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Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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die Besuchszeiten sind vorbei. Sie werden jetzt leider gehen müssen.«
    »Okay«, erwiderte Lindsey freundlich und hüpfte vom Bett. Sie beugte sich zu mir hinunter und küsste mich sanft, einmal auf die Stirn und zweimal auf die Lippen. »Mach’s gut, Benny«, flüsterte sie, und dann, während sie mein Haar mit den Fingern zurückstrich: »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch.«
    Ich horchte, wie sich Lindseys Schritte und das Quietschen der Krankenschwester im Flur entfernten. Sobald ich allein war,schluckte ich die Pillen und drehte mich auf die Seite, um ein bisschen dem Regen zuzuschauen. Es goss mit purer Entschlossenheit, und irgendwo im Rhythmus dieser Regentropfen verspürte ich einen tiefen Frieden, einen ungehinderten Ausdruck der rohen Kraft der Natur. Wie unter Hypnose sank ich in den Schlaf.
    Kurze Zeit später wachte ich auf, als mir jemand die Bettdecke von der Brust zog. »Ich bin’s«, flüsterte Lindsey, die Lippen an mein Ohr gepresst. »Du hast doch nicht etwa angenommen, ich würde dich die Nacht hier drinnen allein verbringen lassen, oder?« Sie schlüpfte mit Leichtigkeit auf ihrer Seite ins Bett, legte einen Arm auf meine Brust, schmiegte sich an meinen Körper und zog die Decke über uns beide. »Außerdem«, sagte sie, »hatte ich keine Mitfahrgelegenheit.« Ich bedeckte ihre Hand mit meiner, unsere Finger schlangen sich ineinander, und zum ersten Mal seit dem Unfall hatte ich wieder das Gefühl, ganz zu sein. Zum Rhythmus von Lindseys gleichmäßigem Atem in meinem Ohr schlief ich ein, an meiner Seite den sanften Druck ihrer Brust, die sich hob und senkte. Irgendwann in der Nacht hörte der Regen schließlich auf.

29

    D er nächste Morgen war strahlend, wie es nach einem richtigen Sturm immer der Fall zu sein scheint, und die Luft reingewaschen von jenem grauen Film, der sich als biologisches Nebenprodukt des Krankenhausdaseins gern ansammelt. Alison kam mit Chucks Mietwagen, um uns abzuholen, und ich fragte mich, ob es lediglich Rücksichtnahme ihrerseits war oder ob ich ihren BMW tatsächlich zu Schrott gefahren hatte. »Tut mir leid wegen deinem Wagen«, sagte ich, während ich auf die Rückbank kletterte. Lindsey nahm vorn auf dem Beifahrersitz Platz.
    »Mach dir keine Sorgen deswegen«, sagte sie aufrichtig. »Die Versicherung wird dafür aufkommen. Ich bin nur froh, dass dir nichts passiert ist.«
    »Noch immer nichts von Jack, oder?«, fragte Lindsey.
    »Nein.« Im Rückspiegel konnte ich Alisons Augen erkennen, rot umrändert und mit dunklen Schatten darunter. Als sie mir zulächelte, tränten sie ein wenig. Links kamen wir an der Highschool des Ortes vorbei, wo Horden von Jugendlichen über den Rasen auf das große Backsteingebäude zuströmten, das mit einer kleinen weißen Kuppel und einer Marmortafel mit den eingravierten Worten »Thomas Jefferson Highschool« verziert war. Die Schüler schienen es nicht eilig zu haben; sie wirkten fast schon gelangweilt, während sie in Jeans und Turnschuhen auf das Gebäude zuschlenderten, die Jungen in weitgeschnittenen Buttondown-Hemden, die sie sich nicht in die Hose gesteckt hatten, die Mädchen in knallengen Röcken und Pullovern. Ich verspürte ein spontanes Bedürfnis, einer von ihnen zu sein, bewusst lässig, mit aller Zeit der Welt. Ich konntemich erinnern, dass ich selbst einmal so gewesen war, mit dem Gefühl, am Scheitelpunkt irgendeines großen Abenteuers zu stehen, das vor mir lag. Ohne zu ahnen, dass dieser Scheitelpunkt ewig dauern konnte.
    Jeremy spielte mit Chuck einer gegen einen, als wir zu Hause ankamen, während Taz neben der Auffahrt im Gras ein Nickerchen hielt. Als Taz den Wagen hörte, schüttelte er sich wach und kam herüber, um uns zu begrüßen, gefolgt von Chuck und Jeremy. »Wow!«, sagte Jeremy, als er mich sah. »Du siehst ja noch schlimmer aus als Chuck!«
    »Danke«, sagte Chuck. »Das sage ich ihm schon seit Jahren.«
    »Die blauen Flecken werden mit der Zeit verschwinden«, sagte ich, während ich mich mit den Armen abstützte, als ich aus dem Wagen stieg. »Genau wie die letzten Reste von Chucks Haar.«
    »Gib mir keinen Grund, dir noch einmal in den Arsch zu treten, Ben«, drohte Chuck und reichte mir eine Hand, während ich mich aufrichtete. »Ich hab vielleicht Mitleid mit dir, aber ich möchte wetten, ich könnte leicht eine Stelle an dir finden, die noch keinen blauen Fleck abbekommen hat.«
    »Das möchte ich bezweifeln«, stöhnte ich.
    »Du scheinst doch ganz ordentlich laufen zu

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