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Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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erschreckenden Hang zum Aderlass gezeigt. Hilfsweise setzten sie einem Blutegel oder grässliche Schröpfgläser auf den Rücken oder verschrieben irgendwelches stinkendes Zeug zum Einnehmen, von dem man nie genau wusste, ob es nicht giftig war.
    »Es geht mir schon viel besser«, erklärte ich. »Ich möchte einfach nur meine Ruhe.«
    Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, bis sich endlich alle Dienstboten verzogen hatten und ich ungestört mit Sebastiano reden konnte. Er kam in mein Schlafzimmer, schloss die Tür ab und setzte sich zu mir auf das Barbiebett.
    »Was war los? Erzähl schon!«
    Ich brach auf der Stelle in Tränen aus. Sebastiano fasste mich bei den Schultern und sah mir eindringlich ins Gesicht. »Was hat dieser Mistkerl von Earl dir angetan? Ich bringe ihn um!«
    »Jemand hat mich hinterrücks niedergeschlagen, aber ich glaube nicht, dass es George war«, fasste ich schluchzend die Geschehnisse zusammen, wobei ich die Beule hinter meinem Ohr rieb. Sebastiano schob meine Hand beiseite und sah sich die Stelle selbst an. »Ich bringe ihn um.«
    »Ich sag doch, er war es nicht.«
    »Wer dann?«
    »Keine Ahnung«, räumte ich ein. »Der Schlag kam ja von hinten.«
    »Wie kannst du dann sicher sein, dass es nicht Clevely war?«
    »Weil ich hinterher sein Gesicht gesehen und gehört habe, was er alles sagte. Vor allem, wie er es sagte. Er war total geschockt, und das war definitiv echt. So gut kann kein Mensch schauspielern.«
    »Einen anderen Beweis für seine Unschuld hast du nicht?«
    Immer noch weinend schüttelte ich den Kopf. Sebastiano zog mich in seine Arme. »Tut es sehr weh?«
    »Nein, nur wenn ich draufdrücke«, schniefte ich. »Ich hatte schon viel schlimmere Kopfschmerzen.«
    »Warum weinst du dann so?«
    Ich holte zitternd Luft, doch ich konnte nicht aufhören zu schluchzen. Erst jetzt wurde mir das ganze Ausmaß dessen klar, was ich erlebt hatte – eine unmittelbare Begegnung mit dem Feind. »Die Maske ist weg. Der Kerl in dem Heckenlabyrinth hat sie mir gestohlen.«
    Seltsamerweise wurde mir erst am nächsten Tag klar, dass mir nicht nur die Maske abhandengekommen war. Nach einer Nacht voller Albträume, in denen ich abwechselnd über trostlose, windgefurchte Ebenen irrte und in den schwarzen Schacht der Zeit stürzte, wachte ich wie zerschlagen auf und wusste es plötzlich.
    Meine Gabe war weg.
    Für mich war das Grund genug, sofort wieder loszuflennen und damit Sebastiano zu erschrecken, der die Nacht bei mir verbracht hatte und mit wilden Blicken hochfuhr, als er mich weinen hörte. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass mir keine unmittelbare Gefahr drohte, umschlang er mich mit beiden Armen und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren.
    »Wieder schlecht geträumt?«, murmelte er, nachdem ich mich etwas beruhigt hatte.
    Ich schluckte fest. »Ja, das auch. Aber deswegen heule ich nicht.«
    »Weshalb dann?«
    Ich sagte es ihm, und er atmete tief ein. »Bist du sicher?«
    »Ganz sicher. Nicht das allerkleinste Jucken. Ich habe nicht gemerkt, dass ich in Gefahr war.«
    »Verdammt!«
    »Das kannst du laut sagen.«
    Wir versuchten gemeinsam zu ergründen, wann ich das letzte Mal das Jucken gespürt hatte, aber ich erinnerte mich nur noch an den Beinahe-Zusammenstoß mit dem Radfahrer im St. James Park – und an das Gefühl, dass uns da irgendwer heimlich beobachtet hatte.
    »Denk nach!«, forderte Sebastiano mich auf.
    »Hab ich doch. Sonst war da nichts mehr.« Ich grübelte. »Das heißt, doch. An dem Abend, als wir hier am Grosvenor Square ankamen, kribbelte es noch mal. Dabei hatte ich das Gefühl, in der Nähe würde jemand auf uns lauern. Ich entsinne mich noch, wie ich überlegte, ob sich einer im Gebüsch rumdrückt, vielleicht ein Straßendieb oder so. Aber es hat dann gleich aufgehört, als wir im Haus waren.«
    »Und danach? Gar nichts mehr?«
    »Nichts«, erwiderte ich trostlos.
    Und damit mussten wir uns beide abfinden.

TEIL DREI

  
    I
n den folgenden Tagen warteten wir ständig voller Unruhe, dass irgendetwas Neues geschah, aber der Rest der Woche verstrich ohne besondere Zwischenfälle. Die Beule hinter meinem Ohr erinnerte mich für ein paar Tage daran, dass ich meinen Job – oder jedenfalls den Teil davon, für den ich zuständig war, was auch immer es sein mochte – schlicht vermasselt hatte.
    Sebastiano war immer noch nicht davon überzeugt, dass George so unschuldig war, wie er sich gab, und bemühte sich redlich, ihn zu entlarven. Wir besuchten eine Reihe

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