Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
Unterfangen das ist. Wir werden nicht von heute auf morgen Erfolge erzielen können.«
»Ich weiß«, erwiderte ich unverzagt. »Aber wir haben ja ein wenig Zeit.«
Maddys Ehemann, der Marquis de Fontainebleau, war – wie sie mir erzählt hatte – vor einigen Jahren nach Neufrankreich ausgewandert und dort sehr erfolgreich in den Pelzhandel eingestiegen. Aufgrund seiner Herkunft besaß der Marquis hervorragende Kontakte zur französischen Krone, der die Provinz Neufrankreich unterstand. Und dank seiner Freundschaft zu Jean-Baptiste Talon, dem derzeitigen Superintendanten Québecs, erhielt er mühelos die erforderlichen Jagd- und Fellhandelsrechte.
Da Fontainebleau aufgrund verschiedener Geschäfte in Québec derzeit unabkömmlich war, hatte er die Verschiffung seiner Pelze von New York aus unbesorgt Maddy überlassen. Er wusste ja, wie fähig sie war und dass sie obendrein recht gut auf sich aufpassen konnte.
Nachdem Maddy wenige Tage später diese Aufgabe erledigt hatte, machten wir uns gemeinsam auf den Weg nach Québec. Mit unserem Gepäck auf dem Landweg zu reisen, wäre vergleichsweise umständlich gewesen, und darum mieteten wir ein Segelschiff samt Mannschaft, dass uns nordwärts die Küste entlang in den St. Lorenz Golf und schließlich bis nach Québec an der Flussmündung des St. Lorenz Stroms brachte. Die Reise verlief sehr ruhig, so dass wir nur eine knappe Woche dazu brauchten.
Québec offenbarte sich als eine wunderschöne Stadt mit sehr viel französischem Flair. Eng an einen Hügel gebaut, schmiegte sich die Stadt bis an das Mündungsufer des St. Lorenz Flusses. In der Basse-Ville, der Unterstadt, beherrschte die mächtige Kathedrale Basilique Notre-Dame-de-Québec das Stadtbild, umgeben von unzähligen kleinen Geschäften und Cafés. Ich vermutete, dass es einige Zeit dauern würde, bis ich mich in dem Gewirr der bezaubernden schmalen Gässchen zurechtfinden würde.
Wenngleich ich es nicht für möglich gehalten hätte, so war das Herrenhaus von Maddy und ihrem Gatten noch geschmackvoller eingerichtet als ihr in New York gemietetes Stadthaus. Maddy hatte mir erzählt, dass wir den Marquis wahrscheinlich überraschen würden, da er noch nicht so früh mit Maddys Rückkehr rechnete. Und tatsächlich saß Fontainebleau gerade ganz vertieft über ein paar Papieren, als Maddy mit mir sein riesiges Arbeitszimmer betrat. Etwas verlegen blieb ich in der Tür stehen und beobachtete, wie er überrascht und erfreut aufsprang, während Maddy ihm stürmisch in die Arme eilte. »Madeleine, mon amour! Du bist schon zurück?«, rief er begeistert aus und schwang sie einmal im Kreis herum.
Er war sehr groß gewachsen und sah stattlich aus und dennoch wirkte er jünger, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Die zärtliche Wiedersehensfreude der beiden schnitt mir ein wenig ins Herz, da sie in mir Erinnerungen an Giles wach rief.
Maddy löste sich schließlich aus Fontainebleaus Umarmung. »Alexandre, wir vergessen unsere Manieren!«, sie zog ihn zu mir herüber. »Dies ist meine Freundin Gemma. Ich habe dir doch schon so viel von ihr erzählt. Und nun stell dir vor: Plötzlich habe ich sie in New York wiedergetroffen!«
Fontainebleau, der mich zuvor noch nicht bemerkt hatte, sah mich kurz verblüfft an und schenkte mir dann ein charmantes Lächeln sowie eine formvollendete Verbeugung. »Mademoiselle«, erklärte er, meine unkonventionelle Männerkleidung anmutig ignorierend, »es ist mir eine große Ehre und ein ebensolches Vergnügen, eine so enge Freundin meiner geliebten Madeleine in meinem Haus willkommen zu heißen.«
Erstaunt über sein nahezu akzentfreies Englisch, erwiderte ich die Verbeugung. »Mylord, das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.«
»Aber bitte sehr, meine Liebe«, rügte er mich sanft. »Ihr müsst Alexandre zu mir sagen.«
»Aber nur, wenn Ihr mich Gemma nennt«, entgegnete ich lächelnd.
Am nächsten Tag nahm Maddy mich als Erstes mit zu ihrer Schneiderin, damit ich mich wieder mit einer umfangreichen weiblichen Garderobe ausstatten konnte. Die Schneiderin, Madame Babillotte, war eine quirlige kleine Französin, die mich kurz prüfend musterte und dann sofort mit flinker Hand einige Entwürfe für ein paar exquisite Kleider skizzierte. Ich hatte an den Entwürfen nichts auszusetzen und nickte daher nur hingerissen.
Dann führte mich Madame Babillotte in ihr Lager, um mir ein paar Stoffmuster zu zeigen. Die Regale dort bogen sich nur so unter den erlesensten Stoffen
Weitere Kostenlose Bücher