Zeit der Skorpione: Laura Gottberg ermittelt (German Edition)
Kirr zwang Musco zu dem anonymen Anruf bei der Polizei, und damit war die Sache für ihn gegessen. Musco bekam eine Menge Geld, und ihm wurde angedroht, dass man ihm den Mord anlasten würde, wenn er auch nur ein Sterbenswörtchen verraten würde. Mich wundert, das Kirr ihn nicht umgebracht hat. Aber vielleicht war das selbst für einen wie ihn zu riskant. Tolle Hypothese, was? Dabei habe ich diesen Kirr nur einmal von hinten gesehen, als er mit dir im Hotel sprach.»
«Was machen wir jetzt?»
Guerrini bestellte zwei Gläser Spumante.
«Die Carabinieri sollen Musco in die Zange nehmen. In solchen Dingen sind die ziemlich gut. Wetten, dass er unsere Theorie bestätigt? Und du lässt deine Kollegen die Firma Saveguard auseinandernehmen.»
«Wer überbringt Paolo Massimo die gute Nachricht?»
«Du bist boshaft, Laura. Ich überbringe ihm diese Nachricht jedenfalls nicht! Das lassen wir Staatsanwalt Cichetto machen. Massimo wird ihn vermutlich hochkant rauswerfen.»
«Was ist, wenn alles ganz anders ist?»
«Dann lassen wir uns sofort in den einstweiligen Ruhestand versetzen und reisen in dein unbekanntes Land. Aber jetzt stoßen wir auf unsere kriminalistische Genialität an!»
Der Spumante schwappte ein bisschen über, und er war zu süß, doch das störte weder Laura noch Angelo. Ihr Hochgefühl wurde nur durch den Kellner ein wenig gedämpft, der darauf bestand, das Lokal zu schließen. Inzwischen war es halb zwei, doch sie waren zu begeistert, um die Müdigkeit zu spüren.
Im Hotel Palladio wachten noch immer die auffälligen Unauffälligen. Der Abend sei ruhig verlaufen, meldete der Tenente, der den Capitano inzwischen abgelöst hatte.
«Gibt es etwas Neues?», fragte er.
«Certo», erwiderte Guerrini. «Aber erst morgen früh.»
Als Laura am nächsten Vormittag erwachte, fühlte sie sich nicht mehr ganz so siegessicher wie in der Nacht zuvor. Sie hatte Mühe, Angelo zu wecken, der so tief schlief, als hätte er eine Betäubungsspritze bekommen. Ihr Kopf schmerzte, und ihr fiel ein, was sie gestern nicht gemacht hatte. Sie wusste zum Beispiel nicht, ob Sofia heil in London angekommen war. Inmitten der turbulenten Ereignisse hatte sie vergessen anzurufen. Nicht mal ihr Handy hatte sie eingeschaltet. Jetzt kramte sie es aus ihrem Rucksack und fühlte sich wie eine Rabenmutter. Fünf SMS warteten auf sie. Sofia schrieb, dass Patrick und seine Familie himmlisch seien und sie sich keine Sorgen zu machen brauche. Bei Ronald und Luca war alles in Ordnung, Claudia schrieb, dass es Peter Baumann ein bisschen bessergehe … und dann erklang das vertraute Brummen. Auch das war Claudia.
«Laura, bitte mach jetzt keine Dummheiten. Der Chef hat mir eben gesagt, du sollst ihn sofort anrufen.»
«Nein.»
«Doch!»
«Was will er denn?»
«Er hat einen dunkelroten Kopf.»
«Ist er wütend?»
«Eher aufgeregt.»
«Dann ruf ich ihn an. Grüß Peter.»
«Hast du was erreicht?»
«Glaub schon. Ciao und danke!»
Laura wählte Beckers Nummer, fühlte sich einer Auseinandersetzung mit ihm aber nicht gewachsen. Immerhin konnte sie so tun, als hätte sie keinen Empfang, falls er zu sehr brüllte.
«Guten Morgen, Chef», sagte sie freundlich, als er sich meldete.
«Morgen. Sie haben recht gehabt, Laura.»
«Wie bitte?»
«Es fällt mir, verdammt noch mal, nicht leicht, das zu sagen, deswegen wiederhole ich es nur einmal: Sie haben recht gehabt!»
«Oh.»
«Ja, oh! Gestern Nachmittag hat mir ein Eilkurier einen Memorystick zugestellt und einen Brief dazu. Raten Sie mal, von wem?»
«Von Leo Hardenberg.»
«Wieso wissen Sie das schon wieder?»
«Weil dieser Stick das Motiv für seine Ermordung ist. Auf ihm ist ein Dossier über die Firma Saveguard gespeichert und sicher noch einiges mehr. Stimmt’s?»
«Es stimmt. Ich hab die ganze Nacht am Bildschirm gesessen und gelesen. Dieser Hardenberg hätte zum Geheimdienst gehen sollen.»
«Was machen Sie jetzt, Chef?»
«Ich habe bei der Staatsanwaltschaft beantragt, dass sämtliche Firmenräume der Saveguard durchsucht werden. Wissen Sie, wo sich Wolfgang Kirr aufhält?»
«Gestern Abend war er noch in Florenz, aber ich denke, dass er inzwischen auf der Flucht ist. Ein internationaler Haftbefehl wäre hilfreich. Die italienischen Kollegen werden das auch veranlassen.»
«Woher wissen Sie das mit den Dossiers?»
«Ich habe mit Hardenbergs Frau gesprochen.»
«Sie sind in Florenz, nicht wahr?»
«Ja.»
«Ihnen ist klar, Laura, dass Sie gegen alle
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