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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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kennst mich gut. Aber nicht gut genug.«
    »Hast du die Kinder verschwinden lassen?« Er blickte sie an, und da war nur noch Misstrauen in ihm, und wahrscheinlich auch in ihr, tiefer Zweifel, und vielleicht auch schon die Trauer über das verlorene gemeinsame Leben.
    »So wie ihr Annika?«
    Ihre Worte schossen auf ihn zu wie ein wütender Stier auf den Feind. »Du weißt es? Aber woher …?«
    Sie lächelte plötzlich. »Du verurteilst mich wegen Günther. Und ihr alle … du bist nicht einen Deut besser als ich, Uwe!«
    »Seit wann weißt du es?«
    »Seit dem dreiundzwanzigsten Mai 1993 .«
    Die Hörner des Stiers rammten sich in seinen Bauch. Sein Schädel explodierte.
    »Ich bin zur Villa gekommen in dieser Nacht. Ich wollte euch noch treffen. Ich wollte … Günther sehen. Du selbst hattest mir gesagt, dass du hinfährst. Also hatte ich einen Vorwand, noch vorbeizuschauen. Ich bin zu Assmanns gefahren und den Weg hochgelaufen, der damals noch mit Kies bedeckt war, ich musste schleichen und …«
    »Du hattest Aufführung! Und danach Interviews! Du …«
    »Ich hab die Journalisten abgewimmelt.«
    Lange saßen sie da und sprachen kein Wort. Dann erzählte er alles. Er hätte es längst tun sollen. Vielleicht wäre dann vieles anders gelaufen. Wenn sie geredet hätten, verarbeitet, was niemals wieder gutzumachen war. Er berichtete von dem Anruf Lenes am späten Nachmittag des dreiundzwanzigsten Mai. Und was sie wirklich gesagt hatte. Wie er in die Villa gefahren und wie Günther ihn in Annikas Zimmer geführt hatte. Von seiner, Uwes, Ratlosigkeit. Dem Entsetzen. Und davon, was sie danach getan hatten.
    Als er geendet hatte, sah sie ihn mit klaren Augen an, das Türkis schimmerte wie ein Gletscher, schnitt kalt durch seine Haut, öffnete seinen Körper bis auf die Knochen. »Warum hast du uns nie verraten?«, fragte er.
    »Du bist mein Mann. Du bist der beste und gütigste Mensch. Ich liebe dich – auf meine Weise. Also bin ich bei dir geblieben, auch wenn du meine Welt nie verstanden hast. Du hast mich immer bewundert, warst aber nie auf Augenhöhe mit mir. Ich konnte Günther nicht aufgeben. Ich habe ihn begehrt bis zum Irrsinn.«
    »Du hast mich um mein Leben betrogen! Mir Liebe vorgegaukelt, wo nur Sympathie war.
Das
ist der Irrsinn! Du hast mir jahrzehntelang jede Chance genommen, eine andere Frau zu finden, die mich wirklich liebt.«
    Edith blickte zu Boden. Dann fragte sie: »Wo ist Annika jetzt?«
    Langsam stand er auf. Seine Knie schmerzten, und die Cordhose war schmutzig. Es störte ihn nicht. »Ich habe noch etwas zu erledigen«, sagte er und ging.

[home]
    36
    Montag, nach 18 Uhr
    E r keuchte von den vielen Treppen, als er vor dem Chaos in seinem Wohnzimmer stand. »Hanna?«
    Keine Antwort. Verdammt, verdammt, verdammt! Ehrlinspiel fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Sie waren verklebt vom Regen und Schweiß.
    Wo steckte sie bloß?
    Er wählte ihre Mobilnummer. Legte auf, als die Mailbox ansprang.
Melde dich. Bitte! Mache mir Sorgen. Moritz,
tippte er als SMS , während er in die Küche ging und dort aus dem Wasserhahn trank. Sein Mund war trocken, und das Denken fiel ihm schwer. Seine Beine waren wackelig, doch er musste weitermachen. Rebecca blieb keine Zeit mehr. Wenn sie überhaupt noch am Leben war.
    Die Suchtrupps bei Gündlingen hatten bislang keine Spur des Mädchens gefunden. Dafür einen alten Motorradhelm mit einzelnen Haaren mehrerer Personen darin, nicht einmal vier Meter von dem Graben entfernt, in dem Marius gelegen hatte. Dort gab es auch Reste ausgelaufenen Treibstoffes. Die Erde, die diesen aufgesogen hatte, war ins Labor gebracht worden. Eine Reifenspur deutete auf ein Zweirad, konnte aber aufgrund des Starkregens weder eindeutig einem Motorrad noch einem Roller zugeordnet werden. Die Stunden zerrannen ihnen wie Sand zwischen den Fingern und damit die letzte Hoffnung, die Kleine zu finden. Der Hauptkommissar konnte nur hoffen, dass Marius Rebecca umsichtig versorgt hatte, ganz so, wie er es offenbar immer getan hatte. Beim Essen zumindest konnten sie davon ausgehen. Beim Insulin sah es anders aus: Assmanns Kühlschrank enthielt noch genauso viele Insulinspritzen zum Füllen des Insulin-Depots wie an dem Morgen, als die Kinder ihr makaberes Spiel begonnen hatten. Vermutlich hatten sie auf das Medikament verzichtet, weil Lene Assmann genau Buch führte und das Fehlen sofort bemerkt hätte. Und das wiederum hätte den Plan gefährdet. Rebeccas Rolle bei dem Ganzen war unklar. Dass

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