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Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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war ebenso erstklassig wie ihre Garderobe. Als ich sie darauf ansprach, winkte sie nur ab. »Ach, Alexandre hat dieses Haus ja nur vorübergehend gemietet, damit ich mich nicht in einer Pension einmieten muss, solange ich die Verschiffung unserer Waren beaufsichtige. Unser Haus in Québec ist eigentlich viel schöner.«
    Sie forderte mich auf, auf einer gemütlichen Chaiselongue Platz zu nehmen und ich machte es mir bequem. »Also hast du einen französischen Marquis geheiratet und lebst inzwischen in Neufrankreich?«, fragte ich. England und Frankreich waren seit Anbeginn der Kolonialisierung praktisch ständig in einen Konkurrenzkampf um die Erschließung Nordamerikas verwickelt.
    »Ja. Québec hat zwar auch einen Hafen, aber die großen Schiffe aus Europa steuern dann doch eher die Häfen von Boston und New York an. Boston lehnt es rigoros ab, mit den Franzosen zu kooperieren, also bringen wir die Waren zunächst hierher, bevor wir sie dann in die Alte Welt exportieren. Die Puritaner hier schätzen die Franzosen zwar auch nicht sonderlich, aber da wir die horrenden Hafengebühren klaglos zahlen, dulden sie uns zumindest«, erläuterte Maddy.
    »›Uns‹?«, gluckste ich. »Maddy, du erklärst mir ja die geschäftlichen Beziehungen zwischen England und Frankreich recht anschaulich, aber viel brennender würde mich doch interessieren, wie es dazu kam, dass du nun eine französische Marquise bist?«
    Maddy lachte auf. »Du hast recht. Ich zäume das Pferd gerade von hinten auf, nicht wahr? Also womit soll ich beginnen?«
    »Wie wär’s mit dem Anfang?«, schlug ich grinsend vor. »Also du bist 1664 zunächst in Boston angekommen …«
    Maddy zwinkerte mir zu. »Das hast du also bereits herausgefunden? Nun dann hast du sicherlich auch festgestellt, dass Boston noch wesentlich puritanischer ist als New York, wahrscheinlich sogar noch puritanischer als ganz England damals unter Cromwell. Mir war sofort klar, dass ich mich dort nicht lange wohl gefühlt hätte«, begann sie mit ihrer Erzählung. »Nun hatte England ja, kurz bevor ich hier ankam, die Niederlande im Zweiten Seekrieg besiegt. Daraufhin hatte England dann auch New York – das bis dato ja noch Nieuw Amsterdam geheißen hatte – von den Niederländern übernommen. Also zog ich zunächst hierher. Es waren turbulente Zeiten. Die Stadt wuchs recht schnell und das Miteinander von Engländern, Niederländern und auch einigen Franzosen sorgte immer wieder für Zündstoff. Eines Abends ging ich in den umliegenden Wäldern auf die Jagd …«, sie unterbrach sich. »Die kulinarische Vielfalt des Wildbestandes hier ist dir sicherlich auch schon aufgefallen?«
    Ich nickte nur begeistert.
    »… also ich machte mich, wie gesagt, in den Wäldern auf die Suche nach einer passenden Mahlzeit«, nahm Maddy den Faden wieder auf, »da stieß ich in einer Lichtung auf einen Puma, der offensichtlich selbst gerade etwas erbeutet hatte. Der Kleidung nach zu urteilen, handelte es sich um einen französischen Edelmann, der allem Anschein nach auch auf die Jagd hatte gehen wollen, dabei aber wohl die Kraft und Schnelligkeit dieses schönen starken Tieres unterschätzt hatte.
    Der Mann war mehr tot als lebendig und der Puma hatte nur deshalb noch nicht zum finalen Todesbiss angesetzt, weil er in typischer Katzenmanier noch ein wenig mit seiner Beute spielen wollte. Ich überwältigte rasch den Puma und wandte mich dann dem Mann zu. Trotz seiner schweren Verletzung hatte er das Bewusstsein noch nicht verloren und sah mich nun entsetzt an. Er hatte ungewöhnlich wache, hellblaue Augen und das brachte mich einen Moment aus dem Konzept. Ich erklärte ihm behutsam, dass er von mir nichts zu befürchten habe und dass ich ihm nur helfen wolle. Er nickte ruhig. Als ich ihn zu mir nach Hause trug, verlor er dann doch das Bewusstsein.
    Er wachte auch in den nächsten zwei Tagen nicht auf, als ich seine Wunden versorgte und ihn pflegte. Kurz hatte ich überlegt, ob ich ihn verwandeln sollte, weil das Ausmaß seiner Verletzungen mir zu groß erschien, aber dann besserte sich sein Zustand doch.
    Nach drei Tagen öffnete er die Augen und ich war erneut fasziniert von ihrem hellblauen Strahlen. In der Nacht im Wald hatte ich für die Jagd zwar eine Männertracht getragen, aber während ich ihn pflegte, trug ich Kleider und stand daher nun als Frau vor ihm. Da er sowieso schon mitbekommen hatte, dass ich kein menschliches Wesen war, hielt ich es für überflüssig, mein wahres Geschlecht vor ihm zu

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