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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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ihr lasst sie sofort frei.
    Der Fette hatte ihn aufs Neue geschlagen.
    – Du diktierst hier nicht die Bedingungen, Kommunistenarschloch. Hier befehlen wir, merk dir das.
    Dann hatte der Kleine eine Kopfbewegung gemacht, der Fette hatte geseufzt und war in das Zimmer mit dem Stuhl gegangen.
    Etwas später war Rossana nicht mehr drin. Bevor ihn der Kleine hinausführte, hatte er ihm das leere Zimmer gezeigt.
    – Du siehst sie wieder, wenn alles vorbei ist.
    Die Pillen begannen langsam zu wirken. Die Umrisse des Fetten verschwammen und wurden verzerrt wie unter Wasser.
    – Wir folgen dir Schritt auf Tritt. Wir haben sie. Wenn du einen Rückzieher machst, stirbt sie.
    Und so stand er plötzlich in der Menschenmenge im Vergnügungspark. Die Musik war unerträglich laut. Sein Kopf drohte zu platzen. Sie waren da, irgendwo. Er spürte ihre Anwesenheit. Sie kontrollierten ihn, umzingelten ihn …
    – Geh an die Kasse des Riesenrads und bleib dort stehen. Wir sind hinter dir. Wir haben sie. Wenn du einen Fehler machst, stirbt sie.
    Dann hatten sie ihm flüsternd den Mann gezeigt, den er erschießen sollte. Einen x-beliebigen Mann. Einen normalen Mann. Vielleicht nur etwas größer als normal. Einen Mann mit einem Bündel Zeitungen unter dem Arm. Er unterhielt sich mit einem anderen, der kleiner war als er. Guido erkannte ihn. Es war der Kleine, der ihm die Abmachung vorgeschlagen hatte. Oder sein Zwillingsbruder.
    – Los!
    Es ist kein Mensch. Es ist nur eine Zielperson. Eine Zielperson, die sie in die Falle gelockt haben. Und ich soll das Fangeisen sein. Diese unerträgliche Musik. Die Raumschiffe, die Kinder, die Farben … Ein Kind winkte der Zielperson zu, die Zielperson lächelte und winkte zurück. Der kleine Stämmige drückte mit dem Absatz eine Zigarette aus. Guido hob die Waffe und ließ sie wieder sinken. Er würde es nicht tun. Salonkommunist. Ok, wie ihr wollt. Aber er würde diesen Mann nicht erschießen. Wenn das Krieg war, stand er auf der anderen Seite. Wenn das Krieg war, wollte er nicht kämpfen. Plötzlich fühlte er sich heiter, im Frieden mit sich selbst. Ich bin kein Mörder. Werde nie einer sein. Er versuchte die Pistole in die Tasche zu stecken, als er bemerkte, dass der Mann, den er nicht erschießen würde, in seine Richtung starrte. Zuerst war sein Blick besorgt, dann runzelte er erstaunt die Stirn. Eine Welle des Mitleids für das unbekannte Opfer schlug über ihm zusammen. Am liebsten hätte er geschrieen: „Lauf weg, bring dich in Sicherheit, ich werde nicht dein Mörder sein …“ Aber der Mann griff sich mit der Hand an die Brust und beugte sich nach vorne.
    Wer hatte auf ihn geschossen?
    Dann sah Guido das Mündungsfeuer, spürte den Schlag, etwas explodierte in seiner Brust. Ein paar Schritte von dem erloschenen Gesicht des Mannes entfernt, der von jemand anderem, nicht von ihm, erschossen worden war, ging er zu Boden. Mit einem letzten Zucken hielt er sich an etwas fest und dann schwanden ihm die Sinne.
    Mastino stürzte nach vorne, mit der noch rauchenden Beretta in der Hand. Die Arbeit musste zu Ende gebracht werden. Er hatte auf das Herz gezielt, der Schuss hätte tödlich sein müssen, aber man konnte ja nie wissen. Man durfte nichts dem Zufall überlassen. Eine Touristin mit roten Haaren war mitten auf der Bildfläche erschienen, gelähmt vor Schreck, der Junge hielt sich mit der Hand an ihrem Knöchel fest. Er ließ ihn nicht aus. Die Frau stand genau in der Schusslinie. Mastino schrie ihr zu, sie solle sich in Sicherheit bringen. Sie rührte sich nicht vom Fleck und begann zu schreien. Aus allen Richtungen kamen Leute gelaufen. Jemand schrie: „Ruft die Polizei!“ Zu viele Menschen kamen gelaufen. Mastino ließ die Waffe sinken und schwenkte den Ausweis. Weitermachen wäre zu riskant gewesen. Um den Jungen würde er sich später kümmern.

Dritter Teil
Lupo

1.
    Es ist ein Wunder, dass er lebt. Die Kugel ist von einer Rippe abgeprallt, hat nur um ein paar Millimeter das Herz verfehlt und den linken Lungenflügel durchschlagen.
    – Kann er sprechen?
    – Sie verstehen mich nicht. Er liegt im Koma. Es ist zur DIC gekommen …
    – Bitte?
    – Disseminierte intravasale Koagulopathie. Es handelt sich …
    – Er wacht wieder auf, nicht wahr, Doktor?
    – In solchen Fällen kann man das nie sagen.
    – Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, auf einer Skala von eins bis zehn?
    – Wetten Sie gern?
    – Nicht besonders. Ich wollte mir nur ein Bild machen.
    – Sagen wir fünf. Mit

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