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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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und der Atem vergeht mir. Bis jetzt hat es regelmäßig wieder angefangen zu schlagen – aber eines Tages wird es das nicht mehr tun.«
    Grey hatte den Blick auf Carruthers’ Hand gerichtet, deren Zwergenhand sich in die größere Schwester schmiegte, so dass es aussah, als umschlösse Charlies Handfläche eine seltsame Blume. Jetzt öffneten sich beide Hände langsam, und ihre Finger bewegten sich in einem seltsam schönen Gleichmaß.
    »Also gut«, sagte er leise. »Erzähle es mir.«
    Versagen bei der Unterdrückung einer Meuterei war eine seltene Anklage; schwer zu beweisen, weshalb es unwahrscheinlich war, dass jemand sie erhob, es sei denn, es spielten auch noch andere Faktoren eine Rolle. Was in diesem Fall zweifellos zutraf.
    »Kennst du Siverly?«, fragte Carruthers und legte sich die Papiere auf das Knie.
    »Nein. Ich vermute, er ist ein Schwein.« Grey wies auf die Papiere. »Aber was für eine Sorte Schwein?«
    »Ein korruptes.« Carruthers schob die Papiere so zurecht, dass ihre Kanten ordentlich übereinanderlagen, den Blick fest darauf gerichtet. »Das, was du gelesen hast, das war nicht Siverly. Es ist General Wolfes Anordnung. Ich bin mir nicht sicher, ob es darum geht, die Festung vom Nachschub abzuschneiden, um sie im Lauf der Zeit auszuhungern, oder darum, Druck auf Montcalm auszuüben, damit er Soldaten aussendet, um das Hinterland zu verteidigen, wo Wolfe sie angreifen könnte – wahrscheinlich beides. Aber er hat es bewusst darauf abgesehen, die Siedlungen auf beiden Seiten des Flusses in Angst und Schrecken zu versetzen. Nein, wir haben das auf Befehl des Generals getan.« Sein Gesicht verzog sich ein wenig, und plötzlich blickte er zu Grey auf. »Du erinnerst dich doch noch an die Highlands, John?«
    »Das weißt du ganz genau.« Niemand, der an Cumberlands Säuberung der Highlands beteiligt gewesen war, würde das je vergessen. Er hatte in Schottland viele Dörfer wie Beaulieu gesehen.
    Carruthers holte tief Luft.
    »Ja. Nun. Das Problem war, dass Siverly angefangen hat, die geplünderten Güter an sich zu nehmen – angeblich, um sie zu verkaufen und den Gewinn gerecht unter den Männern verteilen zu können.«
    »Was?« Das widersprach dem Usus der Armee, nach dem jeder Soldat ein Anrecht auf seinen Teil der Beute hatte. »Was glaubt er denn, wer er ist – ein Admiral?« Die Marine teilte Beutegelder gemäß einer Formel unter der Besatzung auf – doch die Marine war die Marine; die Besatzungen handelten viel mehr wie ein Mann, als es Armeekompanien taten, und es gab Marinegerichte, die sich um den Verkauf erbeuteter Schiffe kümmerten.
    Carruthers lachte über diese Frage.
    »Sein Bruder ist Kapitän. Vielleicht hat ihn das ja auf die Idee gebracht. Wie dem auch sei«, fügte er nüchtern hinzu, »er hat das Geld nie verteilt. Schlimmer noch – er hat angefangen, den Soldaten ihren Sold vorzuenthalten. Hat zunehmend später und später bezahlt, hat ihnen beim kleinsten Fehlverhalten die Bezahlung verweigert, hat behauptet, das Geld sei noch nicht eingetroffen – obwohl mehrere Männer mit eigenen Augen gesehen hatten, wie es von der Kutsche abgeladen wurde. Schlimm genug – aber immerhin bekamen die Soldaten noch gut zu essen und ordentliche Kleidung. Doch dann ist er zu weit gegangen.«
    Siverly begann, aus der Provisionskammer zu stehlen. Er zweigte Vorräte ab und verkaufte sie privat.
    »Ich hatte meinen Verdacht«, erklärte Carruthers, »aber keine Beweise. Doch ich hatte angefangen, ihn zu beobachten – und er wusste, dass ich ihn beobachtete, also ist er eine Weile vorsichtig vorgegangen. Den Gewehren konnte er jedoch nicht widerstehen.«
    Eine Lieferung von einem Dutzend neuer Gewehre, die den üblichen, Brown Bess genannten Musketen weit überlegen waren und in der Armee Seltenheitswert besaßen.
    »Ich glaube, es muss ein Amtsirrtum gewesen sein, dass sie uns überhaupt geschickt wurden. Wir hatten keine Gewehrschützen und daher auch eigentlich keinen Bedarf dafür. Deshalb hat Siverly wahrscheinlich gedacht, er käme damit davon.«
    Doch er war nicht davongekommen. Zwei Privatgefreite hatten die Kiste abgeladen, waren durch ihr Gewicht neugierig geworden und hatten sie geöffnet. Aufgeregt hatten sie den anderen davon erzählt – und die Aufregung war verärgerter Überraschung gewichen, als später statt neuer Gewehre Musketen mit deutlichen Gebrauchsspuren ausgeteilt worden waren. Die Empörung – die bereits wuterfüllt war – war eskaliert.
    »Angespornt

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