Zeit der Rache: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
umbringen zu wollen und sich für jede hundert bis hundertzwanzig Liter von dem Zeug beschaffen musste. Insgesamt also rund zehntausend Liter. Das waren etliche Tonnen. Ganze Lastwagenladungen. Möglicherweise war es ein Feldzeugmeister.
»Wie bringt er sie um?«, fragte er.
Sie umfasste das Lenkrad fester. Schluckte einmal, wandte den Blick aber nicht von der Straße.
»Wir wissen es nicht«, sagte sie.
»Ihr wisst es nicht?«, wiederholte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Die genaue Todesursache konnten wir bisher noch nicht feststellen.«
8
Einundneunzig sind es insgesamt, aber du musst nur sechs davon umbringen. Das sind also noch drei. Was machst du jetzt? Du denkst weiter nach und planst alles genau. Du überlegst, überlegst hin und her. Denn darauf beruht alles. Du musst sie überlisten. Die Opfer und die Polizei. Die zahllosen Ermittler, die hinter dir her sind. Und es werden immer mehr werden. Stadtpolizisten, Staatspolizisten, das FBI, die Spezialisten, die das FBI hinzuzieht. Allerlei neue Methoden, neue Ansatzpunkte. Du weißt, dass sie hinter dir her sind. Dass sie nach dir suchen. Dass sie dich finden werden, wenn du ihnen eine Chance gibst.
Die Ermittler sind knallhart, aber die Frauen machen es dir leicht. Etwa so leicht, wie du es erwartet hast. Mit übertriebenem Selbstbewusstsein hat das nichts zu tun. Nicht das Geringste. Die Opfer treten genauso ab, wie du es dir vorgestellt hast. Du hast lange und sorgfältig geplant, und die Planung war perfekt. Sie öffnen die Tür, sie lassen dich ein, sie gehen darauf ein. Sie lechzen förmlich danach, darauf einzugehen. Sie sind so blöd, dass sie es verdienen. Und es ist nicht schwierig. Nein, ganz und gar nicht schwierig. Es ist heikel. Es ist wie alles andere auch. Wenn du ordentlich planst, wenn du alles bedenkst, wenn du es richtig vorbereitest, wenn du es vorher probst, dann ist es einfach. Es ist ein technischer Vorgang, so wie du es von vornherein erwartet hast. Wie eine Art Wissenschaft. Es darf nichts anderes sein. Du machst dieses, dann machst du jenes und dann das, und danach bist du fertig, hast deine Schäfchen
im Trockenen. Noch drei. Das ist alles. Das genügt. Der schwere Teil ist vorüber. Aber du denkst weiter nach. Du überlegst, überlegst hin und her. Es hat einmal funktioniert, es hat zweimal funktioniert, und es hat auch ein drittes Mal funktioniert, aber du weißt, dass nichts selbstverständlich ist. Du weißt das besser als jeder andere. Folglich denkst du weiter nach, denn das Einzige, das dir jetzt gefährlich werden kann, ist deine Selbstzufriedenheit.
»Sie wissen es nicht?«, sagte Reacher noch mal.
Lamarr schrak hoch.
»Was?«, sagte sie.
»Woran sie gestorben sind.«
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Nein, genau genommen nicht.«
Er warf ihr einen Blick zu. »Ist alles okay?«
»Was soll denn nicht okay sein?«
»Sie wirken erschöpft.«
Sie gähnte. »Ich bin ein bisschen müde. Es war eine lange Nacht.«
»Tja, dann passen Sie gut auf.«
»Machen Sie sich etwa Sorgen um mich?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich mache mir um mich Sorgen. Sie könnten einschlafen und von der Straße abkommen.«
Wieder gähnte sie. »Ist mir noch nie passiert.«
Er wandte den Blick ab. Stellte fest, dass er die Abdeckplatte des Airbags vor sich betastete.
»Ich bin okay«, sagte sie. »Nur keine Sorge.«
»Warum wisst ihr nicht, woran sie gestorben sind?«
Sie zuckte die Achseln. »Sie waren doch selbst Polizist. Sie haben Tote gesehen.«
»Und?«
»Worauf haben Sie dabei geachtet?«
»Auf Verletzungen, Wunden.«
»Genau«, sagte sie. »Wenn jemand ein paar Kugeln im Leib stecken hat, schließt man daraus, dass er erschossen wurde. Wenn jemandem der Schädel eingeschlagen wurde, spricht man von einer Gewalteinwirkung mittels eines stumpfen Gegenstands.«
»Aber?«
»Die drei lagen in einer Badewanne voller trocknender Farbe, stimmt’s? Die Kriminaltechniker nehmen die Leichen heraus, die Pathologen säubern sie, aber sie finden nichts.«
»Nicht das Geringste?«
»Nichts Eindeutiges, nicht auf Anhieb. Folglich untersuchen sie sie genauer. Sie finden aber immer noch nichts. Sie wissen, dass sie nicht ertrunken sind, denn bei der Leichenöffnung finden sie weder Wasser noch Farbe in der Lunge. Folglich suchen sie nach mikroskopisch kleinen äußeren Verletzungen. Aber sie finden nichts.«
»Keine Injektionsspuren? Oder Blutergüsse?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht das Geringste. Aber Sie
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