Zeit der Heimkehr
etwas antun, Jon-Tom?«
»Um festzustellen, warum ihr intelligent seid. Um festzustellen, warum ihr sprechen könnt.«
Sie erschauerte. »Deine Welt ist ja wirklich schrecklich.«
»Nicht wirklich schrecklich. Es gibt dort auch ein paar gute Leute, genau wie böse. Sie unterscheidet sich eigentlich nicht sonderlich von eurer Welt.«
»Ru'e jetzt«, sagte Mudge zu ihr und drückte sie an sich. »Laß den Mann sich auf seinen Banngesang konzentrieren.«
Jon-Tom sang schön, sanft. Seine Stimme und die süßen Töne der Suar hallten durch den Laster. Er sang, bis seine Kehle heiser und seine Finger taub waren, während sie über holprige und glatte Straßen rumpelten. Und nichts geschah.
Inzwischen fuhren sie auf einem Highway. Der Laster vibrierte kaum noch, und ihre Geschwindigkeit hatte zugenommen. Schließlich gab er es auf.
»Es tut mir leid. Leider keine Überraschung. Clodsahamp hat mir immer wieder erzählt, daß es nicht so leicht sei, Leute aus einer Welt in die andere zu katapultieren. Aber ich mußte es einfach versuchen.«
»Nimm's nich so schwer, Kumpel. Wenn du deine Duar ge'abt 'ättest...«
»Ich bin mir nicht sicher, daß das einen Unterschied gemacht hätte. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Magie in meiner Welt überhaupt funktioniert.«
»Das is dann aber 'ne verdammt langweilige Welt. Mach dir keine Sorgen über Weegee und mich. Wir schaffen es schon, nich wahr, Liebchen?«
»Klar. Wir werden es schon schaffen.« Das würden sie nicht, das wußte er. Wenn sie jedesmal sofort verstummten, sobald jemand in ihre Nähe kam, mochte es ihnen vielleicht eines Tages gelingen, in die Freiheit zu entkommen. Doch was für eine Freiheit wäre das schon? Die Freiheit, in einer fremden Welt umherzustreifen, von ihren eigenen Artgenossen abgeschnitten, unfähig, jemals nach Hause zurückzukehren? Flüchtlinge in einem fremden Land.
»Ich höre ein neues Geräusch.« Vorsicht preßte das Ohr gegen die Rolltür, die das hintere Ende des Lasters verschloß.
»Irgendein Tier jagt hinter uns her.«
Jon-Tom furchte die Stirn. »Vielleicht Hunde.« Auf dem Highway? Sie fuhren mit mindestens fünfzig Meilen in der Stunde. »Ist es immer noch da?«
»Es kommt näher. Heult unentwegt.«
Heult? Dann bekam er sehr große Augen. »Eine Polizeisirene.«
»örtliche Bullen? 'errje, das is doch wunderbar!«
»Nicht, wenn die uns zu sehen bekommen.« Er dachte rasend schnell nach. »Dann wollen sie uns nämlich als Belastungszeugen haben und verhaften uns, und auch das nur, wenn sie eine Handhabe gegen diese Burschen als Dealer besitzen. Wenn nicht, werden sie sie wahrscheinlich einfach ziehen lassen. Vielleicht ist das Rücklicht des Lasters kaputt oder so was. Mit überhöhter Geschwindigkeit fahren wir jedenfalls nicht. Nein, wir müssen so schnell wie möglich von hier verschwinden.«
Nun war die Sirene deutlich zu hören. Der Laster verringerte sein Tempo und fuhr auf den Seitenstreifen. »Still. Ich will mir das anhören.« Er kletterte auf einen Schreibtisch und lehnte sich dicht gegen eine der Ritzen im Dach. Er hörte gerade noch, wie einer der Polizisten Cruz nach seinem Führerschein fragte. Und dann die Worte: »Aufmachen«, worauf Cruz höflich, aber nervös etwas erwiderte, was auch zu erwarten gewesen war.
»He, was ist denn los, Officer? Wir haben nichts getan. Sie haben selbst gesagt, daß wir nicht zu schnell gefahren sind, und mit unserem Lastwagen ist auch alles in Ordnung.«
»Das ist es nicht, Freundchen«, hörte Jon-Tom den Bullen erwidern. »Routinekontrolle. Wir suchen nach illegalen Einwanderern.«
An diese Möglichkeit hatte Jon-Tom gar nicht gedacht. Er fragte sich, wie jemand, der nach illegalen Einwanderern suchte, wohl reagieren würde, wenn er plötzlich zwei Riesenotter und einen fünf Fuß großen Waschbären erblickte. Doch das war es wohl kaum, was der Polizist gemeint hatte. Mudge und Weegee waren in keinem Einwanderungsgesetz vorgesehen.
Und da fiel ihm plötzlich der alte Song von Genesis ein. Sofort machte er sich an die erste Strophe, es war ihm egal, ob Cruz oder die Bullen oder sonst jemand es mitbekam. Mudge und die anderen drängten sich eng um ihn, während er sang und sich wünschte, daß Phil Collins dagewesen wäre, um ihn mit seiner Stimme und mit seinem Schlagzeug zu begleiten.
»Hey, eets no fun, bein' an illegal ayleeun...«
»Komm schon, Pancho, mach auf!« Ungeduldig stand der Autobahnpolizist hinten am Laster. Cruz fummelte an dem Schloß, nahm
Weitere Kostenlose Bücher