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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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Treffen mit den Kirchenvertretern natürlich nicht sagen. Die Herausforderung sah Chuck darin, so zu tun, als würde er die Sorgen sämtlicher interessierter Parteien ernst nehmen, und ihre Befürchtungen so lange zu beschwichtigen, bis Peter Galloway gefunden war, und ihr Interesse dann wieder auf das Wesentliche zu lenken: die Gouverneurswahlen.
    Anschließend stand die Fahrt zum
Seafood Shack
auf dem Programm, wo er mit Marsha und Byron Hallstrom, dem neuen Gesicht in der Stadt, und dessen junger Frau Sandy zu Mittag zu essen würde. Nur sie vier, in dem kleinen Nebenzimmer, mit Blick auf die Cook-Inlet-Bucht.
    Der Fahrer fuhr vor dem Rathaus vor. Chuck öffnete, wie üblich, seine Tür selbst – das dem Fahrer zu überlassen, hätte ihn wie einen Ostküstenschnösel wirken lassen, oder, schlimmer noch, wie einen schleimigen Europäer. Er nickte den zwei, drei Demonstranten vor dem Eingang zu, schob sich durch die Drehtür ins Foyer und wartete darauf, dass der Aufzug ihn in den Konferenzraum im fünften Stock beförderte.
    Das Treffen war eine größere Herausforderung, als Chuck erwartet hatte. Marsha hatte ihn zwar vorgewarnt, dass die Stimmung aufgeheizt sein könnte, doch er hatte völlig unterschätzt, wie geladen und aufgebracht die Leute auf die Anwesenheit der Altgläubigen reagierten. Ihm wurde schnell klar, dass sein Plan, die Anwesenden inständig darum zu bitten, sich der Rechte zu entsinnen, die laut dem Ersten Artikel jedem Amerikaner zustanden, nur wie sentimentales Gerede wirken würde, also ließ er es bleiben. Mochte er die Vorstellung auch noch so lächerlich finden, dass irgendwo in den Wäldern um Meadow Lake und Homer eine Gruppe «Finstergläubiger» Riten feierte, die auf Hexerei hinausliefen – die Kirchen regte die Sache offenbar sehr auf. Chuck musste feststellen, dass er seine Karten völlig falsch gespielt hatte, als er versuchte, die Situation gleich zu Beginn zu entschärfen, anstatt sie beim Schopfe zu packen.
    Wahrscheinlich hätte er über die Reaktion der Kirchenvertreter nicht so überrascht sein dürfen, dachte er, als er das Treffen etwas angeschlagen wieder verließ. Er persönlich hatte es nicht so mit dem religiösen Element, aber das war auch nicht notwendig. Fast ein halbes Jahrhundert lang war Alaska Grenzland gewesen, den gesamten Kalten Krieg über. Schon möglich, dass die Menschen das anderswo längst als erledigt betrachteten – der gewöhnliche Alaskaner hatte jedenfalls erheblich länger gebraucht, um mit der neuen Situation warmzuwerden. Die Altgläubigen waren immer noch Russen, und die Ruskis waren in den Augen vieler Alaskaner immer noch der Feind. Chuck hatte lernen müssen, dass seine Frau, wenn es um alaskische Befindlichkeiten ging, normalerweise den besseren Instinkt besaß.
    Das Treffen hatte mehr Zeit verschlungen als geplant, was bedeutete, dass er zu spät zum Mittagessen kam. Als wäre es damit noch nicht genug, steckte sein Dienstwagen auch noch hinter einem Schneepflug fest. Als er endlich in das kleine Nebenzimmer geführt wurde, saßen Marsha und die Hallstroms bereits bei einem kühlen Glas Weißwein und unterhielten sich angeregt über die herrliche Aussicht. Byron Hallstrom erhob sich augenblicklich und kam um den Tisch herum, um Chuck die Hand zu geben. Er trug jenen herablassend jovialen Gesichtsausdruck zur Schau, den reiche Männer an den Tag legen, wenn sie es mit Leuten zu tun haben, die weniger mächtig sind als sie selbst. Chuck wusste kaum mehr über den Mann als das, was Marsha ihm erzählt hatte: dass er zugezogen war und große Visionen von Alaskas Zukunft hegte, die nichts mehr mit Lachs oder Öl zu tun hatten, sondern ausschließlich mit Kreuzfahrtschiffen, Themenparks und Massentourismus. Die Rolle des Milliardärs stand ihm gut. Pomade im Haar, die Schuhe maßgefertigt, der Anzug ebenso – eine Uniform, die in den Vorstandsetagen in Chicago oder New York sicher angemessen war. Hier oben in Alaska ließ sich damit jedoch kein Eis zum Schmelzen bringen. Chuck Hillingberg ergriff die riesige Hand, die sich ihm entgegenstreckte, und lächelte leise in sich hinein. Hallstrom war ein hoffnungsloser Außenseiter, und er wusste es.
    «Sie haben große Pläne für Homer, habe ich gehört», sagte Hillingberg. «Ich bin gespannt, zu erfahren, was ich tun kann, um Ihnen dabei unter die Arme zu greifen.»
    Hallstrom sah Chuck eindringlich und ein wenig ängstlich an. Dieser Blick wärmte ihm das Herz. Der Mann fühlte sich also

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