Zeit des Zorn
»Du kannst noch heute Abend mit deiner Familie abhauen. Aber du wirst es
mir sagen.«
Dennis denkt eine Sekunde
drüber nach, dann steigt er aus dem Wagen. Der Metrolink Richtung Norden fährt
aus Oceanside an. Der Zug, von dem aus man die Delphine und Wale beobachten
kann.
Er geht zu den Gleisen.
Ben springt aus dem
Wagen.
Zu spät.
Dennis wirft sich vor den
heranrasenden Zug.
»Sie
muss irgendwo wohnen«, sagt Chon. Allerdings.
Sie gehen noch einmal
Steves Immobilienliste durch.
Eine Wohnung in Irvine.
Kartensuche im Internet.
Drei Straßenecken vom
Campus entfernt.
Binsenweisheit.
Klischee.
Man wird das, was man
hasst.
Ben sagt: »Du weißt, was
wir zu tun haben.«
Chon weiß es.
Lados Mann steigt auf dem Parkplatz vor Magdas Wohnhaus aus dem Wagen. Popp-popp.
Chon jagt ihm zwei schallgedämpfte
Kugeln in den Hinterkopf und verstaut ihn wieder im Wagen. Der Drogenkrieg hat
Irvine erreicht.
Magda macht sich eine Tasse grünen Tee.
Sie will sich ein
bisschen aufputschen, hat aber schon genug Kaffee intus, und außerdem ist Tee
sowieso gesünder. Antioxidantien und so.
Es klingelt an der Tür.
Sie hat keine Ahnung, wer
das sein könnte und ist ein bisschen genervt, weil sie eigentlich gerade die
Füße hochlegen, ihren Tee trinken und hundert Seiten Timothy Insoll für ihr
Archäologie- und Religionsseminar lesen wollte.
Wahrscheinlich Leslie,
die faule Schlampe, die sich ihre Aufzeichnungen angucken will.
Wenn die puta morgens aufstehen und die
Seminare selbst besuchen würde ...
»Leslie ... Gott ...«
Magda öffnet die Tür, und in Nullkommanichts klebt der Typ an ihr, eine Hand über
ihrem Mund, die andere in ihrem Nacken, er drängt sie zurück und aufs Sofa. Sie
hört die Tür zufallen und sieht einen zweiten Typen, der ihr eine Kanone an die
Schläfe hält.
Sie schüttelt den Kopf,
als wollte sie sagen, nehmt, was ihr wollt, macht, was ihr wollt. Gott sei Dank
steckt der Kerl die Knarre wieder hinter seinen Gürtel, aber dann hat er eine
Spritze in der Hand, packt ihren Arm, krempelt den Ärmel ihrer schwarzen
Seidenbluse hoch und sticht ihr die Nadel in die Vene.
Dann ist sie weg.
Lado fährt draußen vor und steigt aus. Esteban macht auf.
Der mierdita sieht aus, als hätte er
geheult.
Lado geht an ihm vorbei in das Zimmer, wo sie die kleine blonde puta versteckt
halten. Sie sieht sein Gesicht und weiß es. Sie weiß es und rennt los, aber er
schlägt ihr ins Gesicht, packt sie am Handgelenk und zerrt sie ins andere
Zimmer. Schiebt ihren kleinen Arsch auf den Stuhl, zieht seinen Gürtel raus
und fesselt ihr die Hände auf dem Rücken.
Sie tritt um sich und
schreit.
Lado brüllt: »Hilf mir, pendejo. Halt ihre verfluchten
Beine fest.«
Esteban heult weiter, tut aber, wie ihm geheißen. Er packt sie an den Füßen und hält
sie fest, während Lado das Klebeband holt und ihr ein Stück über den
Mund pappt. Dann geht er in die Hocke und wickelt welches um ihre Knöchel und
die Stuhlbeine.
»Keine Sorge, chucha«, sagt er. »Nachher machst du sowieso
die Beine breit. Darauf kannst du dich verlassen.«
Er steht wieder auf, aber Esteban hat
eine Knarre gezogen und hält sie auf ihn gerichtet.
Als Magda zu
sich kommt, noch benommen, haben sie sie mit Klebeband gefesselt.
Sie befindet sich im
Zimmer eines billigen Motels oder so was Ähnlichem.
Auf dem Couchtisch vor
ihr steht ein Laptop, das kleine Kameraauge leuchtet rot und blinkt, und sie
glaubt, das ist für irgendeinen perversen Vergewaltigungsporno im Internet, und
wenn das so ist, dann will sie's einfach hinter sich bringen und nicht
umgebracht werden.
Aber keiner der Männer
zieht sich aus oder öffnet auch nur den Reißverschluss seiner Jeans.
Der eine fängt an, was in
die Tasten zu tippen, der andere
Zieht wieder die Waffe
und schiebt eine Patrone in die Kammer.
»Was hast du damit vor?«,
fragt Lado.
Esteban, der kleine Scheißer, seine Hände zittern. Erinnern Lado an das alte Auto, das
früher, als er klein war, bei ihnen im Hof stand. Wenn man den Motor anließ,
bebte und klapperte der ganze Wagen, und so sehen Estebans Hände jetzt aus.
»Lass sie gehen«, sagt Esteban und Lado weiß,
dass keine Gefahr droht, weil ihm der Junge nicht zugehört hat, als er ihm
erklärte, dass man auch abdrücken muss, wenn man eine Waffe zieht anstatt zu
drohen oder zu reden, man drückt ab.
»Logg
dich ein«, sagt Ben. Logg dich verdammt noch mal ein, Lado.
Die
Kugel geht daneben.
Viel hat
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