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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Fachwerkbalken berührt, die Etiketten auf den braunen Medikamentenfläschchen liest, die damals noch im heutigen Wohnzimmer gestanden hatten; Edith mit einem dicken Papierstapel unter dem blühenden Apfelbaum, Edith in Latzhosen beim Abschleifen der alten Holzdielen, Edith im türkisblauen Hochzeitskleid; seine Frau lachend im neuen Büro als Chefdramaturgin; seine Frau, wie sie bis zum Bauchnabel im Meer steht und ihm zuwinkt; wie sie die Trockensträuße aufhängt, die noch heute über ihnen hängen, verblasst, aber mit dem Charme der Idylle. Edith mit Günther in der kahlen Garderobe, ihre nackten Körper, ineinander verschlungen, auf dem verschrammten Schminktisch.
    Reiß dich zusammen,
sagte er sich.
Du weißt nichts!
    Sein Inneres war ein Brodeln giftiger Substanzen, für andere jedoch war Uwe eine Quelle purer Gelassenheit, so, wie er es immer gewesen war. Der Helfer. Der Gutmensch. Selbst dann hatte er ausgleichend gewirkt, wenn ein Tier unendliche Qualen gelitten und es ihn beinahe zerrissen hatte, weil er nicht mehr helfen konnte. Besonnen bleiben, damit der Besitzer nicht merkt, wie nahe ihm das Schicksal der Schwächsten ging. Damit Edith jetzt nicht sah, dass seine kleine, unbedeutende Welt heute untergegangen war. Damit niemand ahnte, wie sehr ihn Annika jetzt wieder quälte.
    Er war ein guter Heilpraktiker für Tiere. Ein besserer, als er es für Menschen hatte sein können. Mit Menschen hatte er sich immer schwergetan. Es war nur konsequent gewesen, hier in der Abgeschiedenheit zu bleiben, auch wenn Edith manchmal gern in die Stadt gezogen wäre. Hier war es gut, fernab von Luxus und Trubel und den Begegnungen mit den eigenen Abgründen.
    Vielleicht hätte er Hanna Brock das alles nicht erzählen sollen in seiner Wut und in seiner Aufregung. Sie hatte genickt, sich angehört, was aus ihm herausgesprudelt war, nachdem Günther genauso plötzlich abgehauen wie er aufgetaucht war. Sie hatte Fragen gestellt, während er den Siamkater abgetastet, Herz und Lunge abgehört, ihm in Rachen und Hals gesehen und ihr mitgeteilt hatte, dass er aufgrund der Symptome ein malignes Lymphom vermutete. Extrem aggressiv. Unheilbar. Nicht ungewöhnlich bei einer Katze von sechzehn Jahren. Hanna Brock hatte traurig ausgesehen. Und erzählt, dass es Kommissar Ehrlinspiels Kater war. Bentley.
    Er hätte es wissen müssen. Brock war nicht koscher gewesen. Hatte sie ihn bereits im Theater aushorchen wollen? Andererseits war das Tier schwerkrank, und sie hatte vielleicht wirklich nur seine Hilfe gesucht.
    Wie lange sie mit Bentley schon in der geöffneten Tür gestanden hatte, hatte er nicht herausgefunden. Doch dass er zu Assmann gesagt hatte, es sei Günther damals nicht unrecht gewesen, dass Annika nicht mehr aufgetaucht war, war ihr vermutlich nicht entgangen. »Soll ich mir noch einmal Ihren Rücken ansehen?«, hatte er gefragt, und sie hatte nicht verneint.
    »Ich war nicht immer sicher.« Ediths Worte rissen ihn aus seinen Gedanken. Sie legte die Hände auf den Tisch, und die Jacke klaffte auseinander. Sie trug nichts darunter, und er blickte rasch auf ihre Hände. Der breite Ehering mit dem leuchtend blauen Kristall-Opal war matt. Die Jahre hatten dem Gold und der Struktur der feinen Blattnervatur, die der Goldschmied extra um das Metall rund um den Stein graviert hatte, den Glanz genommen.
    »Nicht sicher? Mit was?«
    »Dass ich ihn liebe. Aber seit letztem Sommer weiß ich es. Glaube mir, es macht mich nicht glücklich. Günther hat … Lene nie losgelassen. Hat sie immer verteidigt. Und ich … ich konnte Günther nie loslassen.«
    »Es macht dich nicht glücklich? Du erwartest hoffentlich kein Mitgefühl von mir. Oder eine Trost-Massage«, fügte er sarkastisch hinzu und dachte an die langen Nächte, in denen sie später als sonst gekommen war, nach Rauch gerochen und von den langen Proben berichtet hatte, in denen er mit dem Ingwertee auf sie gewartet und sie dann mit dem Calendula-Öl massiert hatte. Früher bis zur Ekstase, später nur noch in den Schlaf. Seine Hände waren an ihrem Becken und ihrer Wirbelsäule entlanggeglitten, hatten die Rippen ausgestrichen und die Schulterblätter umkreist, harte Stellen weich gedrückt und den Nacken sanft entspannt. All seine Innigkeit hatte er durch seine Finger in die Frau fließen lassen, die er liebte und vergötterte.
    »Letzten Sommer wollte ich es ein letztes Mal versuchen. Ich wollte alles geben, um ihn für mich zu gewinnen.« Ihr Blick brannte auf seinem

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