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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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dürfen. Der Kaiser von Tsuranuanni hielt nicht viel davon, ohne die Hälfte der Edlen seines Kaiserreichs zu verreisen, wie es schien. Kevin verzog die Lippen zu einem spöttischen Lächeln. Auf kaiserlichen Befehl bestand die Ehrengarde des Lichts des Himmels aus den Clanlords der Fünf Großen Clans und den ältesten Söhnen von knapp der Hälfte der anderen Lords in ganz Tsuranuanni.
    »Geiseln«, sagte der Midkemier geradeheraus. »Die Lords werden sich kaum dem Erlaß widersetzen und Unruhe stiften, solange ihre Erben in der Armee des Kaisers sind.«
    Plötzlich verblaßten die Fragen der Politik. Kevin schloß die Augen und versuchte sich den braunhaarigen Jugendlichen in der goldenen Rüstung vorzustellen, der an einem Tisch mit Borrics Sohn Lyam saß, der ebenfalls jung war … und wie ein Schlag traf Kevin die Erkenntnis, daß viel Zeit vergangen war. Der Krieg war weitergegangen, und Menschen waren gestorben, während er fort war. Er wußte nicht einmal, ob sein Vater und seine älteren Brüder noch lebten. Der Gedanke schmerzte, daß er einige Jahre vergessen hatte, sich um sie zu sorgen. Und mitten in diesem wunderschönen Innenhof, umgeben von fremdartigen Blumen und einer Frau aus einer Kultur, die ihm oftmals unvorstellbar grausam erschien, saß Kevin, dritter Sohn des Barons von Z ûn, holte tief Luft und versuchte herauszufinden, wer er war.
    »Doch warum sollte Ichindar dorthin gehen?« sinnierte Mara. Sie bemerkte nichts von Kevins innerem Aufruhr. »Es ist eine große Gefahr für das Licht des Himmels.«
    Ihre durch und durch tsuranische Sichtweise entfachte ein Feuer in ihm, und er wehrte sich entrüstet. »Glaubst du, unser König würde hierher kommen? Nachdem eure Krieger sein Land neun Jahre lang verwüstet haben? ›Vergeßt, daß wir Eure Dörfer niederbrannten, Eure Majestät. Tretet einfach durch dieses Tor in unsere Welt!‹ Wohl kaum. Erinnere dich, daß dieser König als Kommandeur mit der Armee seines Vaters beinahe von Beginn an im Feld gewesen ist. Er weiß, wem er gegenübertritt. Vertrauen wird im Königreich der Inseln ein äußerst schmaler Grat sein, solange eure Leute nicht das Gegenteil beweisen.«
    Mara mußte zugeben, daß Kevin in allen Punkten recht hatte. »Aus deiner Sicht müßte man uns wohl mißtrauen.«
    Ihre Gelassenheit traf einen Nerv, hauptsächlich, weil er Widerspruch erwartet hatte. Kevin lachte, doch es war ein kaltes, bitteres Lachen. »Ich liebe dich wie mein Leben, Mara von den Acoma, doch es gibt nur einen wie mich. Tausende meiner Landsleute kennen die Tsuranis nur vom Schlachtfeld her. Was sie sehen, sind Männer, die mit dem Ziel blutiger Eroberung in ihr Heimatland eingedrungen sind. Es wird keinen einfachen Frieden geben.«
    Mara, die von einem gewölbten Spalier aus Akasi-Reben eingerahmt wurde, runzelte die Stirn. »Heißt das, du glaubst, daß Ichindar gebeten wird, die Länder zurückzugeben, die der Kriegsherr errungen hat?«
    Kevin lachte wieder. »Ihr Tsuranis. Ihr glaubt, alle anderen denken so wie ihr. Natürlich wird der König verlangen, daß ihr verschwindet. Ihr seid Eindringlinge. Ihr gehört nicht auf die midkemische Seite des Spalts.«
    Ironische Gedanken stiegen in Kevin auf, und er blickte in Maras Gesicht. Sie sah beunruhigt aus, sogar verletzt, aber ihre Sorge galt in erster Linie ihm. Das schmerzte. Sie teilte seine Vorstellung von Grausamkeit nicht, konnte niemals begreifen, was es ihn kostete, um Zugeständnisse zu bitten, durch die Patrick und seine Kameraden gerade einmal die notwendigste Nahrung erhielten. Hin und her gerissen zwischen seiner aussichtslosen Liebe und seinem tief in ihm verwurzelten Sinn für Gerechtigkeit, stand Kevin hastig auf und ging.
    Der Nachteil des Hauses in Kentosani war, daß es nicht so groß war, daß man sich in ihm hätte verstecken können. Mara fand Kevin nach wenigen Minuten. Er kauerte auf ihrer Ruhematratze und warf kleine Kieselsteine in den Fischteich, zu dem hin die Läden ihres Ruhegemachs sich öffneten. Sie kniete sich hin und umschlang seine Taille von hinten. Die Wange an seinen Rücken gepreßt fragte sie: »Was siehst du da in dem Fischteich, mein Liebling?«
    Kevins Antwort war von unerbittlicher Ehrlichkeit: »Ich sehe Jahre der Verstellung. Ich habe mich in deiner Liebe verloren, und dafür bin ich dankbar, doch wenn ich jetzt von dem bevorstehenden Frieden höre …«
    »Erinnerst du dich an den Krieg«, sagte sie in der Hoffnung, er würde mehr sagen.
    Mara spürte die

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