Zeit für Plan B
langsam und mit ausgestreckten Armen auf ihn zukam.
»Du bist nicht verletzt«, sagte er mit tonloser, gedämpfter Stimme, während er sich geistesabwesend die Nadel aus der Schulter zog.
»Nein«, sagte sie, legte ihm die Arme um den Hals und zog ihn an sich. »Es tut mir leid, dass wir es auf diese Weise machen mussten, Schatz, wirklich.« Er versuchte, sie ein Stück weit von sich zu schieben, so dass er ihr Gesicht erkennen konnte, aber sie hielt sich eng an ihn geklammert und flüsterte ihm ins Ohr, während ich dümmlich zusah. Chuck war inzwischen weniger mit Jack befasst als vielmehr damit, den Blutfluss aus seiner gebrochenen Nase zu stillen, so dass ich eine Minute später derjenige war, der über den Schreibtisch springen musste (wobei ich mir das linke Schienbein aufkratzte), um Alison zu helfen, Jack aufzufangen, als er bewusstlos umsackte. Er sank so plötzlich in meine Arme, dass ich auf den Hintern fiel, während Jack ausgebreitet auf meinem Schoß lag wie ein Kleinkind, das eben eingeschlafen ist.
Einen Augenblick lang verharrten wir alle reglos an Ort und Stelle. Chuck, der sich gegen den Schreibtisch gelehnt hatte, während er sich blutdurchtränkte Papiertücher aufs Gesicht drückte. Alison, die an der Tür stand und die Augen so weit aufgerissen hatte, dass ihr fast die Augäpfel aus dem Kopf zu rollen drohten, undich, im Schneidersitz auf dem Boden, während Jack auf meinen Oberschenkel sabberte.
»Phase eins«, sagte ich. »Abgeschlossen.«
»Wie am Schnürchen«, sagte Alison mit leicht zitternder Stimme.
Chuck stieß ein gurgelndes Stöhnen aus und lehnte sich auf dem Schreibtisch zurück. »Meine Nase ist gebrochen. Ich fasse es nicht. Er hat mir allen Ernstes die Nase gebrochen.«
Der nächste Teil war einfacher, als wir angenommen hatten. Chuck beschaffte eine Rollbahre, und wir legten Jack unter eine Decke und schoben ihn den weißen Krankenhauskorridor entlang und in den Aufzug. Als wir im Erdgeschoss ankamen, verschwand Chuck in einen Nebenraum und kam mit einem Rollstuhl wieder, und wir drei verfrachteten Jack von der Bahre in den Rollstuhl. Wir ernteten ein paar seltsame Blicke von Schwestern und Krankenpflegern, die an uns vorbeikamen, aber wie Chuck prophezeit hatte, war jeder viel zu beschäftigt, um uns mehr als einen flüchtigen Blick zuzuwerfen.
Wir rollten Jack über die Außenrampe und dann, im willkommenen Schutz der Rushhour über die Fifth Avenue, wo Lindsey in zweiter Reihe parkte. Chuck und ich hievten Jacks bewusstloses Bündel aus dem Rollstuhl auf die Rückbank, während Alison über die Straße rannte, um den Rollstuhl zurückzubringen. Die Anstrengung führte dazu, dass Chucks Nase, die, wie ich bemerkt hatte, in den letzten fünf Minuten beträchtlich angeschwollen war, wieder zu bluten begann.
»Chuck, deine Nase«, sagte ich.
»Scheiße.« Er zog seinen weißen Arztkittel aus und knüllte ihn zusammen, um ihn sich aufs Gesicht zu pressen.
»Was ist mit ihm passiert?«, fragte Lindsey, die vom Fahrersitz über die Schulter einen Blick auf uns warf.
»Kleinerer Zwischenfall«, sagte ich. »Chuck, willst du vielleicht noch mal reingehen und das richten lassen?«
»Kommt drauf an«, sagte Chuck in einem näselnden Tonfall. »Wollt ihr in zweiter Reihe auf der Fifth Avenue parken, wenn Jack aufwacht?«
»Okay«, stimmte ich zu. »Steig ein.«
»Haltet einfach an einem Café, und besorgt mir ein bisschen Eis.«
Wir stiegen alle in den Wagen, Chuck und ich wie zwei Bücherstützen rechts und links von Jack auf die Rückbank, während Alison auf dem Fahrersitz Platz nahm, Lindsey neben sich. Alison steuerte uns die Sechsundneunzigste Straße hinunter, wobei sie kurz anhielt, um etwas Eis zu besorgen, und dann auf den Harlem River Drive. Während das Adrenalin allmählich aus meinem Körper wich, begriff ich, dass ich schweißgebadet war, und ich machte ein Fenster auf und ließ mich von der frischen Herbstluft trockenreiben. Jedes Mal, wenn uns ein Wagen überholte, war ich mir sicher, jemand würde einen Blick zu uns hineinwerfen und irgendetwas Merkwürdiges feststellen, aber niemand sah genauer zu uns hinüber. Als schließlich die George Washington Bridge vor uns auftauchte, hatte ich akzeptiert, dass wir vermutlich ungeschoren davonkommen würden.
»Also«, sagte Lindsey fröhlich, als wir über die Brücke nach Jersey fuhren. »Soeben haben wir eine bundesstaatliche Grenze überquert. Ich denke, damit ist es jetzt eine Straftat nach
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