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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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immer im Teig, gab ich mich völlig dem Gefühl dieser unsichtbaren Hände hin. Wahrscheinlich habe ich leise gestöhnt, denn plötzlich fühlte ich diese Hände auch unter meinem Mieder, unter meinem Hemd. Jeder Gedanke war aus meinem Kopf verschwunden, ich spürte nur noch ihn und ließ es geschehen, während meine Hände sich unbewusst weiter in den Teig krallten. Ich habe ihn nicht gesehen an diesem Tag, konnte nicht in seine Augen schauen und in ihnen nach Liebe suchen, als er schließlich meinen Rock hoch schob und meinen Oberkörper über den Tisch beugte. Der grobe Leinenstoff kratzte auf meiner Haut. Ich spürte sein Knie zwischen meinen Schenkeln und öffnete sie willig. Nein, ich habe mich nicht gewehrt. Auch nicht, als dieser Schmerz kam an einer Stelle, von der ich noch nicht einmal gewusst hatte, dass es sie gibt. Selbst dieser Schmerz war süß. Ich nahm ihn hin wie eine Art Buße für das, was ich tat, was ich ihm zu tun erlaubte. Ich spürte ihn in mir; tief, so tief berührte er mein innerstes Wesen. Ich konnte es kaum ertragen, als er plötzlich aufstöhnte und sich zurückzog. Ich lag noch immer wie erstarrt mit dem geöffneten Mieder und den nackten Brüsten in den Teig gedrückt, mein nacktes Geschlecht drängte sich weiter dem Mann entgegen, der schon längst nicht mehr da war. Er war einfach gegangen. Ohne ein Wort. Wie er gekommen war.
    Wahrscheinlich wäre ich noch immer so gelegen, versunken in einer Mischung von Seligkeit und Scham, als Genoveva hereinkam. Doch der kleine Huldreich rettete mich an diesem Tag. Quengelnd erwachte er aus seinem Traum und forderte, aus der Wiege geholt zu werden. So lief ich schnell nach oben und versteckte mein teigiges Mieder in meiner Truhe. Das Hemd ließ ich an und schloss hastig die Schnüre über meinen Brüsten. Es hatte nicht allzu viel abbekommen. Als Genoveva schließlich kam, stand ich schon wieder da wie vorher und knetete mit den Händen den Brotteig. Es war ein heißer Tag, und die Röte in meinen Wangen hätte gut von der anstrengenden Arbeit kommen können. Der kleine Huldreich saß friedlich in der Ecke der Küche und saugte an dem Zipfel des Tuches, das ich erneut mit Honig getränkt hatte. Draußen lärmten die drei anderen Buben. Das hörte ich jetzt wieder, wie ich es davor gehört hatte. Doch es war nicht mehr wie davor. Nichts mehr war wie davor. Und nichts mehr würde jemals wieder so sein. Ich glühte äußerlich und innerlich von diesem Geheimnis, das mir widerfahren war. Denn ein Geheimnis musste es bleiben, das war mir klar.
    Wir trafen uns noch oft in diesem zu Ende gehenden Sommer. Immer wieder tauchte er plötzlich auf. Er schien zu ahnen, wann Thomas Rischacher und Genoveva nicht zu Hause waren. Einmal trat Genoveva überraschend in die Küche, als er gerade gekommen war. Doch sie merkte nichts. Zumindest sagte sie nichts. Obwohl ich spürte, dass sie mich manchmal besorgt beobachtete. Ich lernte seinen Körper gut kennen in diesen Wochen; lernte, wie ich ihn glücklich machen konnte, obwohl es immer schnell ging.
    »Kätzchen«, sagte er einmal, »irgendwann werden wir viel Zeit für uns haben. Dann zeige ich dir die Genüsse der langsamen Liebe.«
    Er lachte, und ich lachte mit, nur weil er lachte. Doch bis es so weit war, genügte mir die Art von Liebe, die er mir gab. Bis heute weiß ich nicht, ob es Liebe war. Ich habe ihn nie gefragt. Ich fragte nicht nach der Zukunft. Das Jetzt war schon fast mehr, als ich verkraften konnte. Außerdem war er noch immer Diakon. Auch wenn er ganz offensichtlich gute Kontakte zu den Protestanten hatte und hin und wieder für sie Kurierdienste übernahm. So wie jene, die ihn in Rischachers Haus geführt hatten. Doch er sprach nicht darüber. Und wenn ich ihn fragte, winkte er ab. »Die Politik ist nichts für Frauen«, pflegte er zu sagen, »schon gar nicht für mein Kätzchen.«
    Es kam mir überhaupt nicht in den Sinn, dass ich ihn irgendwann einmal nicht mehr sehen würde. Es würde schon alles in Ordnung kommen. Irgendwie würde er irgendwann kein Diakon mehr sein, sondern mich an die Hand nehmen, vor Thomas Rischacher hintreten und sagen: Das ist die Frau, die ich heiraten werde. Gebt uns Euren Segen. Ich wusste nicht, wie das geschehen sollte. Doch ich ging immer davon aus, dass es geschehen würde. Und in jenen Nächten, in denen ich auf ihn wartete und von ihm träumte, sah ich uns gemeinsam in einem Zimmer sitzen vor der Wiege unseres Kindes. Ich hatte mir dieses Zimmer in allen

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