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Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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zurückgezogen hatten – Alison und Lindsey teilten sich eines, während Chuck und ich jeder ein eigenes hatten –, habe ich noch stundenlang wach gelegen. Ich konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass Lindseys und mein Bett lediglich durch eine Wand voneinander getrennt wurden. Es war zermürbend, sich vor Augen zu halten, dass wir zum ersten Mal seit fünf Jahren weniger als dreißig Zentimeter voneinander getrennt lagen. Ich versuchte, ihre Gegenwart durch die Wand hindurch zu spüren, und fragte mich, ob sie auf ihrer Seite meine Nähe ebenfalls spürte. Es war nach drei, als ich endlich einnickte.
    »Lasst mich hier raus, verdammt noch mal!«, ertönte Jacks Stimme, inzwischen heiser vom Schreien und punktiert vom Geräusch splitternden Holzes. Ich musste an Mr Schollings Mahagonischreibtisch denken und zuckte zusammen.
    »Er kann doch nicht ewig so weitermachen«, sagte Lindsey.
    »Ich hätte daran denken sollen, das Zimmer vorher leer zu räumen«, haderte Alison mit sich.
    »Du kannst doch nicht an alles denken, Alison«, sagte ich. »Wir sind hier alle Anfänger.«
    »Allerdings«, sagte Chuck. »Und wenn wir schon bei dem Thema sind, hat irgendjemand eine Ahnung, wie wir ihm sein Essen bringen wollen?«
    »Oh, Scheiße«, sagte ich. Wir sahen uns alle an, das Hochgefühldes gestrigen Abends nur noch eine ferne Erinnerung. Hier standen wir, auf unerforschtem Neuland, und jede Minute schien ein weiteres leuchtendes Beispiel dafür hervorzubringen, wie sehr wir den Boden unter den Füßen verloren hatten.
    Im Arbeitszimmer war Jacks Wutanfall allem Anschein nach zum Erliegen gekommen. Wir hörten, wie irgendetwas über den Boden schlitterte, und dann trat Stille ein.
    »Jack?«, fragte Alison zaghaft. Es kam keine Antwort. »Jack?«
    Auf einmal herrschte Totenstille im Arbeitszimmer. »Jack?«, rief Alison noch einmal, diesmal mit Angst in der Stimme. »Ihr glaubt doch nicht etwa, dass er sich verletzt hat, oder?«
    »Er ignoriert dich, das ist alles«, sagte Chuck.
    »All diese Glasscherben«, murmelte Alison. »Er könnte sich geschnitten haben, er könnte gestürzt sein … Jack!« Hinter der Tür kam keine Antwort. Auf einmal streckte Alison die Hand nach der Oberkante des Türrahmens aus und holte den Schlüssel herunter. Sie wollte ihn schon ins Schloss stecken, als Chuck sie am Handgelenk packte. »Nicht«, sagte er.
    »Er könnte bewusstlos sein oder bluten«, sagte Alison, während sie versuchte, ihren Arm zu befreien.
    »Er stellt sich tot«, sagte Chuck. »In dem Augenblick, in dem du die Tür aufschließt, wird er so schnell an dir vorbeizischen, dass du gar nicht weißt, wie dir geschieht.«
    Sie wandte sich zu Lindsey und mir um, die Hand noch immer auf dem Türknauf. Die Unsicherheit stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Was sollen wir tun?«
    »Ich stimme Chuck zu«, sagte Lindsey. »Im Augenblick versucht er bloß, dir Angst einzujagen.«
    »Mit Erfolg«, sagte sie und drehte sich wieder zur Tür um. »Jack, würdest du mir bitte einfach antworten«, flehte sie.
    Ich beugte mich neben Alison nach unten und spähte einen Augenblick lang durch das altmodische Schlüsselloch. Alles wardunkel, und dann fiel plötzlich Licht ein, als Jack auf der anderen Seite den Kopf wegriss. »Ich hab dich gesehen, Jack«, sagte ich mit einem kindischen Triumphgefühl. »Ich hab ihn gesehen«, sagte ich und richtete mich auf. »Es ist alles okay mit ihm.«
    »Ben, du Stück Scheiße! Lass mich hier raus!«, schrie Jack.
    »Ausgeschlossen«, sagte ich. »Ich lege mich wieder schlafen.«
    »Kommt schon! Alison! Chuck! Ich bin verletzt!«, rief Jack. »Ich blute.«
    »Wir werden dir ein paar Heftpflaster unter der Tür durchschieben«, sagte Chuck, während er sich sanft die Nase rieb.
    »Lasst mich hier raus, verdammt noch mal!«, schrie Jack und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. »Ich krieg euch alle! Ihr seid so gut wie tot!«
    »Beruhig dich, Jack«, sagte Alison.
    »Alison! Lass mich sofort hier raus!«
    »Es tut mir leid, Jack.«
    »Sag nicht, es tut dir leid, tu lieber was Vernünftiges«, rief Jack. »Willst du, dass ich in eine Klinik gehe? Lass mich hier raus, dann gehen wir beide zusammen. Das ist doch keine Art, diese Sache anzupacken.«
    »Ich glaube dir nicht«, sagte Alison, die Hände flach gegen den Kopf gepresst.
    »Ich verspreche es dir. Ich werd’s tun«, sagte Jack. »Komm schon. Ich hab Hunger, und ich hab mich geschnitten.«
    »Es tut mir leid, Jack«, wiederholte

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