Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Vertrauen und verdient auch das Ihre. Zur Sache also«, er deuteteauf von Doering, der ebenfalls unter den Anwesenden war, die bestanden aus Kommerzienrat Rohrbach, Eckhardt von Schröter, Aufsichtsrat der »Telefunken«, dem Reichstagsabgeordneten Hermann Hermanus sowie Major Berndorff, Chef der NfO, dem kaiserlichen »Nachrichtendienst für den Orient«.
Hans-Georg von Doering, Gouverneur der Kolonie Togo, erhob sich, und mit Blick auf von Schröter sagte er: »Unsere Telegrafiestation in Atakpamé funktioniert hervorragend. Weit besser als die der Franzosen und der Engländer in Dahomey und an der Elfenbeinküste. Nochmals Dank an Ihr Unternehmen für diese technische Glanzleistung und für die Finanzierung. Es wird sich für Sie auszahlen, das kann ich garantieren. Aber vor allem darf ich Ihnen den Dank der kaiserlichen Untertanen in Togo aussprechen. Die Menschen da draußen im Busch, 5 000 Kilometer entfernt von daheim, sind dem Vaterland nun ein gutes Stück näher gerückt.«
Er machte eine Pause. »Aber«, fuhr er dann fort, »die Station steht auf gefährdetem Gebiet. Wir müssen jederzeit mit einem Überfall der Franzosen rechnen, denen es nicht entgangen ist, dass wir die Rebellen in ihrer Kolonie mit Waffen unterstützen. Wir brauchen«, und damit wandte er sich an den Abgeordneten Hermanus, »mehr Polizeikräfte, wenn wir schon kein Militär vor Ort haben. Unsere 500 Beamten sind ein Witz im Vergleich zu den Streitmächten der Engländer und Franzosen. Wenn das Parlament den Kaiser davon überzeugen könnte, Soldaten zu stationieren … Aber, nun gut – wenigstens mehr Polizisten, das ist das Mindeste, sonst kann ich nicht länger für die Sicherheit der Funkanlage garantieren.«
»Nicht so schwarzmalen, mein lieber Doering!«, sagte Freiherr von Schwemer wohlwollend, »so schnell wagt sich der Franzmann nicht auf unser Gebiet. Aber andere tun es andauernd, nicht wahr?« Er blickte zu Berndorff, dem Chef des Nachrichtendienstes.
Der nickte. »Sie tun, was sie schon immer getan haben, die Kaffern«, sagte er, »stehlen den Nachbarn die Frauen, rauben ihnen die Kinder, um sie als Sklaven in den Sudan zu verkaufen. Das kennen wir ja schon in anderen Kolonien, aber jetzt machen siesich auch über unsere Neger her, sie fallen überall in den Reichskolonien in die Dörfer ein und wüten wie die Hottentotten. Es ist an der Zeit, dass der Kaiser mal wieder einen ihrer Häuptlinge empfängt. Wenn wir schon nicht zurückschlagen können, dann sollten wir sie wenigstens mit Geld ruhigstellen. Und ich kann Ihnen sagen, meine Herren: Es ist bereits in die Wege geleitet. Noch im Laufe dieses Frühsommers werden wir eine Delegation einladen.«
»Das klingt doch gut!«, sagte von Schwemer. »Noch etwas Whisky, meine Herren?« Ohne die Antwort abzuwarten, zog er an der Klingelschnur, die neben dem schweren Vorhang hing, und unmittelbar darauf trat Aiauschi ein. Er hatte bereits ein Tablett in der Hand, auf dem eine Flasche mit sechs Gläsern stand. Der Freiherr nickte ihm kurz zu, und Aiauschi verteilte die Gläser auf die Beistelltische und schenkte ein. »So sollten sie alle sein«, sagte von Doering mit Blick auf Aiauschi, »wirklich ein Prachtexemplar!«
Richard von Schwemer bedeutete ihm mit einer Handbewegung, zu schweigen. Als Aiauschi den Raum verlassen hatte, sagte er: »Er versteht unsere Sprache. Mehr noch: Er spricht sie sogar perfekt. Er hat einen Schulabschluss hingelegt, davon würden manche hier im Reich träumen.«
»Ich habe ja gar nichts Nachteiliges über ihn gesagt!«, verteidigte sich von Doering.
»Eben, eben«, entgegnete von Schwemer. »Man soll die Neger nicht in ihrem Beisein loben, das ist wie mit den Kindern. Und Kinder sind sie ja alle irgendwie, nicht wahr?«
Man lachte und hob die Gläser.
»Apropos: Wann tun wir mal wieder etwas für die Kinder?«, fragte von Schwemer in die Runde.
Nun war die Reihe an Kommerzienrat Rohrbach: »Unser Bankhaus hat sich entschlossen, die nächste Völkerschau zu finanzieren«, sagte er und sah Beifall heischend in die Runde, den er auch prompt erhielt. »Das Einzige, was Sie tun müssen, ist, genügend Neger heranzuschaffen«, sagte er zu Doering gewandt, »und den Zoo zu bitten, alle Vorbereitungen zu treffen. Vielleicht sollten Siewieder mit Hagenbeck in Hamburg kooperieren? Dort ist die Schau beim letzten Mal doch sehr gut angenommen worden, oder?«
»Ja ja, das schon«, antwortete Doering. »Wir müssen nur aufpassen, dass die Neger sich
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