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Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Flohr
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uns immer im Gedächtnis bleiben wird, zumindest werde ich alles dafür tun.« Er ergriff ihre Hand, beugte sich leicht darüber und verharrte so einen Moment lang. Als er sich wieder aufrichtete, blickte er ihr in die Augen und fügte hinzu: »Die Kraft Ihres schönen Gesichts, welch ein Ansporn für mich! Nichts auf der Welt bereitet mir gleiche Freude.« Sie lächelte irritiert, und als Wilhelm ihren erstaunten Blick bemerkte, fügte er hinzu: »Das stammt nicht von mir, das ist von Michelangelo. Aber es entspricht genau dem, was ich in diesem Augenblick empfinde.«
    Ihr Vater lachte, legte Wilhelm eine Hand auf die Schulter, und sagte: »Die Reise nach Florenz hat einen Poeten aus Ihnen gemacht, wie mir scheint. Eine recht brotlose Betätigung übrigens. Aber Ihr Herr Vater wird schon dafür sorgen, dass Sie Ihr Leben nicht nur mit Süßholzraspeln verbringen.«
    »Keine Sorge«, entgegnete Wilhelm, »obwohl man natürlich sagen muss, dass auch mit Süßholz Geld verdient werden kann, wie man in unseren Kolonien sieht.«
    In diesem Augenblick wurden von zwei Livrierten die beiden mächtigen Eichenholztüren geöffnet, welche die Empfangshalle vom großen Salon trennte. »Wenn Sie erlauben«, sagte Wilhelm zum Gouverneur und bot Charlotte seinen Arm an, »würde ich Ihr Fräulein Tochter gern hineinführen. Sie hat heute Abend den Ehrenplatz.«
    Die Menge der Gäste teilte sich, als das junge Paar durch die Halle schritt. Im Salon war eine U-förmige Tafel aufgebaut, weiß eingedeckt, mit funkelnden Gläsern auf den Tischen, dazwischen Blumenarrangements. Wilhelm führte Charlotte zu ihrem Stuhl an der Stirnseite, wo sechs Plätze nebeneinander für das Paar und ihre Eltern reserviert waren. Er und Charlotte saßen in der Mitte.
    Der Applaus war groß, als Freiherr von Schwemer nach dem ersten Gang des Festessens die Verlobung seines Sohnes mit Charlotte von Doering bekanntgab. Das Paar erhob sich zum Dank, und als Wilhelm seinen Blick über die Köpfe der Anwesenden schweifen ließ, sah er, dass der für seine Schwester reservierte Platz unbesetzt war. In diesem Moment wurde die Tür einen Spalt geöffnet, und sie schlüpfte herein. Wilhelm wusste sofort, dass dieser Auftritt der ohnehin strapazierten Familienharmonie nicht guttun würde: Elisabeth trug den schwarzen Hosenanzug, der vor wenigen Tagen einen heftigen Streit zwischen ihr und ihrem Vater hervorgerufen hatte, ein Anzug der Art, wie ihn Asta Nielsen in ihrem neuen Film trug, und der die Berliner Gesellschaft mehr beschäftigte als die Frage, ob der Lohn der Fabrikarbeiterinnen auf das Niveau der Männer angehoben werden solle. Er atmete erleichtert durch, als er sah, dass sie Platz nahm, bevor ihr Vater sie bemerken konnte.
    Hauptgesprächsthema des Abends, als nach dem Essen alle erneut in der großen Halle zusammenstanden, war der Skandal um den »Rosenkavalier« an der Königlichen Oper. Kapellmeister Richard Strauss hatte sich geweigert, einige vom Kaiserlichen Opernamt wegen »sittlicher Anstößigkeit« verlangte Textänderungen vorzunehmen. Strauss, gleichzeitig Komponist der Oper, war so empört über das Ansinnen, dass er sein Amt fristlos niederlegte und in seine Heimat nach Wien zurückkehrte, wo man ihn mit offenen Armen empfing – der Kaiser war der Blamierte.
    »So etwas kann man nicht machen – nicht mit unserem Kaiser!«, ereiferte sich Frau Kommerzienrat Rohrbach und erhielt Zustimmung der umstehenden Damen. Allerdings nicht von allen. Helene Bechstein fragte in die Runde: »Kann mir eine der Damen den Unterschied zwischen ›nehmen‹ und ›gewinnen‹ erklären?« – »Was hat denn das damit zu tun?«, kam die Gegenfrage. »Also«, hob sie an: »Das Frauenzimmer hat gar vielerlei Arten, wie es will gewonnen sein.« Sie machte eine kleine Kunstpause und blickte herausfordernd in ratlose Gesichter, dann fuhr sie fort: »So hat der Hof die Arie umgedichtet. Im Original heißt es: ›Das Frauenzimmer hat gar vielerlei Arten, wie es will genommen sein.‹ Kann mir jemand sagen, was an ›nehmen‹ so unsittlich sein soll? Sicher, geben ist seliger denn nehmen, aber ›gewinnen‹? Das ist nur etwas für Spieler.« Sie erntete vielfältiges Gelächter hinter vorgehaltenen Händen, nur eine lachte aus vollem Hals – eine junge Frau im Hosenanzug mit kurzgeschnittenem, schwarzem Haar: Elisabeth.
    Das Lachen blieb in der Luft hängen, als sich ihr alle Blicke zuwandten. Helène von Schwemer atmete tief ein, aber bevor sie etwas zu ihrer

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