Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
Vom Netzwerk:
dem sie meinen Reißverschluss nach unten zog, am Handgelenk, und ich merkte, wie ich neben ihrer Hitze allmählich erkaltete. »Stopp«, sagte ich. Ich konnte das Bild von Jack in jenem dunklen Raum nicht abschütteln, wie er mit geschlossenen Augen dastand, während diese anonyme Frau ihn bediente.
    »Was ist los?«, sagte sie, während sich meine und ihre Hand noch immer zwischen meinen Beinen in der Schwebe befanden.
    »Nichts«, sagte ich, ließ ihre Hand los und rückte auf der Bank ein Stück von ihr ab. Ich war angewidert von mir selbst, von Jack, von Los Angeles. Ich verspürte eine solch überwältigende Sehnsucht nach Lindsey, dass mir der Atem in der Kehle stockte.
    »Na ja«, sagte Valerie nach einem peinlichen Schweigen etwas sarkastisch. »Das ist einmal etwas Neues.«
    »Es tut mir leid«, sagte ich, während ich meine Hose in Ordnung brachte.
    »Schon gut«, sagte sie. »Ich denke, ich geh wieder rein.«
    »Okay.«
    Sie steckte sich die Bluse in den Rock, während sie sich mit einer leicht säuerlichen Miene entfernte. Ich war selbst sauer auf mich. Jack, ausgerechnet Jack, der sich im Keller einen blasen ließ, hätte der Letzte sein sollen, der mich aus der Fassung brachte, aber seltsamerweise tat er genau das. Irgendwie hatte mir dieses Bild von ihm, wie er gegen die Wand gelehnt dastand, mit verblüffender Klarheit begreiflich gemacht, dass sein Eintauchen in diese fremdartige Gesellschaft vollkommen war, und das schon seit geraumer Zeit. Dass er sich einen großen und unüberbrückbaren Schritt weit von uns entfernt hatte. Wir waren nicht mehr beste Freunde, wir waren nur noch alte Freunde. Lindsey war gegangen, Jack war gegangen. Ich hatte das Gefühl, als würde ich selbst allmählich verschwinden, Stück für Stück, und als würde bald nichts mehr von mir übrig sein.
    Ich musste Leute um mich haben. Einen Augenblick lang bedauerte ich, dass ich die Begegnung mit Valerie kurzerhand beendet hatte, und ging wieder ins Haus, um mich zu Chuck zu gesellen. Als ich durch die vordere Haustür eintrat, sah ich Jack durch die Küchentür ins Zimmer kommen. Er fing meinen Blick auf, lächelte mir zu und begann, sich durch die Menge hindurch einen Weg zu mir zu bahnen. Er war schon fast da, als ich ein Kreischen hörte, gefolgt von der schrillen Kakophonie von splitterndem Glas, und Chucks Gläserpyramide stürzte auf dem Couchtisch in sich zusammen. Jede Unterhaltung brach ab, und jeder im Zimmer wandte sich um, um einen Blick auf die Couch zu werfen. Chuck winkte matt mit einer Hand, als wollte er höflichen Applaus entgegennehmen, dann sah er Jack und mich, und ein beduseltes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Von mir aus können wir jetzt nach Hause«, verkündete er, dann sackte er auf der Couch nach hinten und verlor das Bewusstsein.

6

    D reißig … scheiße! Älter, als meine Eltern waren, als sie mich bekamen. Früher habe ich Basketball gespielt, weil es mir Spaß machte. Jetzt ist es nur noch eines dieser Dinge, die ich tue, um mich in Form zu halten. Bald wird man alljährlich einen Suchtrupp durch meinen Mastdarm schicken müssen, um meinen Dickdarm zu untersuchen. Als Mozart so alt war wie ich, hatte er einen Großteil seines Werks bereits verfasst. Als Kurt Cobain so alt war wie ich, war er bereits seit zwei Jahren tot.
    Was hat eigentlich Bill Gates gemacht, als er dreißig war? Was hat John Lennon gemacht, als er dreißig war? Was habe ich vor zwei Wochen gemacht? Ich kann mich nicht einmal daran erinnern.
Dreißig
… scheiße!

    Zwei Abende nach unserer vermurksten Intervention saß ich zu Hause und sah mir einen alten Stallone-Film im Fernsehen an, als Lindsey anrief.
    »Hi.«
    »Lindsey?«
    »Hast mich nicht erkannt?«
    »Es ist schon eine Weile her, seit wir das letzte Mal telefoniert haben«, sagte ich.
    »Ich hatte irgendwie immer Hemmungen, anzurufen, wenn ich wusste, dass Sarah da war. Ich glaube nicht, dass sie wirklich gut auf mich zu sprechen war«, sagte Lindsey.
    »Das war ein Fall von rückwirkender Eifersucht«, sagte ich.
    »Ich weiß«, sagte sie. »Die hatte ich auch.«
    »Tatsächlich?«
    »Na klar. Die meisten Frauen würden ihren Exfreund lieber tot und begraben sehen als mit einer anderen Frau.«
    »Die meisten Frauen hätten sich das überlegen sollen, bevor sie besagte Freunde eiskalt haben sitzenlassen.«
    »Oje«, sagte Lindsey langsam. Der Seitenhieb hatte gesessen. »Du wirst mir jetzt doch nicht etwa mit diesem ganzen Kram kommen,

Weitere Kostenlose Bücher