Zeit der Heimkehr
sich Zeit und fragte sich dabei, wie er die Anwesenheit seines gekidnappten Opfers erklären sollte. Nun, sie konnten immer noch behaupten, daß es sich um einen verrückten Tramper handelte, den sie unterwegs mitgenommen hatten. Vielleicht würde er einfach seine Tiere nehmen und abhauen, froh, wegkommen zu können.
»Wirklich, Officer. Ich weiß nicht, in welchem Zustand sich das Zeug hier hinten befindet. Meine arme Consuela und ich haben tagelang gepackt. Wenn sich das alles verschoben haben sollte, wird es uns entgegenstürzen.«
»Wir werden Ihnen dabei helfen, es wieder aufzuladen.« Der Polizist hörte sich müde an. Außerdem war er gebaut wie ein Football-Mittelstürmer und schien nicht dazu aufgelegt, um zwei Uhr morgens mit verdächtigen Typen lange Streitgespräche zu führen. Cruz merkte, daß er keine weitere Zeit mehr herausschinden konnte. »Machen Sie den Wagen auf, sonst können wir ihn auch auf der Wache öffnen.«
»O nein, das wird nicht nötig sein, Officer. Es ist nur, daß dieses Schloß hier, na ja, es ist ein bißchen rostig.«
Er atmete tief durch und schob die Rolltür auf. »Sehen Sie, nichts als Möbel und ein...« Er brach ab. Denn auf der Ladefläche des Lasters waren wirklich nichts als Möbel zu sehen. Keine Riesenotter, kein übergroßer Waschbär, kein schlaksiger, großmäuliger junger Anglo. Sie waren verschwunden.
Der Bulle richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf die Möbel. Inmitten der Haushaltsgegenstände bewegte sich doch etwas. Da erfaßte der Strahl die Gestalt eines großen bunten Papageis, dessen Flügel und Schnabel gefesselt waren. Er strengte sich mächtig an, um krächzend zu protestieren, doch dazu war er zu fest verschnürt.
»So befördert man kein Haustier«, erklärte der Polizist tadelnd.
Cruz stammelte eine Erwiderung. »Ich weiß, Mann, aber Consuela wollte einfach nicht auf mich hören und...«
»Egal. Ich suche nicht nach Vögeln. Wenn ihr Burschen gefährdete Tierarten schmuggeln würdet, dann hättet ihr mit Sicherheit mehr als nur ein Exemplar dabei.« Er lehnte sich zurück und schrie dem Straßenkreuzer, der vor dem Lastwagen parkte, zu: »Blas die Meldung ab, Jay. Die Burschen hier sind sauber.« Um sich zu entschuldigen, entbot er Cruz ein zögerndes, professionelles Lächeln. »Tut mir leid, Sie aufgehalten zu haben, Freund.«
»He, macht doch nichts, Mann. Wir haben eben alle unseren Job.« Cruz wartete ab, bis der große Polizist wieder in seinen Straßenkreuzer gestiegen und in die warme Texasnacht hinausgefahren war. Dann rief er nach seinem Partner.
»Manco, komm her, Mann!« Als er erschien, sah er auf dem Gesicht seines Bosses eine Mischung aus Verwirrung und Schadenfreude. »Der Junge und die meisten seiner Tiere sind abgehauen, aber die Bullen haben den Stoff nicht gefunden.«
Manco spähte in den Lastwagen. »Du sicher? Irgend jemand war an der Truhe.«
»Waaas?« Cruz sprang sofort auf die Ladefläche. Er ignorierte den sich windenden, prustenden Papagei. »Oh, mierda!« Die beiden machten sich daran, die Möbel zu durchwühlen, indem sie einzelne Stücke aus dem Laster warfen, ohne sich darum zu scheren, ob diese auf dem harten Straßenpflaster zersplitterten.
Zwei Stunden später saßen sie da und starrten aus dem Laster hinaus; sie mußten ihre Niederlage einsehen.
»Ich verstehe das nicht«, murmelte Cruz trostlos. »Wie, zum Teufel, sind die aus dem Wagen rausgekommen? Der war immer noch abgeschlossen, als der Bulle und ich ihn aufgemacht haben. Wie ist dieser dürre Bastard rausgekommen?«
»Vielleicht haben Tiere sich durchgebissen?«
»Ich habe kein Loch im Dach entdecken können.«
Cruz legte den Kopf in die Hände. »Was sollen wir in Vegas nur erzählen?« Er strich sich mit den langen Fingern durch das glatte schwarze Haar. »Daß ein Collegebengel und ein paar abgerichtete Tiere mit vierzig Kilo Koks aus einem verschlossenen Lastwagen abgehauen sind?«
Manco hatte einen trüben Gesichtsausdruck. »Habe noch ein paar Verwandte in Chile, die ich nicht mehr gesehen habe, seit ich noch ein Kind war.«
»Prima. Nur daß wir kein Geld für Flugtickets haben, und ich habe vergessen, mein Visum zu erneuern. Wie steht es mit dir?«
»Nur ein paar Dollar für Spesen. Aber der Mann weiß doch nicht, wann wir sollen kommen. Da haben wir Chance, abzuhauen.«
»Ohne Geld?«
Manco zeigte ins Innere des Lasters. »Haben immer noch diesen großen sprechenden Papagei. Können heimlich reinfahren nach Vegas, ihn für
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