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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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ein Kommandante schon machen, wenn Google irrt?
    Nur ein paar internationale Militärbeobachter horchten auf, denn für sie steckten größere Fragen dahinter. War diese lateinamerikanische Posse ein Vorbote? Werden Schlachten der Zukunft so geschlagen, dass Kommandanten sich bei all ihren Entscheidungen ganz und gar auf Computer verlassen, auf Datendienste im Internet, auf Google gar?
    Werden wir ein Zeitalter versehentlicher Invasionen, Bombardements und Raketenangriffe erleben – jedesmal, wenn ein Computer einen Fehler macht?
    Befehl aus dem Netz
    Eine gute halbe Stunde nördlich von Kansas City liegt das intellektuelle Zentrum der amerikanischen Armee. So nennt man sich hier selbstbewusst, im Combined Arms Center, das auf dem weitläufigen Militärstützpunkt von Fort Leavenworth untergebracht ist.
    Fort Leavenworth ist einer der traditionsreichsten Militärstützpunkte der USA. Er wurde vor hundertsiebzig Jahren gegründet, um den Verkehr von Planwagen zu sichern und um »den Frieden unter den umgesiedelten Indianerstämmen« zu fördern. Auf dem Weg zum Haupteingang fährt man durch adrett gepflegte Alleen und korrekt gestutzte Hecken, vorbei an historischen Bauten wie dem markanten Uhrenturm und am Exerzierplatz. Die Häuser der Generäle und hohen Offiziere
haben hier Verandas im Stil der Südstaaten. An vielen Ecken finden sich Andenken an große Krieger, die außergewöhnliche Opfer und Kriegsleistungen für ihr Vaterland erbracht haben. Ihre Büsten wurden in Bronze gegossen. Oder in Öl gemalt.
    Die ganze Altehrwürdigkeit passt aber nicht recht zu dem, was das »intellektuelle Zentrum« der Armee gerade treibt. Kürzlich gab es im Fort Leavenworth eine Vorführung, bei der es um technische Lösungen für eine »kleinere, flexiblere Kampftruppe« ging. Vorgeführt wurde zum Beispiel die niedliche Roboterraupe »SUGV« (Small Unmanned Ground Vehicle), die ein wenig an die Fahrzeuge erinnert, mit denen die NASA auf dem Mars Krater erkundet. SUGV ist aber eine Kooperation zwischen der Militärdivision von Boeing und der Firma iRobot, die sich mit dem Staubsauger-Roboter Roomba einen Namen gemacht hat. SUGV, erklärt Sergeant Stephan Faddis in Fort Leavenworth, soll »an Orte gehen, wo Sie eigentlich keinen Menschen hinschicken möchten, wo irgendetwas sein könnte, das dem menschlichen Leben abträglich ist. Sie können dann den Roboter vorschicken«.
    Tatsächlich: Der kleine SUGV kann eine Reihe von Aufgaben erledigen, für die Soldaten bisher Gliedmaßen oder ihr Leben lassen mussten. Er kann unter Autos kriechen und Bomben suchen. Er kann in Gebäude eindringen und den Soldaten draußen ein paar Bilder schicken, wie es drinnen aussieht – auf eine Art tragbaren Spezialcomputer für Feldgebrauch und Häuserkampf. SUGV kann Treppen steigen und mit zehn Stundenkilometern durch die Straßen sausen. Er kann sogar, darauf sind seine Entwickler stolz, die Luft aus Autoreifen lassen.
    SUGV ist nur ein kleines Beispiel für die radikale Umgestaltung moderner Streitkräfte, die vor allem in den USA seit Jahren vorangetrieben wird. In Fort Leavenworth sind auch alle möglichen anderen Geräte oder Konzepte für Geräte zu sehen, die fliegen, springen, in Gebäude eindringen oder einfach in der Luft hängen und Informationen sammeln. Denn darum geht es eigentlich: Informationen zu sammeln. Daten.
»Alle Information wird über ein Netzwerk bereitgestellt«, heißt es dazu im intellektuellen Zentrum der Armee, und das kann dann den Soldaten bei ihrem Kampfeinsatz helfen oder smarten Raketensystemen beim Zielen. »Das sind komplexe Geräte, die der Infanterie bei der Arbeit helfen«, erklärte ein Major namens Bill Venable. »Aber den Soldaten können sie nicht ersetzen.«
    Stimmt. Bloß wird der Soldat als solcher ebenfalls gerade an jenes Netz angeschlossen, an dem bereits die Roboter und Raketen, Satelliten und computergesteuerte Waffensysteme hängen. Bomben werden von GPS-Satelliten und aus dem Internet gelenkt, Drohnen werden per Netzwerk von Piloten auf völlig anderen Kontinenten gesteuert, Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe sind mobile EDV-Zentren der modernsten Art. Die amerikanische Armee nimmt gerade einen erneuten Anlauf auf ein Programm namens »Nett Warrior« (sic!), das Soldaten auf dem Schlachtfeld mit vernetzten Computern ausstattet, einer Art

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