Zeit des Aufbruchs
der Xacatecas und der gewaltigen, gewölbten Ratshalle wirkte sie stickig und eng. Mara setzte sich müde in den mittleren Raum und wurde sofort von Jican belästigt, der ihr eine Nachricht von Arakasi reichte.
Mara brach das Siegel und las. Augenblicklich traten tiefe Furchen auf ihre Stirn. »Lujan soll seine Rüstung anbehalten«, rief sie und schickte einen Diener nach ihren Stiften und dem Schreibtisch.
Kevin ließ sich resigniert in seiner gewohnten Ecke nieder. Er sah zu, wie seine Herrin eilig zwei Mitteilungen schrieb und sie zusammen mit letzten Anweisungen ihrem Kommandeur zur Auslieferung überreichte. »Sagt den betreffenden Lords, daß wir keine weiteren Einzelheiten kennen. Wenn sie glauben, sich nicht selbst verteidigen zu können, sollen sie sofort zu uns kommen.«
»Was war das?« fragte Kevin über das scheppernde Geräusch der Rüstung hinweg, als Lujan eine neue Eskorte aus ausgeruhten Männern zusammenstellte.
Mara reichte ihre verschmutzte Feder einem Diener und seufzte. »Einer von Arakasis Agenten belauschte eine Gruppe von Männern, die sich im kaiserlichen Garten versteckten. Einer von ihnen erwähnte unvorsichtigerweise einige Namen und enthüllte, daß sie ausgeschickt worden waren, die Gemächer von zwei Lords anzugreifen, die zu den Feinden der Inrodaka zählen. Da alle, die diese Gruppe aufzuhalten versuchen, mögliche Verbündete von uns sind, hielt ich es für weise, sie zu warnen.« Sie tippte sich mit dem Zettel ans Kinn. »Ich schließe daraus, daß der Lord der Inrodaka und seine Gruppe Tasaio unterstützen werden.«
Die einzige Zofe trat ein. Auf ein Nicken ihrer Herrin begann sie, Maras sorgfältig aufgetürmte Haare zu lösen und die Halsketten aus Jade und Bernstein zu entfernen. »Ich wünschte nur, wir hätten mehr Hinweise darüber, in welcher Gefahr wir selbst sind.«
Kevin lockerte sein tsuranisches Sklavengewand und holte aus einer Tasche, die eigentlich gar nicht hätte dort sein dürfen, etwas heraus, das nach einem Messer aussah. Er drehte die Klinge im Schein der Lampe und überprüfte die Schneide auf Fehler. »Wir sind bereit. Spielt es eine Rolle, wann sie kommen?«
Mara riß die Augen auf. »Hast du das aus der Küche gestohlen? Es bedeutet deinen Tod, eine Waffe zu haben.«
»Es bedeutet auch meinen Tod, eine Meinung zu haben, und du hast mich bisher noch nicht gehängt.« Kevin schaute sie an. »Wenn wir heute nacht angegriffen werden, werde ich nicht daneben stehen und zusehen, wie du getötet wirst, nur weil du glaubst, daß ein duldsames Verhalten mir eine bessere Position in meinem nächsten Leben sichert. Ich werde einige Kehlen durchschlitzen.« Die letzten Worte sagte er ohne jeden Humor.
Mara fühlte sich zu erschöpft, um dagegen zu protestieren. Jican hätte das Verschwinden des Messers bemerken müssen; wenn ihr Hadonra es nicht für angebracht hielt, den Diebstahl zu melden, würde eine Befragung mit Schulterzucken und unschuldigen Blicken beantwortet werden, solange sie keine direkte Frage stellte. Der Hadonra und ihr midkemischer Sklave hatten über die Jahre hinweg eine komplizierte Beziehung entwickelt. Bei den meisten Dingen zankten sie sich ohne Ende, doch bei den wenigen, über die sie sich einig waren, schien es, als würde sie ein Blutseid miteinander verbinden.
Kurz vor Mitternacht erklang ein Klopfen an der äußeren Tür der Wohnung der Acoma. »Wer ist da?« rief die diensthabende Wache.
»Zanwai!«
Mara erwachte aus einem leichten Schlummer in Kevins Armen und befahl hastig: »Öffnet die Tür!«
Sie klatschte nach der Zofe in die Hände, um sich ein Übergewand bringen zu lassen; dann forderte sie Kevin mit einer Geste auf, etwas mehr Anstand und Ehrerbietung zu zeigen, während ihre Krieger den schweren Balken herunterließen und den Tisch zurückschoben, der als Barrikade diente. Die Tür öffnete sich auf einen dunklen, unbeleuchteten Korridor und zeigte einen alten Mann, dessen Kopf von einem Schlag blutete. Er wurde von einem ebenfalls verwundeten Krieger gestützt, der über die Schulter blickte, als würde er Verfolger erwarten. Lujan drängte das Paar hinein in die Wohnung und half dann den Wachen, die Tür wieder zu verriegeln und zu verrammeln. Mara ließ eine Schlafmatte aus dem Zimmer holen, das als Offiziersunterkunft diente. Ihre eigenen Diener nahmen dem verwundeten Soldaten den alten Mann ab und ließen ihn auf mehrere Kissen sinken.
Truppenführer Kenji tauchte mit einer Tasche voller Heilmittel auf und
Weitere Kostenlose Bücher