Zeit des Zorn
zu bleiben.“
»Sehe ich genauso.«
Hab ich dich gefragt, wie
du das siehst? Denkt Elena, behält den Gedanken aber für sich. Was sie von ihm
verlangt, ist schon genug, ohne dass sie ihn auch noch mit ihrer Biestigkeit
belastet. Sie weiß auch, woher diese rührt ... sie will das Mädchen nicht
töten.
Elena setzt sich an den
Computer und schaltet den Monitor ein.
Das Mädchen ist in ihrem
Zimmer - auf einer Ranch nur wenige Meilen entfernt -, liegt auf dem Rücken und
macht sich die Nägel.
Bereitet sich auf ihre
Heimkehr vor, denkt Elena.
Du willst sie nicht
umbringen, weil sie dich an dein eigenes wildes Kind erinnert, an dich selbst,
als du vorübergehend und nur für sehr kurze Zeit so was wie Freiheit genießen
durftest, was dir jetzt wie ein anderes Leben vorkommt.
Aber wenn du sie nicht
umbringen willst, dann tu's doch einfach nicht.
Du hast die Wahl, du bist
niemandem Rechenschaft schuldig.
Elena erkennt ihr Gefühl
als das, was es ist - ein Auflehnen gegen ihr gegenwärtiges Dasein, gegen das,
was aus ihr geworden ist.
Eine verzweifelte
Hoffnung.
Wenn du sie nicht umbringst
- wenn du nicht genau das tust, was du angedroht hast -, bringst du deine
eigenen Kinder in Gefahr. Denn die Bestien werden dich für schwach halten,
und sie werden über dich und die deinen herfallen. Lado hat geduldig gewartet. Sie
sagt: »Tu's. Und ich will, dass sie's sehen.« Ich bin die rote Königin. Kopf
ab.
»Willst du dabei sein?«,
fragt Lado. »Nein«, sagt Elena.
Aber sie wird sich
zwingen, es am Bildschirm zu verfolgen. Wenn du's befehlen kannst, fordert sie
von sich selbst, dann kannst du's dir auch ansehen.
»Ich will, dass es
erledigt ist, bevor Magda hier ankommt«, setzt sie noch
hinzu.
»Ich werde eine Weile
brauchen, bis ich da bin«, sagt Lado.
»So schnell wie möglich,
bitte«, sagt sie. Ihr kommt noch ein anderer Gedanke.
»Nimm Kontakt zu diesen
Arschlöchern auf. Sag ihnen Bescheid.«
Sie sollen leiden.
Ben
und Chon warten am Computer. Die Mitteilung kommt um zwei Uhr.
Um
sechs Uhr seht ihr sie sterben. Wir wissen, dass ihr's gewesen seid. Ihr seid
die Nächsten.
Ihnen
bleiben vier Stunden. Um was zu tun?
Sie wissen, dass sie sich
in einem der drei Häuser in der Wüste befindet, aber was sollen sie machen?
Eins rauspicken und hoffen, einen Treffer zu landen? Und selbst wenn es das
richtige ist...
»Wir würden nicht mal
reinkommen«, sagt Chon. »Sie würden sie umbringen, sobald die Schießerei
beginnt.«
»Was sollen wir machen?«,
fragt Ben. »Rumsitzen und zugucken?«
»Nein«, sagt Chon.
Das machen wir nicht.
CI 1459 hat
Dennis im Lauf der Jahre eine ganze Menge gute Informationen geliefert.
Hat ihm geholfen, zwei
der Lauter-Brüder einzukassieren und in den Knast zu bringen. Hat Dennis nicht
unerheblich dabei unterstützt, die vom Baja-Kartell ausgehende Drogenflut
einzudämmen.
Im Gegenzug hat ihn
Dennis mit einer
Green Card
Einem Zufluchtsort
Einer neuen Identität
versehen.
Jetzt ruft ihn Lado an,
um ihm etwas zu erzählen, das er längst weiß ... Elena Lauter ist unterwegs zu
einem »sicheren Unterschlupf« in der Wüste.
Er gibt Dennis die
genauen Koordinaten durch.
Hat die blöde Kuh
wirklich geglaubt, er würde den Boden für sie bereiten? All die Jahre, die er
für sie gearbeitet, für sie getötet hat, für sie und nicht für sich selbst? Ja,
eure Majestät. Sí, Elena
La Reina?
Die DEA wird
Elena also verhaften, und niemand kann Lado einen Vorwurf machen. Niemand
will, dass ihr Hosenscheißer von einem Sohn an ihre Stelle tritt, und deshalb
kommt niemand anderer als er selbst für den Posten in Frage. Er wird El Azul
ein Friedensangebot machen - die Hälfte vom amerikanischen Markt.
Azul wird nicht ablehnen.
Das wird ein Homerun.
Dennis steigt in den
Wagen.
»Die haben das Mädchen«,
sagt Ben. »Wen?«
»Das Mädchen, das bei dem
Treffen neulich mitkam«, sagt Chon. »Die wollen sie töten.«
Ben sagt: »Elena Sanchez
hat eine Tochter, Magdalena. Sie studiert an der Irvine.«
»Guter Gott, Ben.«
»Wo ist sie?«
»Bist du noch ganz
dicht?«, fragt Dennis.
»Absolut«, sagt Ben. »Sag
uns, wo wir sie finden.«
Dennis guckt an seinem
Bauch runter. Als er wieder aufsieht, sind seine Augen feucht. »Ich stecke mit
drin. Tief. Mittlerer sechsstelliger Bereich.«
»Scheiße, Dennis.«
»Allerdings Scheiße,
Ben.«
»Wo ist die Tochter?«
»Um Gottes Willen, Ben,
die bringen meine Familie um.«
»Ich geb dir Geld«, sagt
Ben.
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