Zeit der Heimkehr
Dschungel vollkommen ebene Pflastersteine aufgetrieben haben mochten. Der erste Laden, an dem sie vorbeikamen, war eine Bäckerei, die solch wunderbare Düfte verströmte, daß selbst dem mürrischen Mudge der Speichel im Munde zusammenlief. Wie bei allem, an dem sie vorbeikamen, spiegelte auch hier das Äußere die Beschäftigung des Bewohners wider. So glichen die Dachschindeln Schokoladetafeln, die Fensterscheiben sahen aus wie gesponnener Zucker, Türen und Rahmen wie aus Ingwerbrot, und die Scharniere schienen aus Strudelteig zu sein. Rote Lakritzstricke hielten Konfektbalken zusammen. Und doch war alles nur Illusion, wie Mudge feststellte, als er schnell an einem Biskuitzaun lecken wollte, nur um zu merken, daß dieser aus Holz und nicht aus Teig bestand.
Die Residenz eines Meisterbildhauers war aus weißem Marmor gehauen, der so hochpoliert war, daß nicht einmal ein einziger Regentropfen daran Halt gefunden hätte. Die Heime von Holzschnitzern waren wahre Wunderwerke der Schnitzkunst, barock überladen mit Schnörkeln und Reliefs. Fugenlose Säume waren mit Obstholzfurnier überzogen. So etwas blieb normalerweise nur der Herstellung prachtvollen Mobiliars vorbehalten.
Das Haus eines Malers war eine Landschaft aus Bergen und Wolken mitten im grünem Dschungel. Ein Regenbogen schien sich über seine Front zu bewegen.
»Magie«, sagte Vorsicht.
»Nicht Magie. Überragende Kunstfertigkeit.«
Sie kamen am Haus eines Steinmetz vorbei, eine Unendlichkeit winziger kolorierter Steine, die in einen fast unsichtbaren Rahmen eingelassen worden waren. Der Betrieb eines Möbeltischlers glich einem riesigen, übervoll gestopftem Sofa, überdacht von einem Eßzimmertisch. Doch nirgendwo erblickten sie eine Ladenfront oder ein Haus, das einen Hinweis darauf gab, daß sein Besitzer Musikinstrumentenbauer war.
Schließlich hielten sie vor dem Haus einer Meisterweberin an. Jon-Tom betätigte die Klingel, die in der Tür aus Flechtwerk befestigt war, einem braunen Rechteck vor einer Wand aus gefärbter Wolle, Alpaka und Qiviot. Die Weberin stellte sich als vier Fuß großes Paka heraus, gebaut wie eine Birne und in eine schlichte Schürze gekleidet. Sie lehnte im Türrahmen, während sie sich die Geschichte des Fremden anhörte.
»Ich weiß nicht, ob es gut ist, Couvier Coulb zu stören«, sagte sie schließlich. Jon-Tom entkrampfte sich ein bißchen. Wenigstens waren sie jetzt am richtigen Ort. Das sagte er der Weberin auch.
»Oh, ja, das hier ist schon der richtige Ort.« Sie sah ihm in die Augen, studierte sein Gesicht. »Du bist einen weiten Weg gekommen. Und du bist Bannsänger, sagst du?«
Jon-Tom ließ den Sack mit den Resten seiner Duar von den Schultern gleiten und zeigte den Inhalt vor. »Ja. Mein Mentor, der Hexer Clodsahamp, meint, daß Couvier Coulb auf der ganzen Welt der einzige sei, der möglicherweise die Handfertigkeit besitzt, meine Duar zu reparieren.«
»Ein magisches Gerät.« Sie musterte es neugierig. »Nicht viele von uns hier haben mit Magie zu tun, obwohl die Besucher etwas anderes glauben. Shomat der Bäcker zum Beispiel, der kann Dekorationen auf seinen Torten tanzen lassen und Zuckernetze spinnen, die von den Spinnen mit ihren eigenen verwechselt werden. Couvier Coulb kennt auch den einen oder anderen Trick.« Sie seufzte, nachdem sie anscheinend in einem inneren Kampf zu einer Entscheidung gekommen war. »Ich kann dir zeigen, wo er wohnt.« Sie trat auf die Baumwollveranda hinaus und zeigte es ihm.
»Du gehst bis zum Ende der Hauptstraße. Dort führt ein Weg nach links. Den nimmst du nicht. Nimm den Weg danach. Das Haus, zu dem du willst, liegt ein kurzes Stück von der Stadt entfernt, hinten zwischen den Bäumen neben einem Wasserfall. Du kannst es nicht verfehlen.
Sei leise, wenn du dich ihm näherst. Wenn du auf dein Klopfen keine Antwort erhältst, so entferne dich bitte ebenso leise, wie du gekommen bist.«
Jon-Tom verstaute gerade wieder die Einzelteile seiner Duar.
»Keine Sorge. Ich wäre nicht hier, wenn es sich nicht um einen Notfall handelte.«
»Du verstehst mich nicht. Weißt du, ich befürchte nämlich, daß du möglicherweise zu spät gekommen bist. Couvier Coulb liegt im Sterben.«
XV
Mudge schleuderte mit dem Fuß Kieselsteine vom Pfad, während sie den Weg fortsetzten. »Großartig, einfach großartig. Da schleppen wir uns um die 'albe Welt, um dein verdammtes Instrument reparieren zu lassen, und der einzige Bursche, der das vielleicht tun kann, gibt vor'er den
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