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Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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wusch selbst die Kopfwunde des alten Mannes und verband sie, während ein anderer von Maras Soldaten dem Krieger aus der Rüstung half. Auch seine Wunden wurden versorgt, die tieferen mit Salben bestrichen und stramm verbunden. Keine von ihnen war lebensbedrohlich. Mara bedeutete ihrem Diener, Wein zu holen, und erkundigte sich dann, was vorgefallen war.
    Immer noch blaß vor Schock und Schmerz heftete der alte Mann erstaunlich blaue Augen auf seine Gastgeberin. »Ein schreckliches Verhängnis, Mylady Ich aß heute spät am Abend mit meinem Cousin, Decanto von den Omechan, um meine Unterstützung seines Anspruchs auf das Weiß und Gold zu feiern. Als wir gerade dabei waren aufzubrechen, wurde seine Wohnung von Soldaten überfallen, die schwarze Rüstungen ohne jedes Zeichen trugen. Lord Decanto war das Ziel ihres Angriffs, ich war nur zufällig im Weg. Decanto kämpfte noch immer, als wir flohen.«
    Der Diener tauchte mit einem Tablett voller gefüllter Weinkelche auf. Mara wartete, bis ihre Gäste bedient worden waren, dann fragte sie feinfühlig: »Wer schickte diese Soldaten?«
    Der alte Mann kostete den Wein, lächelte in Anerkennung des Jahrgangs und zog dann eine Grimasse, als er seine Schnittwunden spürte. »Einer der sechs anderen Cousins, fürchte ich. Die Omechan sind ein großer Clan, und Almecho erklärte keinen von seinen Oaxatucan-Neffen eindeutig zum Erben. Decanto war der augenfälligste Nachfolger …«
    »Doch jemand ist anderer Meinung«, unterbrach Mara.
    Der Lord der Zanwai drückte das Tuch gegen den Kopf und strich eine feuchte Haarsträhne zurück. »Decanto ist der älteste Sohn von Almechos ältester Schwester. Axantucar ist älter, weil er früher geboren wurde, doch seine Mutter ist eine jüngere Schwester, und daher kommt dieses ganze Durcheinander. Almecho, verflucht sei seine schwarze Seele, dachte wohl, er wäre unsterblich. Eine Frau und sechs Konkubinen – und nicht ein Sohn oder eine Tochter.«
    Mara dachte nach, während sie an ihrem Weinglas nippte. Dann meinte sie: »Ihr könnt gerne hierbleiben, Mylord. Wenn Ihr es jedoch vorzieht, in Eure eigenen Quartiere zu gehen, werde ich Euch eine Wache aus meinen Kriegern zusammenstellen lassen, die Euch zurückbegleitet.«
    Der alte Mann neigte leicht den Kopf. »Mylady, ich stehe in Eurer Schuld. Wenn ich darf, werde ich bleiben. Das da draußen ist eine Todeszone. Ich hatte eine Ehrengarde aus fünf Kriegern. Wir entkamen nicht weniger als sechs Kompanien von Männern … Ich fürchte, vier meiner Krieger sind tot oder liegen im Sterben. Es waren noch andere bewaffnete Männer da, doch den Göttern sei Dank, sie ignorierten meinen letzten Mann und mich.«
    Schweigend verdoppelte Lujan die Wachen an der Tür. Dann lehnte er sich gegen den Sturz zwischen den Zimmern und strich aus Gewohnheit über die Schneide seiner Klinge. »Trugen alle, die Euch angriffen, schwarze Rüstungen?«
    »Ich konnte es nicht erkennen«, sagte der alte Mann.
    Der verwundete Soldat wußte mehr. Der Wein hatte seine Lebensgeister zurückgebracht, und er sagte mit rauher Stimme: »Nein. Einige sahen so aus. Andere trugen das Orange und Schwarz der Minwanabi – Lord Tasaio muß heute nacht in Kentosani angekommen sein. Andere wiederum waren … Tong.«
    Mara spuckte beinahe auf den Boden. »Attentäter! Hier im Kaiserlichen Palast?«
    Die Blicke der Lady und des Kommandeurs trafen sich über der makellos glänzenden Klinge von Lujans Schwert. Lujan kannte die Geschichte, an die Mara sich jetzt erinnerte: daß sie beinahe durch die Hand eines von Jingu von den Minwanabi gedungenen Tong-Mörders gestorben wäre.
    Der Krieger fuhr traurig mit seiner Geschichte fort: »Es waren Tong, Mylady Schwarze Gewänder und Kopfbedeckungen, die Hände gefärbt, die Schwerter auf dem Rücken. Sie huschten auf leisen Sohlen umher, blickten auf unsere Farben, um unsere Familie zu bestimmen, dann gingen sie weiter. Wir waren in dieser Nacht wohl nicht als Beute vorgesehen.«
    Kevin stand auf und trat zu Lujan, der zwischen den beiden Räumen stand. »Was sind ›Tong‹?« fragte er leise.
    Lujan fuhr mit dem Daumen über die Klinge. Er runzelte die Stirn. »Tong«, meinte er mit ausdrucksloser Stimme, »sind Bruderschaften, Familien ohne Clan und Ehre. Jeder Tong hält niemandem und nichts anderem als seinem ›Obajan‹, seinem Großen Meister, die Treue und ihrem gesetzlosen Codex des Blutes. Höflich ausgedrückt sind sie Kriminelle, die keinen Respekt vor Traditionen

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