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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Nun, ich finde, das ist nichts Schönes …, stellte Perro fest.
    – Und ich sage, du hast recht, unterstützte ihn Sottile. ’Ne Straße von Schwulen, wer hat denn so was schon mal gesehen?
    – Worauf warten wir dann noch?
    Endlich wussten sie, was der Zeit, die im aufgeregten Takt ihres Herzschlags verging, einen Sinn geben würde. Sie fielen in der Via San Giovanni in Laterano ein, wo die kleinen Abendlokale gerade aufmachten. Als sie zehn Minuten später wieder gingen, war die Straße ein Schlachtfeld, und auf dem Boden lagen vier Schwule, die so bald nicht mehr aufstehen würden.

4.
    Seit drei Jahren, hatte der Mann gesagt. Seit drei Jahren.
    Guido klopfte an die Tür zweier Wohnungen im zweiten Stockwerk. Ein riesiger fetter Schwarzer sagte, es gäbe keinen Stoff, und schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Eine alte Frau weigerte sich, mit ihm zu reden. Eine Wohnung im Erdgeschoss war leer, kein Schild am Eingang. Seit drei Jahren. Und dennoch hatte er sich nicht getäuscht. Es war das richtige Wohnhaus. Die Wohnung hatte sich im dritten Stock befunden. Rossana hatte hier gemeinsam mit Didier gewohnt. Er hatte in ihrem Bett geschlafen. Sie hatten sich geliebt. Von hier war er zu seiner „Mission“ aufgebrochen, die sein Leben verändert hatte … seit drei Jahren! Die ersten Schatten des Abends senkten sich auf die Via Caltanisetta. Eine der beiden Straßenlaternen war ausgegangen, die andere warf ein zartes Licht auf die schlanke Silhouette der Ducati Monster. Seit drei Jahren. Guido versuchte in aller Ruhe zu überlegen, welche Möglichkeiten es sonst noch gab. Der Typ vom Immobilienbüro log. Warum? Entweder er gehörte dazu … zu „irgendetwas“, das mit der Geschichte zu tun hatte, in die er verwickelt war. Oder: Rossana ist tot. Bei ihr war es ihnen gelungen, „die Arbeit zu beenden“. Aber das wollte er nicht glauben. Zweifellos gab es eine andere Erklärung. Sie war eine Hausbesetzerin. Sie wohnte in der Wohnung, während das Immobilienbüro geschlossen war. Hin und wieder machten Hausbesetzer so was. Sie besetzten vorübergehende eine Wohnung, dann … oder der Baron sagte die Wahrheit. Es war ein Betrug gewesen. Ein Spiegeltrick. Er hatte sein Leben wegen einer Illusion weggeworfen. Aber noch gab Guido nicht klein bei. Es gab noch eine zarte Spur. Didier. Paris. Er würde hinfahren. Er würde den Freak in Belleville auftreiben. Es würde schwierig werden, aber er würde es schaffen. Er hatte siebenhundert Euro in der Tasche, das Ergebnis einer von Flavio organisierten Kollekte, und einen alten, noch gültigen Personalausweis. Er konnte sofort aufbrechen. Die Eisenbahn war das bequemste und unauffälligste Verkehrsmittel. Als er zur Ducati ging, bemerkte er, dass eine Polizeistreife mit Blaulicht von der anderen Seite angefahren kam und sich dem Motorrad näherte. Gewiss, inzwischen hatte der Besitzer wohl schon Anzeige erstattet. So ein Schmuckstück kostete einen Haufen Geld. Wie meine Harley Davidson, dachte er mit einem Anflug von Nostalgie.
    Er versuchte sich so gut wie möglich gleichgültig zu wirken, er ging an den Polizisten, die aus dem Streifenwagen sprangen, vorbei, ohne sie anzusehen, bog um die erstbeste Ecke und verschwand auf der Via del Pigneto. Er konnte nicht wissen, dass drei Überwachungskameras alle seine Bewegungen aufgenommen hatten.

5.
    Der Polizist Corradi informierte Lupo, dass es dem Jungen gelungen war, sich der Überwachung zu entziehen.
    – Ich kann es mir nicht erklären, Chef. Er ist auf ein Motorrad gesprungen und … weg, wir hatten nicht einmal Zeit, um …
    – Ihr habt euch von einem Anfänger reinlegen lassen.
    Bei dem wütenden Fluch, der auf die entsetzte Feststellung folgte, musste Daria boshaft lächeln. Die Situation drohte zu kippen, aber wie Lupo einmal selbst gesagt hatte, ist das Lachen die Schwester der Tragödie. Lupo gelangte aber rasch wieder in den Besitz seiner Selbstsicherheit und berief rasch eine außerordentliche Sitzung ein, während der er sich bei seinen Mitarbeitern entschuldigte, anstatt ihnen eine ordentliche Kopfwäsche zu verpassen, wie sie erwartet hatten. Er hatte den Jungen unterschätzt, er hatte ihnen einen derartig heiklen Auftrag gegeben, ohne sie völlig einzuweihen, aufgrund seiner Eingenommenheit von sich selbst hatte er sie in so eine peinliche Situation gebracht – aus all diesen Gründen war er der einzig Schuldige.
    Kaum eine Stunde später wurde das Motorrad in einer Gasse zwischen Pigneto und der Casilina, in

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