Zeitbombe Internet
GroÃvaters oder die zusätzliche Sicherheit vor Diebstählen, weil man die Koordinaten eines abhandengekommenen Handys ja der Polizei mitteilen kann. Immer wieder erweist es sich als nützlich.
Die Nachteile sind inzwischen auch bekannt. Bei dem Versuch, Schicksale wie das von Fatma N. zu vermeiden, verlangt der Gesetzgeber heute zum Beispiel, dass der Benutzer eine Bestätigung per SMS schicken muss, bevor sein Handy geortet werden kann. Trotzdem häufen sich in Frauenhäusern
jene Fälle, in denen der verlassene Ehemann die Ehefrau an ihrem Zufluchtsort aufspürt â weil er beispielsweise die Ortung heimlich auf dem Handy seiner Frau aktiviert hat. Und so gehört es inzwischen vielerorts zu den ersten Handgriffen, Schutz suchenden Frauen ihr Handy wegzunehmen und den Akku zu entfernen.
Das Handy ist ein perfektes Symbol unserer Zeit. Wo die Menschen gehen und stehen, hinterlassen sie Datenspuren: Sie teilen also einem Computer mit, wo sie gerade sind und was sie machen. In der Regel tun sie dies, ohne es zu wissen oder ohne daran zu denken. Sie tun es, wenn sie telefonieren, wenn sie Auto fahren und eben wenn sie in einer FuÃgängerzone in Dorsten unterwegs sind. Denn inzwischen sind mehr als 35 Milliarden Geräte ans Internet angebunden: Computer, Tablettcomputer, Musik-Datenbanken, GPS-Geräte, Autonavigationssysteme, dazu Handys und Digitalkameras, über die Kevin Kelly, ein renommierter Technologie-Beobachter und früherer Chefredakteur der Kult-Zeitschrift Wired , sagt: »Das System hat drei Milliarden Augen.« Wo landen all die gesammelten Daten? In riesigen Computernetzwerken und Supercomputern, denen Programmierer mit genialer Software irre Dinge beigebracht haben â oder wahlweise entlocken.
Der Computerwissenschaftler David Gelernter, er lehrt an der amerikanischen Universität Yale und gilt als einer der brillantesten Köpfe seines Faches, hat vor zwanzig Jahren die Vorstellung entwickelt, das Leben der Menschen würde irgendwann von lauter kleinen Sensoren aufgezeichnet und zu einem regelrechten »Doppelgänger« zusammengefügt. Der Computerwissenschaftler denkt, dass unsere Datenströme »es der Software noch leichter machen, unser Leben im Detail kennen zu lernen und unser Verhalten vorherzusagen«. Und wozu? Google, Apple, Microsoft und Co. sammeln Daten, damit die Menschen mehr kaufen, gezielter finden, was sie suchen, und die Werbung treibende Wirtschaft hofft, die vielen hundert Milliarden, die sie jedes Jahr für Werbekampagnen ausgibt, gezielter einsetzen zu können. Verwaltungen versprechen den Bürgern eine effizient organisierte Zukunft,
Versandhändler ein müheloseres Leben, die Schufa eine reibungslosere Wirtschaft. Alle sammeln sie.
Im Netz der Riesenrechner
Eric Schmidt, der langjährige Chef des Internetkonzerns Google, ist im August 2010 zu einem Kurzbesuch nach Berlin geflogen. Er will eine Rede auf der Internationalen Funkausstellung halten. Als der 56-Jährige auf die Bühne tritt, sieht er aus wie immer: Er trägt einen blauen Anzug, eine dazu passende blaue Seidenkrawatte, ein weiÃes Hemd â und braune Slipper. Seine Stimme lässt keine tiefen Gefühle erahnen, er schaltet sein Lächeln in Intervallen ein, als stünde es so im Redemanuskript.
Er zählt die einzelnen Punkte der IT-Revolution an den Fingern ab â damit er bloà keinen vergisst, und so eine Rede würde normalerweise keine flüchtige Erinnerung hinterlassen. Schmidt sagt Sätze wie: »Wir stehen am Anfang eines humaneren Zeitalters, in dem Computer die Dinge machen, die wir wirklich wollen, was letztlich bedeutet, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.« Augmented Humanity nennt er das, den Ausdruck verwendet er tatsächlich für seine Visionen. Eine neue Ãra des Menschseins, freundlich gestützt von Google und Co.
So weit, so wolkig. Aber dann tritt der Google-Entwicklungsingenieur Hugo Barra auf die Bühne. »Wir haben in den vergangenen Jahren viel an der Spracherkennung gearbeitet«, beginnt Barra, reibt sich die Hände und sagt dann, er wolle etwas zeigen, was noch niemandem gelungen sei.
Hugo Barra bittet den deutschen Google-Pressesprecher Kay Overbeck auf die Bühne. »Bitte denken Sie daran, es ist noch in der Experimentierphase.« Dann macht er mit Overbeck ein kleines Rollenspiel. Er selbst spielt einen Touristen, der in Deutschland unterwegs ist, aber kein
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