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Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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drei Stadttore. Die Guildhall stand noch, war aber innen vollständig ausgebrannt. Der Tower war immerhin gerettet worden.
    Den Berichten nach zufolge waren jedoch nur sechs Menschen in dem Feuer umgekommen, was angesichts des verheerenden Ausmaßes des Brandes schon an ein Wunder grenzte. Einen einzigen Vorteil hatte die Feuersbrunst darüber hinaus gehabt: Sie hatte offenbar die Pest endgültig gestoppt, da in den Flammen auch alle verseuchten Ratten und Flöhe mit verbrannt waren.
    Giles nahm mich in den Arm, als ich meinen Blick deprimiert über die Ruinen der City gleiten ließ. »Sie werden es wieder aufbauen«, versprach er tröstend.
     
    Arlington schlug mir vor, eine Zeitlang mit ihm nach Oxford zu gehen, damit ich auf andere Gedanken käme. Er besaß dort in Grandpont ein kleines Anwesen an der Themse, in dem wir logieren konnten, um am geselligen kulturellen Leben von Oxford teilzunehmen und von dort aus Ausflüge ins Umland zu machen.
    Natürlich nahm ich sein Angebot an. Meine Anstellung und meine Wohnung zu kündigen, machte mir nichts aus, da ich ja ohnehin schon seit einiger Zeit das Bedürfnis nach einer Veränderung hatte. Außerdem war mir mittlerweile klargeworden, dass ich mich heillos in Arlington verliebt hatte.
     

Feindlich
     
    Das »kleine Anwesen«, wie Arlington es nannte, offenbarte sich als imposantes Herrenhaus auf einem weitläufigen Grundstück, das an einer Seite an ein großes Waldgebiet grenzte und an der anderen Seite bis an die Themse reichte.
    »Nun, an Geld scheint es dir offenbar nicht zu mangeln«, stellte ich beeindruckt fest, als ich das hochherrschaftliche Gebäude erblickte.
    »Ach, weißt du, meine Familie hatte immer schon ein paar Besitztümer«, antwortete Giles grinsend, »und so sehr ich mich auch bemühe, mein Vermögen zu verjubeln, es bleibt immer noch genug davon übrig.«
    Er hatte schon vor ein paar Tagen seine Dienerschaft vorausgeschickt, um das Haus auf Vordermann zu bringen und daher war alles in tadellosen Zustand, als er mich durch die Räumlichkeiten führte. Nachdem er mir einen eindrucksvollen Bankettsaal, mehrere elegante Salons und etliche luxuriöse Schlafgemächer gezeigt hatte, fragte ich ihn, wozu er denn all die Schlafzimmer brauchte.
    Amüsiert zwinkerte er mir zu. »Aber man muss doch die Form wahren, was sollen denn sonst die Dienstboten denken? Von einem Mann meines Standes wird schließlich erwartet, dass er stets eine entsprechende Anzahl an Gästezimmern bereithält.«
    Ich sah ihn argwöhnisch an. Sein Haus in Kilburn hatte ebenfalls mehrere komfortable Schlafgemächer, und ich konnte mir vorstellen, dass die »Gäste« hier wie dort vor allem weiblichen Geschlechts gewesen waren. Natürlich machte ich mir keine Illusion, dass Arlington vor mir ein keusches Leben geführt hätte, aber ihn mir mit anderen Frauen vorzustellen, erhitzte ärgerlicherweise doch ein wenig mein Gemüt.
    Die unleidlichen Gedanken verschwanden aus meinem Kopf, als Giles auf mich zukam und mich an sich heranzog. »Gibt es denn irgendein Schlafzimmer, das du vielleicht gerne etwas näher in Augenschein nehmen möchtest?«, fragte er rau, während sich seine Lippen meinen näherten.
    »Ach, warum probieren wir sie nicht einfach alle nacheinander aus?«, schlug ich mit unschuldigem Augenaufschlag vor.
    Giles lachte laut auf. »Du bist ein schamloses Geschöpf, meine Teuerste!«
    Dann hob er mich hoch und trug mich ins nächstgelegene Schlafzimmer.
     
    Arlington hatte nicht zu viel versprochen. Das abwechslungsreiche Gesellschaftsleben in Oxford und die abwechslungsreichen Nächte in seinen diversen Schlafzimmern sorgten tatsächlich dafür, dass ich auf andere Gedanken kam und die bedrückende Zeit der Pestepidemie in London und die darauf folgende Brandkatastrophe mehr und mehr vergaß. Wenn wir durstig waren, jagten wir in Arlingtons Waldgebiet, und wenn es uns nach Amüsement und Gesellschaft verlangte, wohnten wir einem Match auf dem Oriel Square Tennis Court bei, besuchten Bälle oder gingen ins Theater.
    Ich genoss es unendlich, in Giles’ Begleitung auch endlich wieder als Frau in der Öffentlichkeit erscheinen zu können. Wie hatte ich es vermisst, schöne Kleider zu tragen und mir die Haare zurechtzumachen! Jahrzehntelang hatte ich mein langes blondes Haar zu Zöpfen gebunden oder unter Hüten versteckt. Nun trug ich es zu kunstvollen Frisuren aufgetürmt, wenn wir auf Bälle gingen, oder ließ es auf Ausflügen einfach frei über meine Schultern

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