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Zeit der Wut

Zeit der Wut

Titel: Zeit der Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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klargestellt, wie die Dinge lagen. Wegen einer Nase hin und wieder wird ein anständiger Junge noch kein Scheißjunkie. Nur die Schwachen gehen in die Falle und lassen sich vom Stoff kontrollieren. Wir hingegen kontrollieren den Stoff. Die Strafexpedition auf der
Gay Street
war etwas skeptisch beurteilt worden. „Seid brav“, hatte sie der Kommandant gewarnt, „bald wird es echten Krieg geben. Seid brav und lasst euch nicht ausgerechnet jetzt schnappen.“ Also Waffen in den Schrank und auf den Augenblick der Aktion warten. Im Augenblick herrschte Stillstand. Ruhe vor dem Sturm. Was die Frau des Senators anbelangte, so war sie zum Angriff übergegangen. Nach nur einer Stunde waren sie in der Wohnung gleich hinter dem Pantheon gelandet. Mit dreiundfünfzig Jahren war sie eine Art Wunder der Schönheitschirurgie und der Fitnessstudios. Glattes Gesicht, keine Falte auf dem Hals, kein Gramm Fett am falschen Ort.
    – Solang der Senator zahlt …
    Beim Ficken war sie beflissen, genau, pünktlich, fleißig. Sie sprach gerne von sich. Von ihrem Leben im Zeichen einer großen, verlorenen Liebe. Einer Art saudiarabischer Emir, mit dem sie leidenschaftliche Jahre in Brüssel verbracht hatte.
    – Aber er trank zu viel, und die Leber hat schlappgemacht. Er war ein außergewöhnlicher Mann.
    Dann folgten sieben magere Jahre. Die Zurückweisung durch seine Familie, die Feindseligkeit ihrer Familie, Kleinbürger aus dem Süden, aber das war gar nicht so sehr das Problem.
    – Geizig. Wirklich wie die Tiere, glaub mir. Du hast dich von dem Araber vögeln lassen, du hättest ihn ja nicht heiraten müssen, aber wenigstens eine kleine Villa hätte er dir überschreiben können. Jetzt kannst du sehen, wo du bleibst, mein Liebling!
    Aber sie hatte es geschafft, eine wie sie kam immer zurecht. Seit ihrer Kindheit wollte sie jeder Mann, den sie kennenlernte, vögeln. Und auch viele Frauen. Sie roch den Geruch der Erregung, sie sah in den Augen das plötzliche Aufleuchten des Begehrens.
    – Aber wenn mir einer gefällt, suche
ich
ihn mir aus.
    Die anderen musste man an der Leine halten. Sie benutzen. Doch dann war der Senator gekommen.
    – Ein zärtlicher Mann, wenn auch etwas willensschwach. Was willst du, er kommt aus dem anderen Lager … Stell dir vor, in seiner Jugend war er sogar Mitglied beim
Soccorso Rosso
. Ein großer, edler und idealistischer Anwalt. Natürlich war er faul und hat ebenfalls gerne tief ins Glas geschaut. Zum Glück hat er den Kommandanten kennengelernt, sonst hätte er ein schlimmes Ende genommen.
    Mit einem Wort ein Mann, der kaum Forderungen stellte, weitsichtig und überhaupt nicht selbstsüchtig war. Er machte Geschäfte mit dem Kommandanten und duldete ihre kleinen, unschuldigen Seitensprünge. Im Übrigen wollte sie gar nichts von den Geschäften der Männer wissen. Alissa interessierte sie schon viel mehr. Bei diesen Worten schaute sie Marco geradewegs in die Augen und begleitete die Geste mit einem schamlosen Lachen. Sie wusste es natürlich. Sie und Alissa waren sehr, sehr gut befreundet. „Um die Wahrheit zu sagen – und mit den Männern, die einen gesehen haben so wie wir uns jetzt, muss man ehrlich sein –, kannten wir uns schon früher.“ Um die Wahrheit zu sagen, hatte Alissa sie dem Senator vorgestellt.
    – Es war gerade eine so schwierige, albtraumhafte Zeit für mich …
    Sie würde ihr ewig dankbar sein.
    – Aber jetzt muss ich gehen. Er wartet in Ansedonia auf mich. Wahrscheinlich müssen wir unsere Spielchen für ein paar Tage unterbrechen. Er möchte, dass ich ihn nach Brüssel begleite.
    Sie kehrte also nach Brüssel zurück. Hatte ihm nicht Alissa von einem sehr exklusiven Bordell in Brüssel erzählt? Hatte Evelina dort ihre albtraumhafte Zeit überwunden?
    – Los, du Faulpelz, steh auf. Ich habe dir ja gesagt, dass ich es eilig habe.
    Merkwürdigerweise dachte er seit einiger Zeit nicht mehr an Alissa. In den letzten Tagen hatten sie sich nur aus der Ferne gesehen und einander ignoriert. Es war wie eine Abmachung: Was war, das war. Das Koks hatte die Angst hinweggespült, die er nach dem Besuch im Hotel de Russie verspürt hatte. Die WUT grummelte und hob wachsam das Haupt. Als Marco das SMS erhielt, war er schon angezogen.
    – Eine Frau?, fragte die Frau des Senators argwöhnisch.
    – Auch ich habe meine albtraumhaften Momente, antwortete er und versuchte gelassen zu bleiben. Während er sich darauf vorbereitete, Daria zu treffen, stellte er fest, dass er große Lust hatte,

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