Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
mitkommen.«
Sie lächelte nicht. »Sagen Sie mir einfach Bescheid, dann warte ich vor der Tür.«
Die Schlange schob sich nur langsam voran, und er entschied sich, statt Käse lieber Krabbenfleisch zu wählen, weil er annahm, dass das teurer war, und davon ausging, dass sie bezahlte. Dazu nahm er eine große Tasse schwarzen Kaffee und ein einfaches Donut. Während sie in ihrer Handtasche kramte, suchte er sich einen Tisch. Dann gesellte sie sich zu ihm, worauf er ihr spöttisch mit der Tasse zuprostete.
»Auf ein paar muntere gemeinsame Tage«, sagte er.
»Es werden mehr als nur ein paar Tage werden«, erwiderte sie. »Je nachdem, wie lange es dauert.«
Er trank einen Schluck Kaffee und dachte über die Zeit nach.
»Was hat dieser dreiwöchige Zyklus zu bedeuten?«, fragte er.
Sie hatte sich für Käse mit Vollkornweizenbrot entschieden und pulte gerade mit dem kleinen Finger einen Krümel aus dem Mundwinkel.
»Wir sind uns da nicht ganz sicher«, antwortete sie. »Drei Wochen sind eine merkwürdige Zeitspanne. Sie bezieht sich nicht auf die Mondphasen. Ein Drei-Wochen-Rhythmus hat kalendarisch keinerlei Bedeutung.«
Er rechnete im Kopf kurz nach. »Einundneunzig potenzielle Opfer. Wenn er alle drei Wochen eins umbringt, braucht er fünfeinviertel Jahre, bis er durch ist. Das ist ein verflucht langwieriges Unternehmen.«
Sie nickte. »Wir glauben, dass dieser Rhythmus durch äußere Umstände bestimmt wird. Vermutlich würde er schneller zuschlagen, wenn er könnte. Daher nehmen wir an, dass
es mit seiner Arbeitszeit zusammenhängt. Vielleicht hat er jeweils zwei Wochen Dienst und danach eine Woche frei. In dieser einen Woche beobachtet er sie, organisiert alles und tötet sie dann.«
Reacher sah seine Chance. Nickte.
»Gut möglich«, meinte er.
»Welcher Soldat könnte also für einen derartigen Dienstplan in Frage kommen?«
»Derart regelmäßig? Möglicherweise einer von der schnellen Eingreiftruppe, der zwei Wochen Bereitschaft hat und danach eine Woche Urlaub.«
»Wer ist bei der schnellen Eingreiftruppe?«
»Die Marineinfanterie, ein paar andere Infanterieeinheiten.«
Dann schluckte er. »Und ein paar Jungs von den Special Forces.«
Er wartete darauf, dass sie den Köder schluckte.
Sie nickte. »Jemand von den Special Forces wüsste, wie man einen Menschen auf unauffällige Art und Weise tötet, stimmt’s?«
Er nahm sich sein Sandwich vor. Das Krabbenfleisch schmeckte wie Tunfisch. »Lautlos, ohne Waffe, je nachdem, wie’s kommt, schätze ich. Aber ob sie’s unauffällig machen, weiß ich nicht. Dieser Kerl will etwas vertuschen, nicht. Den Special Forces geht’s darum, die Leute totzukriegen, so viel steht fest, aber sie scheren sich nicht darum, ob sich hinterher jemand wundert, wie sie’s gemacht haben.«
»Was würden Sie also sagen?«
Er legte das Sandwich beiseite. »Ich will damit sagen, dass ich keine Ahnung habe, wer was warum oder wie macht. Und mir ist auch nicht klar, woher ich das wissen sollte. Sie sind doch die große Expertin. Sie sind diejenige, die Landschaftsgärtnerei studiert hat.«
Sie wollte gerade einen Bissen nehmen, hielt aber inne.
»Wir erwarten mehr von Ihnen, Reacher. Und Sie wissen ja, was wir tun, wenn wir es nicht bekommen.«
»Ich weiß nur, was ihr angeblich machen wollt.«
»Wollen Sie es darauf ankommen lassen?«
»Sie sind sich aber auch darüber im Klaren, was ich mit Ihnen anstelle, wenn ihr was passiert, oder?«
Sie lächelte. »Wollen Sie mir etwa drohen, Reacher? Einem Bundesagenten? Sie verstoßen schon wieder gegen das Gesetz. Artikel 18, Paragraph A-3, Absatz 4702. Allmählich handeln Sie sich wirklich eine ganze Reihe von Anklagepunkten ein, so viel steht fest.«
Er wandte sich ab, ohne etwas zu erwidern.
»Machen Sie mit, dann ist alles okay«, sagte sie.
Er trank seine Tasse leer und sah sie über den Rand hinweg an. Musterte sie mit starrem, ausdruckslosem Blick.
»Macht Ihnen die Sache moralisch zu schaffen?«, fragte sie.
»Gibt es dabei überhaupt so was wie Moral?«, gab er zurück.
Ihre Miene veränderte sich. Sie wirkte leicht verlegen, ein bisschen sanfter, nickte. »Ich weiß, mir hat das früher ebenfalls zu schaffen gemacht. Ich konnte es kaum glauben, als ich von der Akademie kam. Aber das FBI weiß, was es tut. Ich habe das ziemlich rasch begriffen. Es geht doch darum, wie man für alle Betroffenen das Bestmögliche herausholen kann. Wenn wir auf Unterstützung angewiesen sind, bitten wir zunächst darum,
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