Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
ich mich zu Arlington um. Ich hasste ihn, aber ich wollte auch mehr wissen, wollte das Unfassbare begreifen.
»Was ist mit mir geschehen?«, fragte ich mit gezwungen ruhiger Stimme.
Arlington erklärte es mir. Er erklärte mir, dass die Peers am Hafen Vampire waren, und dass es ihnen egal gewesen war, in welchem Zustand sie mich hinterließen. Er erklärte mir auch, dass er zwar von derselben Art wie die Peers war, nur dass er sich entschlossen hatte, einen anderen Weg einzuschlagen. Ich erfuhr, dass nun auch ich zu derselben Art gehörte und entscheiden musste, welchen Weg ich einschlagen wollte.
Ich begriff, dass ich ohne die Intervention Arlingtons bereits tot wäre, vielleicht war ich es ja sowieso auf eine gewisse Art und Weise. Arlington machte mir auch begreiflich, dass die mir bevorstehende Entscheidung die Schwerste meines Lebens sein könnte und dass ich möglicherweise immer wieder mit ihr hadern würde. Ich ahnte, dass er recht hatte, denn ich verspürte erneut den brennenden Durst in meiner Kehle und es erfüllte mich mit Grauen, dass es der Durst nach Blut war.
Wieder loderte ein Schmerz in mir. Doch diesmal war er nicht körperlich. Ich wusste, dass sich jetzt alles ändern würde. Ich wusste auch, dass ich meine Zieheltern nie mehr wiedersehen würde. Doch ich wusste nicht, was mir alles bevorstand.
Arlington hielt mich auch in den nächsten Tagen in dem Zimmer gefangen. Mir war klar, dass er es tat, damit ich nicht zur Mörderin wurde. Dennoch hasste ich ihn dafür. Ich hasste ihn auch, weil er mich zu dem gemacht hatte, was ich war. Vielleicht wäre der Tod doch die bessere Alternative gewesen.
Arlington sorgte dafür, dass ich ständig Nachschub an Blut erhielt. Ich wusste mittlerweile, dass es Tierblut war. Es löschte zwar meinen Durst, dennoch kehrte das Brennen in der Kehle nach einiger Zeit immer wieder zurück. Ich fragte mich, ob das ewig so weitergehen sollte.
Doch wider Erwarten fühlte ich mich nach einigen Tagen ruhiger. Das Brennen in meiner Kehle war noch da, aber es beherrschte nicht mehr mein ganzes Denken. Auch mein Hass und meine Wut schienen sich ein wenig abgekühlt zu haben. Da mein Geist wieder etwas klarer wurde, fiel mir auf, dass es noch so viel gab, das ich wissen musste.
Arlington betrat den Raum und bemerkte meinen fragenden Blick. Er sah mich prüfend an.
»Es geht dir besser«, stellte er fest.
Ich nickte nur.
»Und du hast Fragen«, fügte er hinzu.
Ich nickte erneut.
Seinen Mund umspielte ein amüsiertes Lächeln und er machte es sich auf einem Lehnsessel bequem, den er nach meiner Zerstörungsorgie in das Zimmer gebracht hatte.
»Nun denn«, er machte eine einladende Geste und schlug die Beine übereinander, »was möchtest du wissen?«
Ich musterte ihn eine Weile lang. Dann begann ich:
»Wie kann ich meinen Durst stillen, ohne Menschen zu verletzen?«
»Du wirst Tiere jagen. Welches Wild du bevorzugst, wirst du schnell herausfinden.«
Ich sah ihn skeptisch an. »Ich habe kein Talent zum Jagen.«
Er blinzelte belustigt. »Jetzt schon.« Er wies auf das Schlachtfeld der zerstörten Einrichtung, das ich im Raum hinterlassen hatte und welches von ihm nur notdürftig aufgeräumt worden war.
»Wie werde ich Menschen widerstehen können?«, fragte ich.
Sein Gesicht wurde wieder ernst. »Keine Angst. Das werden wir trainieren.«
Ich schwieg.
»War das alles?«, fragte er forschend.
»Nein.« Ich zögerte. »Warum habt Ihr mich nicht im Hafen liegen lassen? Und warum helft Ihr mir?«
Arlington sah nachdenklich aus dem Fenster. Dann lächelte er mich spöttisch an. »Dein Tod wäre solch eine Verschwendung gewesen. Und ich hasse Verschwendung.«
Ich biss die Zähne zusammen. »Dann sagt mir noch eines«, knurrte ich, »kennt Ihr die Peers, die mir dies angetan haben?«
Er sah nachdenklich auf seine gepflegten Finger. »Ja.«
»Und wer sind sie? Wo finde ich sie?«
Er lächelte mich herablassend an. »Das muss dich nicht interessieren.«
»Ich will es aber wissen!«, fauchte ich und stürzte mich auf ihn.
Ich weiß nicht genau, was ich vorgehabt hatte, zumindest hatte ich nicht erwartet, mich auf dem Boden wiederzufinden, während der Viscount mit seinem Gewicht meine Arme und Beine festhielt.
»Das ist auch etwas, was wir trainieren müssen«, sagte er stirnrunzelnd, »dein Temperament zu zügeln.«
Triumphierend bemerkte ich, dass es ihm offenbar gewisse Mühe bereitete, mich in Schach zu halten.
Dann stellte ich fest, dass sein
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