hier sein Geschäft. Hier

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