Zeit des Aufbruchs
gut aussah wie nur wenige, drehte sich leichtfüßig auf dem Absatz um. »Beschämt, sagt Ihr! Das ist eine Beleidigung von einem, dessen Familie mich wie ein Instrument zu benutzen versuchte, um Lady Mara zu vernichten! Weder Ihr noch Desio ließet Euch jemals herab, mich, Euren gepriesenen Vasallen, so großzügig zu behandeln wie diese Lady zu der Zeit, da sie mich besiegt hatte!« Bruli spuckte verachtend auf die Treppe, auf der Tasaio stand. »Ich bin fertig mit den Minwanabi.«
»Ich werde dafür sorgen, daß die Länder Eurer Ahnen mit Salz bestreut werden und Euer Natami vernichtet wird!« schrie Tasaio in hysterischer Wut.
Die Drohung beeindruckte Bruli nicht. Ohne einen Blick zurückzuwerfen ging er weiter, bis er vor Mara stand. Dort verbeugte er sich offen vor ihr. »Manche mögen sagen, Ihr hättet am heutigen Tag Eure Familienehre verletzt, Lady Mara.« Er lächelte. »Ich denke das nicht. Trotz unserer früheren Unstimmigkeiten glaube ich tief in meinem Herzen, daß Ihr wirklich dem Kaiserreich dient. Möge vom heutigen Tag an Friede zwischen uns herrschen.«
Auch Mara lächelte. »Vor dem Hohen Rat erkläre ich Freundschaft zwischen den Kehotara und den Acoma.«
Tasaios Augen blitzten vor Wut und Enttäuschung. »Ihr mögt Ichindar in die Hand gespielt haben, Mara, doch dies ist nicht das Ende. Ich habe mein Wort gegeben, daß Ihr sicher nach Hause zurückkehren könnt, doch in dem Augenblick, da meine Kundschafter berichten, daß Ihr Acoma-Boden betreten habt, werde ich die gesamte Macht der Minwanabi auf Euch niederfahren lassen. Mehr noch.« Er drehte sich um und befahl laut schreiend denen, die noch hinter ihm standen: »Ich rufe die Clan-Ehre an! Die Acoma haben das Kaiserreich und den Clan Shonshoni entehrt! Krieg dem Clan Hadama!«
»Ich verbiete das!« schaltete Ichindar sich ein.
Tasaios Lächeln zeigte einen Ausdruck maßloser Bösartigkeit. »Fünfzigtausend Soldaten stehen bereit, um auf mein Kommando zu marschieren.« Obwohl das Tragen von Schwertern in der großen Halle nicht gebilligt wurde, hatte Tasaio sich darüber hinweggesetzt und zog jetzt zur Betonung seine Klinge. Das Licht spiegelte sich auf dem seltenen Metallschwert wie Feuer, während ein Aufschrei durch die Halle ging. Über den Lärm hinweg brüllte er mit der Stimme eines Befehlshabers: »Wenn Ihr dem ein Ende machen wollt, Ichindar, laßt es uns auf dem Schlachtfeld tun! Werden Eure Anhänger auch dann noch hinter Euch stehen?« Tasaios Gesicht war vor Aufregung gerötet.
Mara spürte plötzlich ein Frösteln durch ihren Körper laufen. Vor ihr stand ein Verrückter, der das Kaiserreich lieber in Schutt und Asche legen wollte, als zuzulassen, daß ein Rivale den Sieg davontrug. Benommen, da ihr schlimmster Alptraum jetzt wahr wurde, und in der schmerzhaften Erkenntnis, daß ihre Hoffnung durch die Launenhaftigkeit der Götter zunichte gemacht wurde, schloß sie die Augen, um ihre Qual zu verbergen. Wegen ihres Stolzes und ihres eigenmächtigen Versuchs, der Zukunft eine neue Form zu geben, würden mehr als nur die Acoma fallen. Sie riß die Besten der Mächtigen mit in den Untergang, und zu dieser furchtbaren Erkenntnis gesellte sich der persönliche Kummer, daß Ayaki sterben würde, bevor er ein Mann war, und Kevins ungeborenes Kind niemals einen Atemzug tun würde.
Mara fühlte sich ausgelaugt von der Verantwortung, denn wenn sie wirklich ehrlich war, war es nur ihretwegen zu dieser Situation gekommen. Ihre Handlungen waren es gewesen, die die Nation in den Bürgerkrieg trieben.
Benommen hörte sie Ichindar Worte des Bedauerns murmeln.
Sie war am Boden zerstört und konnte kaum sprechen, und so drehte sie sich um, um sich vor dem Licht des Himmels zu verbeugen. Als sie den jungen Mann ohne jedes Zeichen von Furcht stehen sah, zwang Mara sich zu sprechen: »Die Acoma stehen zu Eurem Befehl bereit, mein Kaiser.« Sofort gelobten viele Lords ihre Unterstützung, oder sie betonten die Distanz zwischen sich und ihren Nachbarn; das blutige Chaos war zu nah, um nicht deutlich zu machen, auf welcher Seite man stand. Jene, die keine Rolle in dem kommenden Zusammenstoß spielen wollten, versuchten, sich nicht mitreißen zu lassen.
In diesem Augenblick erklang aus einer Ecke der Halle eine Stimme mit eindeutiger Befehlsgewalt. »Es wird keine solche Auseinandersetzung geben!«
Der Aufruhr verstummte. Mara riß die Augen auf, als sie die Stille wahrnahm, während die Edlen um sie herum ungläubig emporschauten.
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