Zeit der Wut
Katze, die ihre Mama wieder gefunden hatte … Einsamkeit, schlechte Laune. Jonathan war kein glückliches Kind.
– Fahren wir noch einmal mit dem Raumschiff?
– Fahr allein, Liebling. Papa hat eine Verabredung.
Mit finsterem Gesicht blätterte Dantini die Zeitungen durch. Noch immer war von der brillanten Operation die Rede, die der slawischen Räuberbande den Garaus gemacht hatte. Die rechten Zeitungen jubelten, dass die Ordnungskräfte mit harter Hand durchgegriffen hatten, die linken zeigten sich etwas ratlos ob des Blutvergießens, aber auch nicht mehr als sonst. Niemand trauerte um vier blutrünstige Idioten.
– Hallo, Papa!
Jonathan kam zu ihm gelaufen und schwenkte die Arme. Gleich darauf verschwand das Kind hinter der gedrungenen Gestalt von Kommissar Mastino.
– Hast du gesehen, Chef? Wir sind Helden.
Seit dem bewussten Tag hatte Dantini keinen Frieden mehr gefunden. Er hatte versucht, dem einen oder anderen großen Tier seine Zweifel mitzuteilen, aber man hatte ihm geraten, die Sache zu vergessen. Alle hielten die Operation für einen großen Erfolg der Ordnungskräfte. Bei den Umfragen hatte die Polizei an Sympathie gewonnen. Warum im Trüben fischen? Ein Polizeipräfekt, dem er mit seiner Jammerei auf die Nerven ging, hatte ihm vorgeworfen, mit den Globalisierungsgegnern zu sympathisieren. Dantini hatte ernsthaft überlegt zu kündigen. Aber das Handtuch zu werfen, wäre einem Hochverrat gleichgekommen. Ein Leben lang hatte er dafür gekämpft, dass die Polizei den faschistischen Hautgout verlor. Er war nicht in Genua gewesen, aber er kannte jeden einzelnen, der am Massaker in der Diaz-Schule und in der Bolzaneto-Kaserne beteiligt gewesen war. Er hatte darum gebeten, in die interne Untersuchungskommission aufgenommen zu werden, aber sie hatten zu ihm gesagt, er würde „auf erster Ebene“ gebraucht. Mastino gehörte derselben Rasse an. Gewalttätig und dumpf. Vielleicht sogar schlimmer. Faule Äpfel. Nur sein alter Freund Lupo war ihm noch geblieben. Er wusste, dass er in Alaska unterwegs war. In einigen Stunden würden sie sich treffen, und er würde ihm seinen Verdacht mitteilen. Davor wollte er jedoch Mastino noch eine letzte Chance geben.
– Was ist, Chef? Sie bestellen mich doch nicht am Sonntagvormittag hierher, um mit mir Autoskooter zu fahren, oder?
– Ich möchte den Namen des Informanten, Mastino.
– Du bist verrückt, Chef.
– Nenn mir den Namen, und ich lasse mich davon überzeugen, dass die Sache nicht so gelaufen ist, wie ich glaube.
– Und wie ist sie denn gelaufen?
– Pilić war dein Freund. Dein Geschäftspartner. Du hast ihn nicht verfolgt, sondern ihm Informationen zukommen lassen, wo und wie er seine Coups landen konnte. Und hast schön mitgeschnitten. Dann ist irgendetwas schiefgelaufen. Das Abkommen wurde aufgekündigt, und in diesem Augenblick sind Pilić und die Seinen zu einer tödlichen Gefahr geworden. Und du hast dich von ihm befreit.
Mastino grinste halbherzig. Der Kommandant hatte recht, wie immer. Dieser Dantini wusste einfach nicht, wie man sich benahm.
– Papa, schau mir zu!
Dantini lächelte seinem Kind zu, das gerade vorbeifuhr. Mastino betrachtete das Raumschiff, die gleichzeitig blinkenden Waffen. Und er schwor sich insgeheim, einen fetten Betrag in den Fonds der Polizistenwaisen einzuzahlen. Der Kleine konnte ja nichts dafür, dass sein Vater sich nicht zu benehmen wusste.
– Ich habe nichts zu sagen, Chef.
Dann warf er die Zigarette auf den Boden und machte sie mit dem Absatz aus, ohne auf eine Antwort zu warten.
10.
Sie hatten ihm den Auftrag gegeben, einen Mann zu erschießen. Das war die Abmachung. Ein Leben für seine Freiheit. Und Rossana. Sie hatten ihm rosa Pillen zu schlucken gegeben und ihm eine Pistole mit Schalldämpfer in die Hand gedrückt.
– Sie ist völlig lautlos und niemand wird auf dich achten, du bist mitten in der Menge. In dem Augenblick, in dem sie es bemerken, bist du schon weit weg, und wir werden deine Flucht organisieren, wir beschützen dich. Dann seid ihr frei. Du und das Mädchen.
Der Fette hatte ihn aufs Neue zum Guckloch geführt. Sie hatten Rossana auf eine Matratze gelegt, sie zugedeckt. Sie schlief.
– Siehst du? Wenn du brav bist, tun wir ihr nichts. Wenn du nicht brav bist, bringen wir sie vor deinen Augen um. Aber zuerst brechen wir ihr alle Knochen. Weißt du, wie sich eine mit gebrochenen Knochen anfühlt? Wie ein Schlauch ohne Luft …
Er hatte versucht zu verhandeln
– Ist gut. Aber
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