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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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hast du die Adresse und seine Nummer. Sag ihm einfach, Stacey hat dich geschickt, dann macht er dir einen guten Preis.»
    Eine Stunde später war Edie mit Holzkopf und einer geliehenen Remington 308 wieder unterwegs Richtung Norden. Die Straßensperren waren inzwischen verschwunden. Wahrscheinlich ging die Polizei davon aus, dass Galloway bereits über alle Berge war. An der Abzweigung nach Wasilla, wo Edie normalerweise links abgebogen wäre, hielt sie sich diesmal rechts und folgte den Schildern Richtung Palmer und Chickaloon. Die Fahrt zu dem Waldstück, in dem Galloway sich versteckt hielt oder auch nicht, dauerte länger, als sie gedacht hätte. Die Wegbeschreibung von Anatol Medwedew bereitete ihr so manche Schwierigkeit. Die Notwendigkeit, sich aufs Autofahren zu konzentrieren, lenkte sie von der Landschaft ab. Die Straßenschilder waren wenig hilfreich, und sie befand sich jetzt auf unbekanntem Terrain. Alles war hier ganz anders als daheim. Mit dem Land bei sich zu Hause war Edie so vertraut wie mit den Falten in ihrem Gesicht. Die Dinge hatten alle Inuktitut-Namen, die einen Sinn ergaben: Die Flüsse wurden nach ihren Angelqualitäten benannt oder nach dem Zeitpunkt der Eisschmelze, die Klippen nach den Vögeln, die darauf nisteten. Wenn man sich orientieren wollte, ließ sich immer eine höher gelegene Stelle mit guter Aussicht finden, und die Tundra war übersät mit
inukshuks
, welche die Jagdpfade markierten. Hier in Alaska gab es überall nur Bäume über Bäume, hoch gelegene Stellen hin oder her, und was ließ sich schon aus so seltsamen Baumnamen wie McDougall, Palmer, Hemlock oder Sunshine ableiten?
    In Glennallen bog sie links in nördlicher Richtung auf die 4 nach Sourdough ab, dort angekommen wieder links, und dann holperte sie über Jagd- und Forstwege auf die Alphabet-Bergkette zu, bis sie endlich eine flache Senke am Ufer eines Flusses mit Blick auf die Gebirgsvorläufer erreichte, die auf Medwedews Beschreibung passte. Sie parkte das Auto, ließ Holzkopf heraus, schnallte ihre Schneeschuhe an und tauchte in den Wald ein. Die beiden streiften an dichten Erlen und bitter riechenden Hemlocktannen vorbei und drangen in dichte, dunkle Fichtenschonungen ein, die halb unter Schneewehen begraben lagen. Edie hatte einen Kompass mitgenommen, etwas, das sie in der Tundra nie brauchte, und folgte eine lange Weile den Anweisungen von Medwedew, der gesagt hatte, sie sollte sich von der Stelle, wo sie das Auto geparkt hatte, in Richtung Nord-Nord-Ost halten. Hier und da kreuzten Tierspuren ihren Weg, und es fiel Holzkopf sehr schwer, sie nicht zu beachten. Nur von Menschen fehlte weit und breit jede Spur. Sie bahnten sich weiter ihren Weg durch die Bäume, lauschten auf menschengemachte Geräusche und blieben ständig stehen, damit Edie einen Blick auf den Kompass werfen konnte. Sie fühlte sich desorientiert und benommen, nur die Anwesenheit des Hundes stabilisierte sie. Nach einer gefühlten Ewigkeit fing Holzkopf an zu fiepen und zu zittern, schnüffelte abwechselnd in die Luft und drückte die Nase in den Schnee. Sie leinte ihn an und überließ ihm die Führung, und er leitete sie am Flussufer entlang, dann durch die Bäume bis zu einer kleinen Lichtung, und da war es: das Versteck. Es war ein Würfel aus Kanthölzern mit einem einfachen, mit Schneeheringen befestigten Wellblechdach, mit einer Brettertür und einem kleinen Fenster, durch das man nicht hineinsehen konnte, weil sich die Sonne darin spiegelte.
    Edie ging einen Moment in die Hocke und wartete, bis ihr Atem sich beruhigte, dann rief sie. Keine Antwort. Nur ein Schatten zog über das Fenster der Hütte. Sie rief noch einmal. Nichts. Schließlich griff sie nach dem Gewehr und schoss in die Luft. Die Stille nach dem Schuss wurde von einer rauen Stimme durchbrochen: «Was wollen Sie?»
    «Wie wär’s mit einer Erklärung?», gab Edie zurück. «Wenn sie mir nicht gefällt, nehme ich Sie fest.» Eigentlich glaubte sie nicht, dass Galloway Lucas Littlefish ermordet hatte, aber sie wollte es aus seinem Munde hören. Und seine Verbindung zu Schofield war auch fragwürdig.
    Nach einer Weile ging die Tür des Verschlages auf und Peter Galloway kam heraus, mit erhobenen Händen. Seine Augen weiteten sich. «Ich kenne Sie!», sagte er.
    «Na klar, ich bin die, die Sie vor ein paar Tagen im Wald stehengelassen haben, wissen Sie noch? Nur, dass ich auf dem Rückweg Ihr schmutziges kleines Geheimnis gefunden habe.»
    Er schüttelte den Kopf und

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