Zeit des Aufbruchs
die Luft war erfüllt vom Krachen von zerberstendem Holz und Mauerwerk. Kevin kämpfte gegen das Heben und Senken der Erde an, um Mara zu erreichen, doch zwei Soldaten lagen bereits über ihr und schützten sie mit ihren Körpern.
Der Irrsinn wütete weiter, der Boden selbst schien sich wie ein gequältes Tier zu winden. Aus dem kaiserlichen Viertel ganz in der Nähe drang der Krach berstender Steine herüber, dröhnte und brüllte wie eine gewaltige Lawine. Der Lärm wütete weiter, unendlich wie die See, und dazwischen kreischten Zehntausende von Stimmen voller Entsetzen und Schmerz.
Dann, von einer Sekunde zur anderen, war die Erde plötzlich wieder still. Ruhe trat ein, und die Sonne schien durch einen Nebel aus aufgewirbeltem Staub. Die Straße lag in Trümmern, ein Schlachtfeld aus Geröll und stöhnenden Verwundeten. Die stillen, blutigen Toten lagen zerquetscht und zerdrückt zwischen Steinen und zerborstenem Holz.
Kevin stand mühsam auf. Blasen brannten auf seiner Wange, und seine Augen waren wund vom Staub. Als die Soldaten um ihn herum sich ebenfalls erhoben, half er Mara auf die Füße.
Er blickte in ihr verschmutztes Gesicht; Seidenfetzen hingen wie Spinnweben von ihrer zerfetzten Kopfbedeckung, und ihr Gewand klebte naß am Körper. Kevin unterdrückte den Wunsch, einen erleichterten Kuß auf ihre Lippen zu pressen. Statt dessen wischte er eine heruntergefallene Haarsträhne vom Ohrläppchen und brachte eines der Smaragdschmuckstücke zum Glänzen. Er holte zitternd Luft. »Wir haben Glück gehabt. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie es in der Arena gewesen sein muß?«
Maras Augen waren noch immer schreckgeweitet. Sie war jenseits jeder Bemühung, ihr Zittern zu verbergen, doch in ihrer Stimme schwang eine grimmige Ironie mit, als sie meinte: »Wir können nur hoffen, daß der Lord der Minwanabi zu lange bei den Spielen geblieben ist.«
Dann, als würde der Anblick der zerstörten Schönheit ringsum ihr plötzlich Schmerzen bereiten, gab sie Lujan ein knappes Zeichen. »Zurück zum Stadthaus, sofort.«
Lujan stellte die Kompanie wieder auf und begann, den Zug zurück durch die zerstörten Straßen Kentosanis zu führen.
Arakasi erschien später; seine Dienerkleidung war staubig und versengt. Das Haus der Acoma lag weit entfernt von der Arena und dem Zorn Milambers, und so gab es nur leichtere Schäden. Doch jetzt bewachte ein Dutzend Krieger das äußere Tor, und weitere standen im Hof. Der Supai hatte sich zum Haus zurückgeschlichen, und erst als er Lujan in der Eingangshalle erblickte, entspannte sich seine Haltung.
»Die Götter beschützen uns, du hast es geschafft«, grüßte der Kommandeur seinen alten Gefährten mit vor Gefühl rauher Stimme.
Im nächsten Augenblick wurde Arakasi nach oben geführt, wo er sich vor seiner Herrin verneigte.
Mara saß auf ihren Kissen; sie hatte frisch gebadet, war aber noch immer blaß von den Aufregungen des Tages. Ein aufgeschürftes Knie war unter dem Gewand zu sehen, und ihre Augen waren überschattet von einer Sorge, die sich beim Anblick des Supais legte. »Arakasi! Wie schön! Was für Neuigkeiten bringt Ihr?«
Der Supai beendete seine Verbeugung. »Mit Eurer Vergebung, Mylady«, murmelte er und hob die Hand, um sich mit einem schmutzigen Stück Stoff eine blutende Wunde an der Wange abzutupfen.
Mara winkte einer Zofe, die sofort verschwand, um Wundsalben und eine Schüssel mit Wasser zu holen. Der Supai wehrte sich gegen ihre Fürsorge. »Der Schnitt hat keine Bedeutung. Ein Mann versuchte, mich im Schutz der allgemeinen Verwirrung auszurauben. Er ist tot.«
»Einen Diener ausrauben?« fragte Mara zweifelnd. Die Ausrede war offensichtlich; viel eher hatte ihr Supai ihretwegen sein Leben riskiert. Doch sie fügte sich seinen Wünschen und belästigte ihn nicht mit weiteren Fragen.
Als Maras Gruppe das Tor zum Stadthaus erreicht hatte, war der Supai noch nicht wieder zurück gewesen, ebenso wie ein Teil ihrer Soldaten. Arakasi hatte eine kleine Garnison bei Jican gelassen und war dann zurück zur Arena aufgebrochen, doch der von Milamber verursachte Wahnsinn hatte sein Vorhaben unmöglich gemacht. Und in dem dann herrschenden Chaos hatten sich die zwei Gruppen verfehlt.
Die Zofe kehrte mit einem Korb voller Heilmittel zurück. Mara nickte Arakasi zu, der irritiert aussah, jedoch auf Druck seiner Herrin die Wange versorgen ließ.
Während die Zofe die Wunde des Supais betupfte, fragte Mara: »Was ist mit den anderen Soldaten?«
»Sie sind mit
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