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Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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darin? In der Farbe?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er ertränkt sie nicht. Sie sind bereits tot, wenn er sie hineinlegt. Aber sie sind von oben bis unten grün.«
    »Wie das? Malt er sie etwa an?«
    Sie gab wieder Gas, wollte offenbar die verlorene Zeit wettmachen. »Nein, er malt sie nicht an. Er legt sie einfach in die Wanne und kippt Farbe über sie, bis zum Rand. So dass sie von Kopf bis Fuß damit bedeckt sind.«
    »Sie liegen also in einer Wanne voller grüner Farbe?«
    Sie nickte. »Genau so hat man sie vorgefunden.«
    Er schwieg, wandte sich ab und schaute aus dem Fenster. Im Westen klarte der Himmel auf. Allmählich wurde es wieder heller. Das Auto raste dahin. Das Regenwasser spritzte unter den Reifen auf und klatschte an den Unterboden. Mit ausdrucksloser Miene blickte er gen Westen, auf die endlos sich hinziehende Straße, und stellte mit einem Mal fest, dass er glücklich war. Endlich ging es wieder irgendwo hin. Endlich war er wieder unterwegs. Er kam sich vor wie ein wechselwarmes Tier nach dem Winterschlaf, wenn das Blut wieder in Wallung gerät. Sein alter Wandertrieb meldete sich zu Wort. Nun bist du also wieder froh und glücklich , sagte er. Du hast sogar einen Moment lang vergessen, dass du droben in Garrison ein Haus am Hals hast.
    »Ist alles okay?«, fragte Lamarr.
    Er wandte sich ihr zu, aber es dauerte einen Moment,
bis er sie richtig wahrnahm, das blasse Gesicht, die dünnen Haare, die schiefen Zähne.
    »Beschreiben Sie mir die Farbe?«, fragte er leise.
    Sie warf ihm einen fragenden Blick zu.
    »Es handelt sich um Tarnfarbe, das typische Militärgrün«, sagte sie. »Glanzlos. Hergestellt von einer Firma in Illinois, die das tonnenweise umsetzt. Nicht älter als elf Jahre, weil man seither eine neue Produktionsmethode anwendet. Mehr konnten wir noch nicht herausfinden.«
    Er nickte geistesabwesend. Er selbst hatte noch nie damit umgehen müssen, aber er sah all die Baracken, Bunker und Panzer vor sich, die damit gestrichen waren.
    »Das gibt eine ziemliche Schweinerei«, meinte er.
    »Er hat keinen Tropfen davon verschüttet. An keinem der drei Tatorte.«
    »Die Frauen waren bereits tot«, sagte er. »Sie haben sich nicht gewehrt. Deshalb ist nichts übergeschwappt. Aber das heißt, dass er sie hinterher reingelegt haben muss. Wie viel Farbe braucht man, um eine Wanne zu füllen.«
    »Etwa hundert bis hundertzwanzig Liter.«
    »Das ist ein ganze Menge. Sie muss für ihn also etwas Bestimmtes bedeuten. Haben Sie sich schon mal überlegt, worauf sich das beziehen könnte?«
    Sie zuckte die Achseln. »Eigentlich nicht, abgesehen davon, dass es etwas mit dem Militär zu tun haben muss. Möglicherweise will er irgendeinen Anspruch auf sie erheben. Deshalb die Zivilkleidung, deshalb die Tarnfarbe, als ob er sie wieder dahin zurückversetzen möchte, wo sie seiner Meinung nach hingehören, zum Militär. Sie sind regelrecht darin eingebettet, müssen Sie wissen. Nach ein paar Stunden trocknet das Zeug. Es bildet eine feste Haut an der Oberfläche und wird darunter allmählich sülzig. Wenn man es lange genug stehen lässt, wird es vermutlich durchgehend fest. Und sie liegen drin, wie in Kunstharz eingegossen.«
    Reacher schaute nach vorn. Am Horizont wurde es wieder heller. Sie ließen die Schlechtwetterfront allmählich hinter sich. Rechts von ihm, in Pennsylvania, leuchteten die Wiesen sattgrün in der Sonne.
    »Diese Farbe ist ein Wahnsinnsding«, sagte er. »Hundert bis hundertzwanzig Liter? Eine Riesenladung. Dazu braucht man ein großes Fahrzeug. So was fällt doch auf. Wenn sich jemand derartige Mengen besorgt. Und dann muss er sie noch ins Haus schaffen. Aber keiner hat was gesehen?«
    »Wir haben sämtliche Nachbarn befragt. Niemand hat was bemerkt.«
    Er nickte nachdenklich. »Die Farbe ist der Schlüssel. Woher hat er sie?«
    »Wir haben keine Ahnung. Die Army war bislang nicht gerade kooperativ.«
    »Wundert mich nicht. Die Army kann euch nicht ausstehen. Und außerdem ist es ihr peinlich. Weil es so aussieht, als könnte es sich um einen aktiven Soldaten handeln. Wer sonst sollte an derartige Mengen Tarnfarbe kommen.«
    Sie erwiderte nichts. Fuhr einfach weiter, immer in Richtung Süden. Inzwischen hatte der Regen aufgehört, und die Scheibenwischer scharrten quietschend über das Glas. Sie stellte sie mit einem kurzen, knappen Handgriff ab. Er hing seinen Gedanken nach. Überlegte sich, wie jemand an so viel Farbe kommen könnte. Jemand, der so verrückt war, einundneunzig Frauen

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