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Zeichen im Schnee

Zeichen im Schnee

Titel: Zeichen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie McGrath
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tatsächlich ein bisschen verwundbar. Sie nahmen Platz. Ohne einen Blick in die Karte zu werfen, lehnte Chuck sich zurück und sagte: «Wollen wir nicht die ultimative alaskische Kombi bestellen? Eismeerkrabbe und gedünstete Alaska-Muscheln?»
    Hallstrom nickte höflich. Ihm war klar, dass die Frage rein rhetorisch gewesen war.
    Chuck erhob das Glas. «Auf die ultimativen alaskischen Kombinationen.» Alle am Tisch lachten. Chucks Magen entspannte sich. Die Sache lief. Solange nicht irgendwas fürchterlich schiefging, würde Hallstrom irgendwann zwischen Eismeerkrabbe und Brandy seine Halb-Millionen-Zusage servieren.

    Hinterher blieben Marsha und er zur Nachbesprechung sitzen.
    «Na, das ging leichter, als ich dachte», sagte er und legte die Serviette weg. «Ich finde Hallstroms Idee, aus Alaska das neue Dubai zu machen, zwar ziemlich schräg, aber bitte!»
    Marsha sah ihn eiskalt an. Er mochte es nicht, wenn man ihn nervös machte. Er redete dann immer zu viel. «Ich fand es genial», sagte sie.
    Chuck verdaute das. «Du hast recht. Wie dem auch sei, wenn es das ist, was er will, dann kann er es haben. Das wird zwar die Ökofuzzis auf den Plan rufen, aber ich glaube, um die müssen wir uns keine Sorgen machen.»
    «Ach ja?» Marsha zog eine Augenbraue hoch. «Hast du etwa den Fleckenkauz vergessen?»
    Den Kauz hatte er zwischenzeitlich tatsächlich vergessen. Aber jetzt erinnerte er sich wieder an die Kontroverse. Der Vogel war in den Neunzigern unter Schutz gestellt worden, sowohl im Rahmen des Abkommens gefährdeter Arten als auch im Rahmen des National-Forest-Management-Abkommens, und die Holzindustrie hatte behauptet, diese Maßnahme hätte die Branche 30 000 Arbeitsplätze gekostet. Umweltschützer hatten erwidert, die Holzindustrie sei sowieso auf dem absteigenden Ast. Der Streit wurde symbolisch für den Kampf zwischen Wirtschaft und Naturschutz und war in den letzten Jahren so persönlich und bitter geworden, hatte so tiefe Gräben gerissen, dass beide Parteien ihn inzwischen als Kampf zwischen Gut und Böse zu begreifen schienen.
    «Die optimale Strategie würde darin bestehen, die Ökos gegen die Lachsfischer aufzuhetzen und dann dabei zuzusehen, wie sie sich so lange bekämpfen, bis sie sich gegenseitig zerfleischt haben», sagte Marsha. «Und wir wären den ganzen Ärger los. Auf lange Sicht haben beide in Alaska keine Zukunft. Die Fangquoten werden weiter zurückgehen, und die Umweltschützer werden bald merken, dass es hier überhaupt keine Arbeitsplätze gibt, die nicht mit Öl oder dem Ausschöpfen von Ressourcen oder irgendeiner anderen Form wirtschaftlicher Entwicklung zu tun haben. Außenstehende Investoren wie Hallstrom werden es zwar am Anfang schwer haben, in Alaska ein Bein auf die Erde zu kriegen, aber in spätestens zehn Jahren werden die Alaskaner auf Knien um Jobs betteln, die Leute wie Hallstrom ins Land bringen.»
    Chucks privates Mobiltelefon fing an zu piepen. Er sah aufs Display. Mackenzie. Insgeheim war er erleichtert. Der Polizeichef gab ihm, im Gegensatz zu seiner Frau, nicht das Gefühl ständiger Unterlegenheit.
    Marsha holte ihr BlackBerry aus der Tasche und verließ den Raum, um selbst zu telefonieren.
    «Hallo!» Mackenzie klang erschüttert. «Könnte sein, dass wir ein Problem haben. Ziemlich wahrscheinlich sogar.»
    Im Gedärm des Bürgermeisters gurgelte es. Er legte sich die Hand auf den Bauch, schloss die Augen, blinzelte, spürte, wie sie feucht wurden. Er war hundemüde. Er sollte sich mal wieder durchchecken lassen.
    Mackenzie sagte: «Die Ergebnisse von Jonny Does Bluttests lassen auf kaukasischen Ursprung schließen.»
    «Auf was?»
    «Russisch, Boss!»
    Chuck sagte: «Und?»
    Aber noch ehe Mackenzie antworten konnte, fiel der Groschen.
    «Aber wir sind doch sauber, oder? Du hast gesagt, du kümmerst dich darum, dass wir alles loswerden.»
    «Richtig.»
    Chuck war beruhigt. In Alaska hatte wahrscheinlich die Hälfte aller Kinder russisches Blut. Mein Gott, bis 1867
war
das hier Russland!
    «Da wäre noch eine Kleinigkeit.» Mackenzie zögerte, es war ihm anzuhören, dass er nicht mit der Sprache rauswollte, ihm aber keine Wahl blieb. «Als die Wachleute im Blockhaus klar Schiff gemacht haben, kam raus, dass in einer der Überwachungskameras die Speicherkarte fehlte. War bestimmt nur ein Versehen.»
    Chuck sank der Mut bis in die Stiefelsohlen. Er fühlte sich, als hätte ihm jemand seinen Luftballon weggenommen, um seine Zigarette daran auszudrücken. Er war

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