Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
Vom Netzwerk:
und immer war es einer, der größer und kantiger war als ich. Ich kategorisierte die Typen. Boris, der Filmstudent. Cyrus, der magersüchtige Gitarrist. Matt, der Weiße mit den Dreadlocks. Theron, der bekiffte Dichter. Ich zermarterte mir das Gehirn auf der Suche nach einem effektvollen Spitznamen, um etwas anderes zu werden als Ben, der normale Typ, aber die Inspiration kam nie. Sie waren Hardcore-Rock ’n’ Roll, und ich war ein Bryan-Adams-Gitarrensolo.
    Es war eine absolut typische Studentenparty. Strobolights, hämmernde Musik, und jeder blies sich Rauch in seinen Drink. Chuck und ich saßen in einer Ecke und tranken Wodka mit diesen beiden Mädchen, die ich aus einem meiner Literaturgrundkurse kannte, deren Namen ich aber vergessen hatte. Neben uns war der unvermeidliche Tisch bierdurchtränkter Rowdys, die Monty-Python-Szenen wortwörtlich zitierten, laut schreiend, um sich über die Musik verständlich zu machen. »Es ist nur eine Fleischwunde!«
    »Ich bin Brian, und meine Frau auch!«
    »Sagt nichts mehr, sagt nichts mehr. Stups, stups, zwinker, zwinker!« Chuck stritt sich mit einem der Mädchen, wie dämlich Shelley Longs berufliche Entscheidung gewesen sei, aus
Ein himmlisches Vergnügen
auszusteigen. Die andere erzählte mir von irgendeiner Arbeit, die sie verfasst hatte, mit der fragwürdigen These, dass EdithWharton die Danielle Steel ihrer Zeit gewesen sei. Ich erntete einen ungeduldigen Blick auf meinen ironischen Einwurf hin, dass man auf dieselbe Weise vielleicht auch Henry James mit Sidney Sheldon vergleichen könnte. »Radio Freies Europa« dröhnte aus den Lautsprechern des Clubs, und ich verspürte ein zunehmendes Gefühl von Übelkeit. Ein »Knastgirl« kam in unsere Ecke geschlendert, mit einem Schultergurt, an dem Jell-O-Wackelpudding zu einem Dollar in kleinen Reagenzgläschen befestigt war. Die Monty-Python-Typen fielen über sie her, und in dem sich anschließenden Tumult gelang es mir, nach draußen zu entwischen, um ein bisschen frische Luft zu schnappen.
    Ich ging bis zur nächsten Straßenecke und setzte mich auf die Motorhaube eines verbeulten Honda, genoss die kalte Dezemberluft, auch wenn sie mich frösteln ließ, und atmete tief und langsam durch, um die Übelkeit zu bekämpfen. Es war weit nach Mitternacht und der Broadway ziemlich leer. Die Tür zum Aces and Eights flog auf, und Lindsey kam heraus und begann, den Block in meine Richtung hochzulaufen. Ich war zu benebelt, um meine übliche Diskretion walten zu lassen, und starrte sie daher einfach nur an, während sie auf mich zukam. Sie trug Jeans und einen schwarzen, fusseligen Pulli, und ihr Gesicht war gerötet und verschwitzt vom Tanzen. Es war das erste Mal, dass ich sie allein sah. Ich war betrunken, und sie war allein, und eine bessere Chance als diese würde ich vermutlich nicht bekommen, also ließ ich mich von dem Wagen gleiten und sagte: »Hi, ich bin Ben. Ich glaube, wir sind uns noch nicht begegnet« oder irgendetwas ähnlich Geistreiches, und sie kotzte mir auf die Schuhe.
    Auf dem Weg zurück zu ihrem Wohnheim kotzte sie noch zweimal, und sie verlor das Bewusstsein, bevor sie mir sagen konnte, in welchem sie wohnte, also nahm ich sie mit auf mein Zimmer. Als ich sie meinen Flur entlangtrug, kam mir Jack entgegen, der mit irgendeinem Mädchen auf dem Weg nach draußen war. »Da hastdu aber noch einiges vor dir, Ben«, sagte er mit einem Grinsen. »Vielleicht wirst du dich ja irgendwann noch zu lebenden Mädchen hocharbeiten.«
    »Halt den Mund, und hilf mir mit der Tür.«
    Ich legte sie auf mein Bett und überlegte, ob ich ihr den Pulli ausziehen sollte, auf dem bereits Erbrochenes angetrocknet war, aber ich wusste nicht, was sie darunter anhatte, und ich wollte nicht, dass meine Motive in Frage gestellt wurden, also rollte ich sie einfach in mein Deckbett ein und wischte ihr das Gesicht sanft mit einem feuchten Waschlappen ab. Sie stöhnte einmal auf, dann rollte sie sich auf die Seite und schlief ein. Ich stellte mich kurz unter die Dusche, warf ein paar Aspirin ein und setzte mich in meinen Schreibtischsessel, um Lindsey beim Schlafen zu beobachten. Eine Zeit lang verbrachte ich noch damit, darüber nachzudenken, was ich zu ihr sagen könnte, wenn sie aufwachte, aber als ich am nächsten Morgen in meinem Sessel die Augen aufschlug, mit verrenktem Hals und ausgedörrter Kehle, war sie verschwunden.
    Danach sah ich sie drei Tage nicht. Eine Zeit lang trug ich mich mit der Vorstellung, sie würde mich

Weitere Kostenlose Bücher