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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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durch ein Fass Rum, das wir in einem Wirtshaus in Levi konfisziert hatten«, sagte Carruthers mit einem Seufzer. »Sie haben die ganze Nacht getrunken – es war Januar, die Nächte hier sind im Januar verdammt lang – und dann beschlossen, sich auf die Suche nach den Gewehren zu machen. Und sie haben sie gefunden – unter den Bodendielen in Siverlys Quartier.«
    »Und wo war Siverly?«
    »In seinem Quartier. Sie haben ihm ziemlich übel mitgespielt, fürchte ich.« In Carruthers’ Mundwinkel zuckte ein Muskel. »Aber er ist durch ein Fenster entwischt und hat sich durch den Schnee zur nächsten Garnison durchgeschlagen. Zwanzig Meilen weit. Ihm sind zwar ein paar Zehen abgefroren, aber er hat es überlebt.«
    »Wie schade.«
    »Ja, das stimmt.« Wieder zuckte der Muskel.
    »Was ist denn aus den Meuterern geworden?«
    Carruthers atmete heftig aus und schüttelte den Kopf.
    »Die meisten sind desertiert. Zwei hat man erwischt und ziemlich prompt gehängt; drei andere haben sie später gefunden; sie sind hier im Gefängnis.«
    »Und du …«
    »Und ich.« Carruthers nickte. »Ich war Siverlys Stellvertreter. Ich wusste nichts von der Meuterei – einer der Fähnriche ist losgerannt, um mich zu holen, als die Männer Siverlys Quartier angesteuert haben –, aber ich war dort, bevor sie fertig waren.«
    »Es gab aber nicht viel, was du unter diesen Umständen hättest tun können, oder?«
    »Ich habe es nicht versucht«, gab Carruthers unverhohlen zu.
    »Ich verstehe«, sagte Grey.
    »Ach ja?« Carruthers betrachtete ihn mit einem schiefen Lächeln.
    »Natürlich. Siverly ist doch weiterhin bei der Armee und hat sein Kommando nicht abgegeben? Natürlich. Vielleicht hätte er aus purer Wut die zivile Klage gegen dich bevorzugt, aber du weißt ja genauso gut wie ich, dass man die Sache unter normalen Umständen wahrscheinlich auf sich hätte beruhen lassen, sobald die allgemeinen Fakten bekannt wurden. Du hast auf der Verhandlung vor einem Kriegsgericht bestanden, nicht wahr? Um das, was du weißt, an die Öffentlichkeit bringen zu können.«
    Angesichts seines Gesundheitszustandes schien Carruthers das Bewusstsein, dass er eine lange Gefängnisstrafe riskierte, nichts auszumachen. Sein Lächeln veränderte sich und wurde aufrichtig.
    »Ich wusste doch, dass ich mir den Richtigen ausgesucht habe«, sagte Carruthers.
    »Ich fühle mich außerordentlich geschmeichelt«, sagte Grey trocken. »Aber warum ich?«
    Carruthers hatte seine Papiere beiseitegelegt und lehnte sich nun ein wenig zurück, die Hände um sein Knie geschlossen.
    »Warum du, John?« Das Lächeln war verschwunden, und Carruthers’ graue Augen sahen ihn jetzt geradeheraus an. »Du weißt, was wir tun. Unsere Arbeit. Chaos, Tod, Zerstörung. Doch du weißt auch, warum wir es tun.«
    »Oh? Vielleicht hättest du die Güte, es mir zu sagen. Ich habe mich das immer schon gefragt.«
    In Charlies Augen glitzerte der Humor, doch seine Stimme war ernst.
    »Irgendjemand muss für Ordnung sorgen, John. Soldaten kämpfen aus allen möglichen Gründen, die meisten davon unredlich. Aber du und dein Bruder …« Er brach ab und schüttelte den Kopf.
    Grey sah, dass sein Haar von grauen Strähnen durchzogen war, obwohl er wusste, dass Carruthers kaum älter war als er selbst.
    »Die ganze Welt besteht aus Chaos, Tod und Zerstörung. Aber Menschen wie ihr – ihr findet euch damit nicht ab. Wenn es irgendwie und irgendwo Ordnung und Frieden in der Welt gibt – dann ist das deinetwegen so, John, und wegen der wenigen anderen, die so sind wie du.«
    Grey hatte das Gefühl, etwas sagen zu sollen, doch ihm fehlten die Worte. Carruthers erhob sich und kam zu ihm. Er legte ihm eine Hand – die linke – auf die Schulter und berührte mit der anderen sanft sein Gesicht.
    »Wie heißt es in der Bibel?«, sagte Carruthers leise. »Selig sind die, die es nach Gerechtigkeit hungert und dürstet, denn sie sollen satt werden? Mich hungert, John«, flüsterte er. »Und dich dürstet. Du wirst mich nicht enttäuschen.« Charlies geheimnisvolle Finger strichen ihm über die Haut, flehend, liebkosend.
    »ES IST DER USUS DER ARMEE, dass der Vorsitz eines Kriegsgerichts aus einem ranghohen Offizier und einer Anzahl weiterer Offiziere besteht, die dieser für geeignet befindet, das Gericht zu bilden, im Allgemeinen vier an der Zahl, möglicherweise mehr, jedoch nicht weniger als drei. Die angeklagte Person soll das Recht haben, Zeugen zu ihrer Unterstützung aufzurufen, und das Gericht

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