Zeit und Welt genug
klar geworden war, das Josh sich in der Stadt befand, und sie seine Spur rasch gefunden hatte.
Schließlich gab Josh weiter, was sie von dem Greif erfahren hatten.
»Wir müssen also zu der Burg an der Mündung des Sticks«, sagte Jasmine leise.
»Wie weit ist der Sticks entfernt?« fragte Beauty.
»Nicht weit«, erwiderte Jasmine, »aber wir müssen wieder durch Urwald. Am einfachsten wäre es, ein Boot zu mieten, an der Küste entlangzufahren und südlich vom Fluss wieder an Land zu gehen. Ich habe aber keine Ahnung, wie wir in die Festung hineinkommen.«
»Wir lassen uns etwas einfallen«, sagte Josh bedrückt. Er fühlte sich nach der Begegnung mit Skri elend. Es war nicht gut gegangen. Die Rachelust war angesichts des verletzten, fauchenden Greifs vergangen. Er hatte sich vom Rache-Recht so lange antreiben lassen und war im entscheidenden Augenblick kraftlos gewesen. Beauty hatte es tun müssen. Josh war verwirrt und mit sich im Unfrieden.
»Mag schon sein«, meinte Jasmine, »aber man kann eine Burg nicht mit Steinen und guten Wünschen erstürmen. Man braucht einen Plan. Wir wissen nicht einmal –«
»Wir wissen, dass sie da sind, wir wissen, dass wir sie herausholen werden.«
»Ja, ja, aber bei Neptuns Mittelflosse, Joshua, du kannst doch nicht –«
Eine Hand krachte mit solcher Wucht auf die Theke, dass das ganze Lokal verstummte.
»Blasphemie«, zischte eine Stimme.
Eine Gestalt stand vor Jasmine, eine nackte Frau, die Muskeln angespannt, eine schwarze Kapuze über dem Kopf, auf der rechten Schulter einen aufrechten Dreizack eingebrannt. Durch zwei Sehschlitze funkelten wütend ihre grünen Augen. Sie umklammerte einen Säbel.
»Die Frau mit der Kapuze«, flüsterte Josh.
»Vorsicht«, sagte Beauty leise zu Jasmine. »Sie gehört zu den Erweckten.«
Die Frau mit der Kapuze war einen Schritt zurückgetreten. Hinter ihr stand wie ihr Schatten der Mann ohne Arme mit dem Vogelkopf und klackte mit dem Schnabel.
»Du lästerst den Namen des Herrn«, sagte die verhüllte Frau.
»Ich habe es nicht böse gemeint«, sagte Jasmine vorsichtig. »Es tut mir leid, wenn wir euch beleidigt haben.«
»Du hast nicht mich beleidigt, sondern unseren Herrn, Weibsstück!« Die Frau mit der Kapuze hieb den Säbel auf die Theke, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Aller Augen waren auf Jasmine gerichtet. Man wartete auf ihre Erwiderung.
»Bitte«, sagte Jasmine nun mit einiger Schärfe. »Nimm mein Bedauern an.«
Die verhüllte Frau mochte getrunken haben.
»Ich verlange Satisfaktion«, zischte sie. »Ein Duell.«
Der Vogelmann gab Ratschenlaute von sich. Die Menge murmelte. Einaug, der Barmann, klopfte dreimal leise an Wass’ Tür. Die orientalische Neurofrau kam sofort heraus und blieb an der Bar stehen.
Josh trat vor.
»Du kennst mich«, sagte er zu der maskierten Frau. »Ich habe die Wasser-Macht.«
Sie starrte ihn mit verengten Augen an. Ihre grünen Augen glühten.
»Meine Freundin hier hilft mir auf meiner Reise. Ich entschuldige mich für sie«, fuhr er fort.
Die Frau mit der Kapuze schüttelte kurz den Kopf.
»Die Herausforderung gilt nicht dir.« Sie sah Jasmine an. »Hier und jetzt. Du kannst die Waffe wählen.«
Es wurde laut im Lokal. Man schob Tische und Stühle an die Wände. In der Mitte entstand ein freier Platz.
Jasmine sah Wass fragend an.
»Das ist die Mode hier, seit über einem Vierteljahrhundert schon«, sagte Wass leise. »Es bleibt nichts anderes übrig, als zu kämpfen.«
Jasmine trat von der Theke zurück und sah die Frau mit der Kapuze an.
»Degen«, sagte sie und zog ihre Waffe.
Die Frau mit der Kapuze legte den Säbel auf die Theke, ging zu einer Gruppe von ESS bei der Treppe, besprach sich kurz und begann die von ihren Leuten überreichten Degen in der Hand zu wiegen.
Wass ging um die Bar herum, trat zu Jasmine und sprach sie mit lauter Stimme an.
»Trägst du den Ärmel unten oder aufgerollt oder abgeschnitten?«
Jasmine sah sie erstaunt an.
»Tja, das weiß ich nicht. Was meinst du, was ist am besten?«
»Das darf ich nicht sagen«, gab Wass taktvoll zurück.
»Hm. Dann schneid ihn ab«, sagte Jasmine nach einer kurzen Überlegungspause.
»Das ist vorzuziehen.« Wass nickte. »So ist es richtig.« Sie streckte die Hand aus, der Zyklop legte ein Messer hinein, und im nächsten Augenblick hatte sie den rechten Ärmel von Jasmines Bluse an der Schulter abgetrennt.
Josh sah sie besorgt an.
»Muss es denn bis zum Tod sein?« fragte er. »Genügt es nicht
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