Zeitfinsternis
selbst noch auf dem hohen geschnitzten Stuhl saß, von dem aus er die Schlacht beobachtet hatte, war nur noch sehr wenig übrig. Alle Pferde und Ritter waren entweder geflohen oder lagen tot am Boden, unter den letzteren der erste Minister und der Leibarzt des Königs. Ein ähnliches Schicksal hatte auch die Gruppe von Herolden und Pagen ereilt, denen zum größten Teil Pfeile aus dem Rücken ragten. Den meisten Angehörigen der Leibwache Attilas war es gelungen, recht weit zu fliehen, bevor sie getötet wurden. Der Hofnarr kauerte neben dem Holzthron Seiner Majestät bei den Lieblingsmätressen. Ihre seidenen Unterröcke waren zerknittert und durcheinander, und ihre parfümierten und gelockten Perücken lagen wie riesige zerquetschte Spinnen im Staub. Dann beugte König Attila sich plötzlich nach vorne, kippte mit seinem Stuhl um und fiel auf die drei anderen. Nur der Zauberer, Fell, stand noch und brachte ruhig jedes der schwarzen, menschenähnlichen Dinger um, das zu nahe kam oder einen Pfeil oder einen Speer auf die kleine Gruppe von Überlebenden richtete. Nach einer Weile waren alle geheimnisvollen Angreifer verschwunden.
„Seltsam“, hörte Sir Guy den König sagen, gerade als es ihm gelang, sich den Helm herunterzuzerren.
Die beiden Frauen standen auf, klopften sich den Staub von ihren Kleidern ab und setzten die Perücken wieder auf ihre rasierten Köpfe.
Auch der Hofnarr stand auf. Fell drehte sich herum. Seine weiten Ärmel verdeckten den Zauberstab, den er in den Händen hielt. Und aus dem Leichenhaufen erhob sich einer der blaugekleideten Pagen, selbst nicht viel größer als die Bogenschützen, die seine Kameraden getötet hatten. Er hob hastig die Edelstahlkrone des Königs auf. Attila schaute um sich herum die Toten und Sterbenden an, um sich dann seinem Hofzauberer zuzuwenden.
„Habt Ihr etwas davon gewußt?“
Fell schüttelte den Kopf. „Ich kann Euch keine Erklärung geben, Sire.“
Sie standen eine Zeitlang da, ohne etwas zu sagen. Die einzigen Geräusche um sie herum wurden durch die sterbenden Männer und Pferde und die Glöckchen an Kopf, Handgelenken und Knöcheln des Hofnarren, die bei jeder Bewegung klingelten, verursacht.
Attila sah zu dem Ritter. „Wie heißt Ihr?“
Guy schluckte nervös und sagte mit zitternder Stimme: „Sir Guy von Angel, Eure Majestät.“
„Ihr scheint alles zu sein, was von meiner Armee noch übrig ist, Sir Guy“, sagte der König zu ihm. „Dafür und weil Ihr mich nicht verlassen habt, seid Ihr jetzt mein Erster Ritter.“
„Ich danke Euch Sire“, sagte Sir Guy, beugte ein Knie und küßte die Hand, die Attila ausstreckte.
Dann befand Attila dem bleibenden Pagen, er solle versuchen, ein paar Pferde zu finden. Nach kurzem Nachdenken schickte er ihm Sir Guy nach, um ihm zu helfen. Sir Guy dachte, daß dies für einen Ersten Ritter eine etwas niedere Aufgabe war, tat aber, was ihm befohlen wurde.
Es freute ihn, Baron Munchbolds Leiche unter den Toten zu finden, aber fast sofort fühlte er sich wegen seiner Reaktion schuldig. Der Baron hatte Gilbert – so hieß Guys Pferd – in einem ehrlichen Spiel gewonnen. Verpflichtete Guy jetzt nicht seine Ritterehre dazu, das Pferd Munchbolds nächsten Verwandten zu übergeben? Er und der junge Page sammelten einige Pferde und führten sie zurück zu den anderen. Das Problem schien sich von selbst gelöst zu haben: Wenn Gilbert nicht gefunden werden konnte, dann konnte ihn auch keiner haben. Attila suchte sich ein Pferd aus, die anderen vier ebenfalls. Der tragbare Thron wurde auf ein sechstes Pferd gebunden, dessen Zügel der Page nahm. Sir Guy kletterte auf das letzte Tier.
„Ihr“, sagte der König und machte eine
Weitere Kostenlose Bücher