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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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Minuten Fußweg entfernt. Früher einmal war das Gelände ein Vorwerk gewesen, das der Familie des Thyssenkonzerns gehört hatte. Jetzt hieß der Ort Manik Maya – ein obskurer Name, geheimnisvoll wie die ganze gottverlassene Umgebung. Die Postbotin hatte mich merkwürdig angesehen, als ich diesen erdachten Namen als Adresse angab. Inzwischen war man auf der Post daran gewöhnt; Briefe und sogar Telegramme kamen an. Das Wiesengras war trocken wie Zunder. Die Sonne flimmerte auf allen Wellenlängen. Sodom und Gomorrha! Das Hemd klebte mir nach zwei Minuten auf der Haut. Ich hatte einen Beutel und ein Messer mitgenommen. Auf der Wiese gediehen Champignons, Ringelnattern und Kreuzottern. Ich fürchtete diese Viecher, doch der Gedanke, erneut zwischen Bratkartoffeln und Konserven wählen zu müssen, trieb mich kreuz und quer durch das verfilzte Gras, ließ mich die Schlangen vergessen. Es liegt etwas Stures in diesem Suchen. Man geht und geht, stiert vor sich hin, als hätte man die Brieftasche verloren.
    Manik Maya lag etwa einen halben Kilometer hinter mir. Zwei Champignons waren meine Ausbeute. Stumpfsinnig trottete ich weiter, bis ich auf einmal stolperte, der Länge nach hinfiel. Mein Fuß war in einem Loch steckengeblieben. Es war nichts weiter passiert, trotzdem blieb ich noch einen Moment liegen, unterdrückte sogar den Fluch, der mir auf den Lippen lag. Ich schnupperte. Es roch nach Chemikalien und Arzneien, alles durcheinander, wie in einer Apotheke. Ich erhob mich, bemerkte vier weitere Löcher, ringförmig angelegt, jedes etwa einen halben Meter tief.
    Löcher auf einer Wiese, in den Boden gestampft – ein Phänomen, unzweifelhaft. An einigen Stellen niedergetretenes Gras. Ich überlegte. Tierfallen? Nein, die wurden anders angelegt. Wurde der Bau eines Heuschobers geplant? Wo befanden sich die Balken, wo das Arbeitsgerät? Nichts im weiten Umkreis war zu sehen, nur diese Löcher. Woher stammte der seltsame Geruch?
    Mir fiel das Geschwätz meines Nachbarn ein. Aufgeregt hatte er mir heute morgen eine verworrene Geschichte aufzutischen versucht. Angeblich sei in der Nacht ein Fuchs in seinen Hühnerstall eingebrochen. Bei der Verfolgung des Räubers habe er später – es war gegen Mitternacht – auf der Wiese ein großes, rundes Zelt bemerkt. Ich hatte ihn ausgelacht. Zu Unrecht, wie es den Anschein hatte; etwas mußte hier gestanden haben. Während ich nach einem Zusammenhang suchte und über die rätselhaften Löcher Vermutungen anstellte, dröhnte über dem Wald ein Hubschrauber. Er überflog die Wiese, zog eine Schleife und verschwand auf der anderen Seite in den Wipfeln der Bäume.
    In diesem Augenblick wurde mir alles klar. Mein Nachbar besaß gute Augen. Offenbar war in der Nacht eine militärische Übung abgehalten worden; sie hatten ein Zelt aufgebaut und es im Morgengrauen wieder abgerissen – eine einfache, logische Erklärung.
    Ich vergaß die Sache, nahm die Suche nach dem Mittagsmahl wieder auf. Langsam, mit dem hypnotischen Blick des Pilzsuchers, ging ich in großem Bogen nach Manik Maya zurück.
Ein mühsam errungener Erfolg hebt das Selbstbewußtsein. Meine acht Champignons, genau nach dem Kochbuch zubereitet, versöhnten mich mit meiner Umwelt. Ich verschob den Abwasch erneut auf den nächsten Tag, rekelte mich auf dem Sofa, trank ab und zu einen Kognak und steckte meine Nase in eines der gescheiten Bücher. Mit einem guten Dreistern gelang es zuweilen sogar mir, die Quanten des ehrenwerten Max Planck aus dem Gestrüpp des Unsichtbaren herauszulocken.
    Ich las, bis es dunkel wurde, stellte dann die Flasche mit den drei Sternen und auch die Physik ins Regal zurück. Draußen waren inzwischen schönere Sterne aufgegangen. Entgegen dem Wetterbericht hatte sich das Wetter gebessert, der Himmel war glasklar. Wie Trauben hingen die fernen Welten über mir. Sternschnuppen leuchteten auf, ein Forschungssatellit, hell wie ein Stern erster Größe, wanderte wie ein Schnelläufer von Süden nach Osten. Ich schleppte das Fernrohr hinters Haus, richtete das Objektiv auf den Saturn, dessen Staubring wie ein Heiligenschein aussah. Es war unterdessen stockfinster geworden. In der nahen Schonung schrie ein Rehkitz. Auf der Wiese sammelte sich Nebel. Der milchige Dunst sah aus wie ein See. Wenn der Nebel aufstieg, war es mit dem Beobachten vorbei. Einige Zeit hatte ich den Himmel nach Doppelsternen und Sternhaufen abgesucht, dann fesselte der Andromedanebel meine Aufmerksamkeit, eine ferne Galaxis,

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