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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Kirche gelangt. Ich nahm jede Abkürzung, die sich mir bot, sprang durch Gärten und über Zäune und schlüpfte sogar in eine Garage und zur Seitentür wieder hinaus. Alles, was ich seit meiner Kindheit über die Stadt gelernt hatte, kam mir an dem Tag zugute, und obwohl ich nie besonders sportlich war, konnte mich nichts aufhalten, ich wurde angetrieben von dem, was ich zu tun hatte.
    Mir war es ganz gleichgültig, wie ich aussah, als ich ankam, weil ich vermutete, daß es auch Hegbert nicht interessieren würde. Als ich die Kirche betrat, ging ich langsamer und versuchte, auf dem Weg zu seinem Büro am Ende des Kirchenschiffs wieder zu Atem zu kommen.
    Als ich eintrat, hob Hegbert den Kopf. Ich wußte, warum er da war. Er bat mich nicht herein, sondern wandte den Blick wieder ab und sah aus dem Fenster. Im Haus versuchte er, mit Jamies Krankheit zurechtzukommen, indem er wie besessen saubermachte. Aber hier waren Blätter über den ganzen Schreibtisch verstreut, überall lagen Bücher herum, als hätte seit Wochen niemand aufgeräumt. Ich wußte, daß Hegbert hier über Jamie nachsann, daß er hier weinte.
    »Herr Pfarrer?« sagte ich leise.
    Er antwortete nicht, aber ich kam trotzdem näher.
    »Ich möchte allein sein«, sagte er mit krächzender Stimme.
    Er sah alt und mutlos aus, so niedergeschlagen wie die Israeliten in Davids Psalmen. Seit Weihnachten war sein Gesicht hagerer geworden, sein Haar schütterer. Mehr noch als ich gab er sich Mühe, vor Jamie seinen Kummer zu verbergen, und die Anstrengungen hinterließen ihre Spuren.
    Ich trat vor seinen Schreibtisch, doch er sah mich nur kurz an und wandte den Blick wieder zum Fenster.
    »Bitte«, sagte er flehentlich, als hätte er nicht die Kraft, sich mit mir zu streiten.
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen«, sagte ich fest. »Ich würde Sie nicht darum bitten, wenn es nicht sehr wichtig wäre.«
    Hegbert seufzte, darauf setzte ich mich auf denselben Stuhl, auf dem ich gesessen hatte, als ich ihn um Erlaubnis bat, Jamie am Silvesterabend ausführen zu dürfen.
    Er hörte zu, während ich ihm meine Gedanken darlegte. Als ich fertig war, sah er mich an. Ich weiß nicht, was er dachte, aber zum Glück sagte er nicht nein. Statt dessen rieb er sich die Augen mit den Fingern und sah zum Fenster hinaus.
    Ich glaube, selbst er war zu erschüttert, um zu sprechen. Und wieder lief ich und wurde nicht müde, denn mein Vorhaben gab mir die Kraft weiterzumachen. Als ich bei Jamie ankam, rannte ich einfach ins Haus, ohne vorher anzuklopfen. Die Krankenschwester kam aus dem Schlafzimmer, um zu sehen, was diesen Lärm verursachte. Bevor sie etwas sagen konnte, sprach ich.
    »Ist sie wach?« fragte ich, voller Euphorie und Furcht zugleich.
    »Ja«, antwortete die Krankenschwester verhalten, »als sie aufwachte, wollte sie wissen, wo Sie sind.«
    Ich entschuldigte mich für mein unordentliches Aussehen und dankte ihr, dann bat ich sie, uns einen Moment allein zu lassen. Ich ging in Jamies Zimmer und zog die Tür hinter mir zu. Sie war blaß, unglaublich blaß, aber ihr Lächeln zeigte mir, daß sie den Kampf noch nicht aufgegeben hatte.
    »Hallo, Landon«, sagte sie mit schwacher Stimme , »danke, daß du noch einmal gekommen bist.«
    Ich zog einen Stuhl heran, setzte mich an ihr Bett und nahm ihre Hand in meine. Als ich sie so daliegen sah, krampfte sich mir der Magen zusammen. Am liebsten hätte ich geweint.
    »Ich war schon einmal hier, aber du hast geschlafen«, entgegnete ich sanft.
    »Ich weiß… es tut mir leid. Ich kann gar nichts dagegen tun.«
    »Das macht doch nichts, wirklich nicht.«
    Sie hob ihre Hand ein wenig von der Decke, und ich küßte sie, dann lehnte ich mich vor und küßte ihr die Wange.
    »Liebst du mich?« fragte ich sie. Sie lächelte. »Ja.«
    »Möchtest du, daß ich glücklich bin?«
    Als ich die Frage stellte, fing mein Herz an zu rasen.
    »Ja, natürlich möchte ich das.«
    »Bist du bereit, etwas für mich zu tun?«
    Sie wandte den Blick ab, Trauer verdunkelte ihre Augen.
    »Ich weiß nicht, ob ich das noch kann«, sagte sie.
    »Aber wenn du es könntest, würdest du es dann tun?«
    Es ist mir nicht möglich, die Intensität der Gefühle, die mich in dem Moment bewegten, zu beschreiben. Liebe, Wut, Trauer, Hoffnung und Angst wirbelten durcheinander und wurden durch meine Nervosität noch verstärkt. Jamie sah mich fragend an, während mein Atem schneller ging. Plötzlich wußte ich ganz genau, daß ich nie tiefere Gefühle für einen Menschen

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