Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
Dienstvorschriften verstoßen?»
«Ja.»
«Ach, vergessen Sie’s. Wann kommen Sie zurück?»
«Wenn die Dinge hier geklärt sind.»
«Wie lange wird das dauern?»
«Einige Zeit.»
«Laura, ich warne Sie!»
«Buon giorno, Chef, und rufen Sie mich an, wenn Sie eine Auskunft brauchen.»
Laura ließ sich rücklings aufs Bett fallen und starrte zum ramponierten Baldachin hinauf. Das Zimmer sah noch immer aus wie nach einem Erdbeben.
«Irgendwer hat Hardenbergs Dossier an meinen Chef geschickt, Angelo. Er hatte wohl vorgesorgt. Unsere Theorie ist keine mehr.»
«Was sagst du da?» Er schüttelte den Kopf, um schneller wach zu werden.
«Alles, was wir uns gestern in der Trattoria zusammengebastelt haben, entspricht der Realität. Wenigstens weitgehend.»
«Erstaunlich», murmelte Guerrini.
«Jetzt lassen wir die anderen arbeiten, einverstanden?»
Er nickte.
«Wenn wir Maltempo und dem Staatsanwalt …»
«… und meinem Questore und Tommasini, meinem Vater und Eliseo Salvia …»
«… alles erzählt haben, Santa Caterina! Dann zeig mir bitte Bagno Vignoni.»
«Wieso denn ausgerechnet Bagno Vignoni? In der Nähe hat Massimo sein Landhaus. Für mich hat dieser Ort inzwischen schlechtes Karma.»
«Noch ein Grund hinzufahren. Befreien wir ihn vom schlechten Karma. Und Massimo wird ja wohl nicht bleiben, oder? Mein Vater hat gesagt, dass Bagno Vignoni einen ganz besonderen Zauber hätte und dass sogar die heilige Caterina dort gebadet …»
«Bene, wir fahren nach Bagno Vignoni, wenn wir mit allem fertig sind. Aber jetzt brauche ich eine Dusche und einen starken Espresso!»
Später stellten sie gemeinsam mit Capitano Maltempo fest, dass Susanne Ullmann verschwunden war.
«Sehen Sie», murmelte Laura, und Guerrini versetzte ihr einen Stoß mit dem Ellbogen. Maltempo tat so, als hätte er nichts gehört. Immerhin hatte Cesare Musco bereits in der Nacht ausgepackt, nachdem der Capitano und ein paar Kollegen ihn sehr intensiv befragt hatten. Silvia Hardenberg und ihre Tochter wollten nun doch noch in Florenz bleiben und auf die Freigabe der Leiche warten. Allerdings hatte ihr Anwalt ein anderes Hotel besorgt.
«Wir sind fertig», sagte Laura.
«Noch haben wir Siena vor uns», erwiderte Guerrini. «Es ist ein bisschen wie bei Dante. Man stolpert von einer Hölle in die andere, bis man endlich ins Paradies schauen darf. Das aber nur kurz!»
Paolo Massimo würdigte Staatsanwalt Cichetto keines Blickes, als dieser ihm die näheren Umstände seiner unerwarteten Freilassung erläuterte. Mitten in Cichettos Rede begann er zu packen und zwang dadurch den Staatsanwalt, hinter ihm herzulaufen. Antonella holte ihren Chef ab. Er stieg in ihren dunkelblauen Alfa, ohne zurückzublicken. Innerlich hatte er bereits beschlossen, dieses Landhaus zu verkaufen. Egal, was seine Frau dazu sagte.
Seine neugewonnene Energie verlor jedoch schnell an Schwung, als Antonella ihm, so schonend wie möglich, beibrachte, dass die Bankaktien, die auf Massimos Veranlassung hin zum Verkauf angeboten worden waren, inzwischen alle im Besitz der Hardenberg Bank waren. Es handle sich schlicht um eine feindliche Übernahme, obwohl der Vorstandsvorsitzende der Hardenberg Bank das dementiere.
Massimo wusste, dass der Krieg erst jetzt wirklich beginnen würde. Der Krieg um seine Bank und seine Macht. Jetzt kam es darauf an, so schnell wie möglich diesen Dr. Mertens zu durchleuchten. Mit Sicherheit würden seine Spezialisten etwas finden, wo man ansetzen konnte. Man konnte bei jedem irgendwo ansetzen.
Den Fall des Commissario würde er im Augenblick ruhen lassen. Man konnte ja jederzeit auf ihn zurückgreifen.
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Epilog
Eine Woche später wurden Wolfgang Kirr und Susanne Ullmann in Frankreich gefasst. Laura und Guerrini erfuhren davon, als sie gerade ihre Füße in das warme Schwefelwasser tauchten, das in schmalen Bächen vom Becken der heiligen Caterina ins Tal lief. Gemeinsam mit ein paar Einheimischen genossen sie den milden Frühlingsabend. Alle saßen mit nackten Füßen um das rasch fließende Wasser herum. Es roch ein bisschen nach Schwefel, und Guerrini erzählte Laura, dass Dante, wie die meisten seiner Zeitgenossen, den Eingang zur Hölle in den zischenden Schwefelquellen und rauchenden Erdspalten der Colline Metallifere vermutete. Guerrini war sich darüber im Klaren, dass seine zahlreichen Traumata sich nur vorübergehend ruhig verhalten würden, und war bereit, sich ihnen zu stellen. Man gönnte ihm
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