Zeit der Eisblueten
hier in Moose Creek oder anderswo; oder dass sie in Florida bei deiner Mutter unterkommen.«
Sheila stieß ein sarkastisches Lachen aus. »Bei meiner Mutter? Woher weißt du, dass ich eine Mutter habe? Da müssten Ostern und Pfingsten auf einen Tag fallen, bevor sie Kinder um sich haben wollte. Sie hasst Kinder aus ganzem Herzen. Dafür kann ich mich verbürgen.«
Er blickte schweigend aus dem Fenster zu Hopwood hinunter, Dawsons jungem Kollegen, der im Garten stand und die Rückseite des Hauses bewachte. In seinem zu kurzen Parka fror er sich den Hintern ab. Dafydd verkniff sich ein Lächeln, weil der junge Mann, der nicht wusste, dass er beobachtet wurde, sich aufs Gesäß klatschte und schnell auf der Stelle rannte.
»Gut, in Ordnung«, lenkte Sheila nach einem Moment ein. »Hogg bietet sich als beste Möglichkeit an, weil er ihr Vater ist. Ich habe nicht mit ihm darüber gesprochen, aber bestimmt ist er gern dazu bereit.« Sie lächelte vor sich hin.
»Wissen die Kinder …?«
»Dass er ihr Vater ist? Noch nicht. Das kann ihnen jemand anders mitteilen. Ich hab mir heute Morgen schon genug Unverschämtheiten anhören müssen. Mir reicht’s.«
»Sheila, kannst du nicht wenigstens dieses eine Mal deinen verdammten Narzissmus beiseiteschieben?«, rief Dafydd ärgerlich. »Es geht hier nicht um dich und deine Bedürfnisse. Wir versuchen, darüber nachzudenken, was das Beste für die Kinder ist, für deine Kinder.«
Sheila lächelte bitter. »Du hast doch auch nicht an sie gedacht, als du mich ans Messer geliefert hast, oder? Nachdem du mich in diese Klemme gebracht hast, muss ich mir erst einmal um mich Sorgen machen.«
Dafydd blickte sie fassungslos an. Ihr Egoismus war unglaublich. »Du bist widerlich«, fauchte er. »Was du Ian angetan hast, ist ausgesprochen niederträchtig. Du bist eine Kriminelle der schlimmsten Sorte. Wenn ich bedenke, dass ich fast so weit war, den Beweis gegen dich eigenhändig zu vernichten.« Kummervoll betrachtete er seine bandagierten Hände.
»Das reicht!«, schrie Sheila. »Verschwinde sofort aus meinem Haus.«
Dafydd rührte sich nicht, sondern lächelte sie an. »Schon in diesem Moment verfasst man bei den Moose Creek News eine sehr pikante Geschichte über dich … und mich natürlich. Ich habe versucht, heute Morgen mit Mr Jacobs zu sprechen und es um der Kinder willen zu verhindern, aber er hat sich geweigert.« Dafydd zuckte mit gespielter Hilflosigkeit die Schultern. »Neuigkeiten sind nun mal Neuigkeiten.«
Dem Polizisten im Garten wurde immer kälter, und er schaute ständig auf seine Uhr. Verstohlen zündete er sich eine Zigarette an und paffte eifrig, als könne die winzige Glut ihn wärmen.
»Uns bleibt nicht mehr viel Zeit«, sagte Dafydd mit Blick auf den frierenden jungen Mann. »Ich will mit den Kindern sprechen.«
»Aber sie wollen nicht mit dir sprechen«, antwortete Sheila.
»Ich schon«, schaltete sich Mark ein und trat aus der Eingangshalle ins Wohnzimmer. Voller Verachtung sah er seine Mutter an. »Wir haben auf der Treppe gesessen und jedes beschissene Wort gehört, das ihr beiden gesprochen habt.« Er wandte sich Dafydd zu und fuhr ihn an: »Ich hab’s dir doch gesagt, oder? Ich wusste, dass du nicht mein Vater bist. Warum hast du mir nicht geglaubt?«
»Ich habe wirklich gedacht, dass ich’s bin«, erwiderte Dafydd. Er beugte sich vor und versuchte, Marks Hand zu berühren. »Aber ich versichere dir, Mark, meine Gefühle für euch haben sich nicht geändert.«
Mark wich zitternd vor ihm zurück. Er starrte Dafydd mit verzerrtem Gesicht an und konnte seine zornigen Tränen kaum noch zurückhalten. »Ich will überhaupt keinen beknackten Vater haben«, brüllte er. »Jetzt sollen wir wohl die gleiche Scheiße noch mal mit Hogg durchmachen.«
Miranda war mit großen, angsterfüllten Augen auf der Türschwelle erschienen. Dafydd sprang auf und trat zu ihr.
»Es tut mir so leid, meine Süße.« Er legte die Arme um sie, während sie wie gelähmt dastand.
Sie begann zu weinen und erwiderte kraftlos seine Umarmung. Dann stieß sie ihn weg und rannte auf Sheila zu. Mit geballten Fäusten beugte sie sich über ihre Mutter und schrie: »Ich hasse dich … Ich hasse dich wie die Pest. Ich hoffe, dass du für immer eingesperrt wirst und ich adoptiert werde. Du bist eine Scheißmutter. Ich hoffe, dass du im Gefängnis bleibst, bis du stirbst, und dass du nie mehr wiederkommst. Du bist ekelerregend und hässlich und abscheulich …«
Während Miranda
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