Zeit des Aufbruchs
Hand, vergaß, daß er ein blutiges Messer hielt. »Ich habe Mara!«
Die Krieger änderten die Richtung, kamen auf ihn zu, sein rotgoldener Schopf ihr Leuchtfeuer im Chaos.
Plötzlich war Lujan bei ihm. »Steck das Ding weg!« brüllte er und zeigte auf das Messer. Er trat vor den Barbar und schlug mit den gepanzerten Unterarmen um sich, um den schlimmsten Ansturm abzufangen.
Kevin verbarg das Messer. Er drängte weiter, belastet mit einer zitternden Mara, die dennoch mutig weiterrannte. »Nein!« schrie er in ihr Ohr. »Du bist zu klein und außerdem barfuß. Ich muß dich tragen.«
Kevin verpaßte eine Stufe, trat ins Leere. Er stolperte, fing sich wieder, aufrecht gehalten durch den Druck der Menge. Sie hatten den Gang zwischen den äußeren Ebenen erreicht. Vage erkannte der Midkemier, daß Lujan ihren Weg mit Bedacht gewählt hatte: An der Mauer des Stadions, umgeben von einem Keil von Soldaten, war Maras Sänfte über den wogenden Köpfen zu erkennen, flatternde grüne Fähnchen inmitten des Chaos.
Donner grollte am Himmel, und der Stoß traf sie wie ein Schlag, als die Explosion viele der Fliehenden zu Boden riß.
Kevin eilte weiter, rannte in Lujans Richtung und spürte, wie der Krieger sich gegen den Aufprall wappnete. Doch er versagte. Beide Männer stolperten und fielen zu Boden. Seine Ohren dröhnten, aber dennoch nahm Kevin Mara auf die Schulter. Er kämpfte sich wieder auf die Beine, ungeachtet seiner zerschundenen Knie, und stürmte geradewegs auf die Sänfte zu. Die Menge hatte sich schnell wieder erholt, eilte in unbarmherziger Panik weiter, bis sein Ellenbogen und seine Seite schmerzhaft gegen Lujans Rüstung gepreßt wurden. Kevin hielt sich grimmig aufrecht und stolperte beinahe wieder, als sein Fuß in etwas hängenblieb, was sich wie ein Stoffetzen anfühlte.
Ein warmer Stoffetzen: noch ein Unglücklicher, der zu Tode getrampelt worden war.
Ein Opfer, wie es auch Mara sein würde, sollte er sie in diesem Chaos verlieren. Kevin bekämpfte die aufsteigende Übelkeit und griff nach ihrem Seidengewand, bis seine Knöchel vor Anstrengung kreideweiß waren.
In diesem Augenblick schoß eine Fontäne aus purer Energie aus der Arena empor, zog sich über den Himmel und die Wolken. Die Menge jammerte vor Bestürzung, die Köpfe nach oben gewandt, um etwas zu sehen. Von einer morbiden Faszination getrieben, versuchten einige besonders Dreiste sogar, den Andrang der Masse aufzuhalten, damit sie das Schauspiel besser betrachten konnten.
Kevin und Lujan nutzten die Pause, um die Mauer zu erreichen, wo Krieger in grünen Rüstungen sich um sie schlossen, ein Quell der Ruhe inmitten des Sturms. Als der Midkemier die bebende Lady abgesetzt hatte, erhob sich eine dröhnende Stimme über dem Chaos. »Daß ihr gelebt habt, wie ihr gelebt habt, und das jahrhundertelang, ist keine Entschuldigung für diese Grausamkeit. Alle hier werden jetzt beurteilt, und alle sind als mangelhaft erkannt worden.«
Der Magier: Milamber. Kevin spürte einen wilden Stolz, daß ein Mann aus dem Königreich es gewagt hatte, Mitgefühl und Erbarmen über die Dekadenz zu stellen.
Der Ton der Menge änderte sich leicht. Neugier und die ersten Anzeichen von verletztem Stolz ließen einige Leute erstaunte Rufe ausstoßen. Eine neue Bewegung machte sich in der Masse breit, als mehr und mehr Zuschauer ihre Flucht verlangsamten und sich bemühten, wieder zurück in die Arena zu gelangen.
»Sie sind Narren, wenn sie weiter hierbleiben«, rief Lujan. »Die Mistress muß sicher nach Hause gebracht werden.«
Kevin streckte seine Hand aus, um Mara zu stützen, sah das Blut an seiner Hand und erinnerte sich zu spät an das Messer. Er wollte die Waffe übergeben, doch Lujan schüttelte energisch den Kopf. «Ich habe nicht gesehen, wie du es genommen hast, und meine Augen sind blind, wenn du es zum Schutz unserer Lady einsetzt.«
Die Soldaten bildeten einen eng gestaffelten Ring, in dessen Mitte sich Mara, Kevin und ein halbes Dutzend Träger befanden. Ganz aus Gewohnheit nahmen die Sklaven ihre Positionen an den Sänftenstangen ein.
Dann hallte die Stimme des Magiers mit unnatürlicher Kraft durch das Stadion: »Ihr wolltet euch am Tod und der Entehrung anderer vergnügen. Nun, laßt sehen, wie gut ihr euch angesichts der Zerstörung haltet!«
Kevin schrie lauthals: »Zum Teufel mit der Sänfte! Rennt!«
Mara war immer noch ziemlich mitgenommen von der Aufregung, doch sie fand ihre Stimme wieder und rief: »Ja, wir müssen
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