Zeit der Heimkehr
vielleicht ein Freudenhaus, wo er noch nicht gewesen ist. Versprichst du, daß du ihn mitnimmst?«
»Ich verspreche es.«
Sie schlang ihm die Arme um den Hals und lehnte sich auf Zehenspitzen gegen ihn. Zwischen seinem Körper und ihrem war nun nichts mehr außer einem Nachthemd und einem Bademantel, und die zählten kaum.
»Wenn dem so ist, warum stehen wir dann hier herum und vergeuden den Rest der Nacht damit zu reden, wenn wir genausogut dort drüben sein könnten, ohne zu reden?« Mit einem Nicken zeigte sie auf das unordentliche Bett.
Er schluckte. »Meinst du nicht, daß ich lieber gleich mit dem Packen anfangen sollte, wenn wir sowieso schon wach sind?« Sanft zerrte sie ihn in Richtung der Laken. »Du brauchst etwas Ruhe, bevor du dich auf eine solch lange Reise machst.
Ich helfe dir beim Packen. Als erstes müssen wir einmal deinen Stab finden, und ich weiß ganz genau, wo der ist.«
III
Er hatte eigentlich vorgehabt, sich schon in aller Frühe auf den Weg zu machen, doch war es schon mitten am Morgen, als Talea ihn schließlich aus dem Bett kriechen ließ. Die bräunlichen Laken umgaben sie, als sie mitten auf der Matratze lag und ihm beim Anziehen zusah. Sie sah aus wie ein kunstvoller Sahneklecks auf einem Schokoladenbecher.
»Vielleicht könnte ich die Reise auch noch ein bis zwei Wochen verschieben.«
Als er dies sagte, setzte sie sich lachend auf und schüttelte Bettdecke und schulterlanges Haar aus. »Das glaube ich nicht. Noch so eine ›Ausruhnacht‹, und wir gehen beide am Krückstock.«
Er streifte seine Stiefel an, etwas wacklig, wie er erst auf dem einen, dann auf dem anderen Bein stand. »Weißt du, wo mein alter Rucksack ist?« Sie nickte. »Gib mir einen Satz Wäsche zum Wechseln, jede Menge Trockenfutter für die Strecken zwischen den Städten und alles andere, was du für nützlich hältst. Das und mein Stab, dann werde ich Mudge reisebereit haben, sobald du alles fertig gepackt hast.«
»Schade, daß du deinen Stab nicht hier lassen kannst.«
»Tut mir leid. Es könnte sein, daß ich ihn auf der Reise brauche.« Er duckte sich, als sie mit einem Kissen nach ihm warf. »Die Überreste der Duar sind bereits verpackt. Du kannst sie oben auf meinen Rucksack schnüren.« Er prüfte erst den einen Stiefel, dann den anderen. »Ich fühle mich nackt, so loszuziehen, ohne dieses Instrument an den Rippen.«
Sie legte den Kopf auf das verbliebene Kissen. »Ach, würdest du doch nicht gehen, Jonny-Tom! Aber da du es schon tust, werde ich jeden Tag daran denken, welch sichere, entspannende Zeit du haben wirst. Du wirst die allerbesten Schiffsverbindungen bekommen und um Wochen zu früh wieder zurücksein.« Sie rollte die Augen und blickte zur Decke. »Aber vergiß bloß nicht, den Müll rauszutragen, wenn du gehst.«
Er schnitt eine Grimasse, als er den Raum verließ.
Die Wendeltreppe lag abseits des Wohnzimmers. Während er zum Dachgeschoß hinaufstieg, überlegte er sich, was er Mudge sagen wollte. Den Otter aus dem Haus zu kriegen, würde schwieriger sein, als einen Zahn zu ziehen.
»Mudge?« Er hob die Falltür und spähte ins Zimmer.
»Mudge, bist du schon wach?« Keine Antwort. Das scharf geschrägte Dach zwang ihn dazu, sich in der Mitte des Raums aufzuhalten. Er war angefüllt mit Geschenkebergen, viele der Gegenstände waren ihnen von den dankbaren Bewohnern Ospenspris aufgezwungen worden, jener Stadt, die er und Clodsahamp erst kürzlich vor den schrecklichen Auswirkungen des Wanderers erlöst hatten. Die meisten Pakete waren ungeöffnet geblieben. Durch ein einzelnes Bullauge drang das Sonnenlicht von außen herein.
Darunter stand ein schönes Bett aus Messing und Türkis, ein Hochzeitsgeschenk eines der bekanntesten Bürger von Lynchbany, einem alten Freund Clodsahamps. Weshalb es hier oben in der Dachkammer lagerte und nicht unten im Hauptschlafzimmer stand, war der einfache Grund, daß es trotz seiner ausgezeichneten Verarbeitung unpraktisch war, denn es war für die weitaus kleineren Menschen dieser Welt gebaut worden. Talea paßte es zwar vollkommen, doch Tom-Jons eigene lange Beine hingen am Ende heraus. Sie hatten beschlossen, es dennoch zu behalten. Eines Tages mochte es vielleicht ein oder zwei kleine Bannsänger geben, die einen Schlafplatz brauchten. Also hatten sie es auf dem Dachboden wieder zusammengebaut.
Im Augenblick war es von einer einzelnen pelzigen Gestalt bewohnt, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einem großen Teppich besaß, der dringend
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