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Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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stellte sich heraus, dass Arlington zwar auch schon recht alt, aber dennoch über hundert Jahre jünger war als Maddy. 1190 hatte er Richard Löwenherz als junger Ritter Sir Giles Montgomery auf den Dritten Kreuzzug zur Rückeroberung Jerusalems von Sultan Saladin begleitet. In der Schlacht bei Arsuf wurde er schließlich so lebensgefährlich verletzt, dass man ihn auf dem Schlachtfeld zurückließ, weil man ihn bereits tot wähnte. Dort wurde er wenig später von einem alten Mann aufgelesen, der bemerkt hatte, dass er noch atmete. Als der alte Mann, ein greiser persischer Vampir, feststellte, dass er Giles auf natürlichem Wege nicht würde retten können, verwandelte er ihn schließlich.
    Giles blieb ein paar Jahre bei dem alten Mann, um von ihm zu lernen, wie er mit seiner neuen Existenz umgehen konnte, dann kehrte er zurück nach England. Er blieb auch in den folgenden Jahrhunderten königstreu und wurde später im 15. Jahrhundert von Henry VI. in den Adelsstand eines Viscount Arlington erhoben.
    »Hm. Dann ist dein Titel also sogar echt«, flüsterte ich grinsend an Arlingtons Ohr. Mit gespielter Entrüstung schob er mich ins Gras und lehnte sich dicht über mich. »Natürlich ist er echt. Was hast du denn gedacht?«, fragte er drohend.
    Gebannt starrte ich auf seine Lippen. »Wenn du so nahe bist, kann ich offen gestanden gar nicht richtig denken«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    Giles lachte und küsste mich stürmisch. Leidenschaftlich erwiderte ich seinen Kuss und drängte mich enger an ihn. Als er sich dabei ertappte, wie er an meiner Kleidung zu nesteln begann, wich er abrupt zurück.
    »Du bringst mich noch um meinen Verstand«, stöhnte er. »Bislang habe ich mich in der Öffentlichkeit noch nie so vergessen.«
    »Na, wenn schon«, erwiderte ich ungeduldig, »es ist doch schon längst dunkel.«
    »Nichts da, meine Teuerste.« Arlington hatte wieder zu seinem spöttischen Tonfall zurückgefunden, der mich so sehr reizte. »Wir werden uns anständig benehmen und erst mal sittsam nach Hause spazieren.«
    »Alter Langweiler!«, schmollte ich, während wir aufstanden.
     
    Auf dem Heimweg nach Kilburn bemerkten wir, wie der nächtliche Himmel über London immer noch von dem großen Brand in der City erhellt wurde. Beunruhigt darüber, dass ich die Katastrophe in London angesichts meiner eigenen Erlebnisse kurzfristig vergessen hatte, wandte ich mich an Arlington.
    »Wird das denn nie aufhören?«, fragte ich ihn besorgt.
    »Sie sind schon dabei, das Feuer einzudämmen«, erklärte Giles ernst. »Leider können wir nichts weiter tun, als abzuwarten. Soweit ich es mitbekommen habe, ist es zumindest den meisten Menschen gelungen, sich in Sicherheit zu bringen.«
    Beklommen blickte ich auf die erhellte Fläche. Arlington nahm mich tröstend in den Arm.
    In seinem Haus angekommen, zeigte er dann nichts mehr von seiner vorherigen Zurückhaltung. Diesmal war er es, der mich mit seiner Leidenschaft überwältigte und mich in unserer ersten gemeinsamen Nacht von meiner Sorge um London ablenkte.
     
    In den nächsten Tagen ließ Arlington permanent Erkundigungen über den Verlauf des Brandes und den Erfolg der Löscharbeiten einholen. Durch das Feuer waren unzählige Menschen obdachlos geworden und hatten sich in Moorfields, nördlich der Stadtmauer, in Sicherheit gebracht. Unter freiem Himmel war dort ein riesiges ungeordnetes Lager entstanden.
    Arlington und ich verbrachten die Tage damit, die Menschen dort mit dem Nötigsten wie Brot und Wasser zu versorgen. Das Wasser stammte vom Fluss auf seinem Grundstück und das Brot ließ er in großen Karren aus den umliegenden Dörfern beschaffen. Nach drei Tagen erfuhren wir schließlich erleichtert, dass das Feuer größtenteils bekämpft war.
    Ich wollte in die City gehen, um das Ausmaß der Schäden zu begutachten. Giles war dagegen, weil er ahnte, wie viel Kummer es mir bereiten würde. Doch ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie viel von meiner Heimatstadt noch übrig geblieben war und so zogen wir los.
    Entgegen Arlingtons Befürchtung war mein Haus am St. James’s Square vom Feuer verschont geblieben, ebenso wie die nahegelegene Bank, in der ich meine Ersparnisse deponiert hatte. Aber das munterte mich nicht sonderlich auf, denn die City of London lag nach dem Brand praktisch komplett in Schutt und Asche. Nahezu alle Kirchen, darunter auch die St. Paul’s Cathedral, waren zerstört, des Weiteren auch das Christ’s Hospital, die Royal Exchange, das Zollhaus und

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